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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Wohnturm verschwunden sind, dreht sie sich gedankenversunken
zur Ringmauer um. Gerold neben ihr mustert sie mit erstaunter Miene, wie sie
bemerkt. Er scheint noch nicht ganz verdaut zu haben, dass sie nicht Jack ist.
    „Ich kann es kaum glauben“,
murmelt er und tauscht mit Nigel belustigte Blicke. „Jetzt geht mir so einiges
auf. ... Wir erhielten Nachricht von deinem Verschwinden von Thornsby Castle
und nahmen an, du seiest tot. Gemeuchelt in Percys Auftrag.“
    Joan nickt bedächtig. „Es wäre
angebracht, ihnen einen Boten zu schicken. Meine Amme und der Müller, der
damals mein Bräutigam war, werden argen Kummer gelitten haben.“
    Gerold scheint über ihre Worte
nachzusinnen, schüttelt dann jedoch entschieden den Kopf. „Dass sie dich tot
wähnen, kann nur deiner Sicherheit dienlich sein.“
    Es leuchtet ihr ein.
Aufseufzend blickt sie an ihm vorbei auf die weite Landschaft. „Vielleicht hat
das Morden jetzt ein Ende“, bemerkt sie leise. Sie spürt seine Hand auf ihrer
Schulter.
    „Das hoffen wir alle. Doch
sollten wir vorbereitet sein.“
    Sie tauschen ernsthafte Blicke.
    Gerold klopft ihr aufmunternd
die Schulter und nickt Richtung Wohnturm. „Jetzt jedoch ist erst einmal Zeit
fürs Morgenmahl. Wir sind alle gespannt, was ihr zu erzählen habt.“
    Doch Joan schüttelt den Kopf.
„Ich habe keinen Hunger“, lügt sie. In Wahrheit möchte sie noch etwas für sich
sein, um in sich hineinzufühlen, wie sie zu Blanche steht. Denn sie fühlt sich
völlig überrumpelt.
    Gerold nickt verstehend und
humpelt los in Richtung zum Turm. Sie gewahrt einen dicken Verband um seinen
linken Unterschenkel. Es ist die alte Verletzung von Bannockburn, die ihm noch
immer zu schaffen macht. Bei Gelegenheit wird sie diese in Augenschein nehmen.
    Nigel drängt sich ihr ins Bild
und grinst sie anzüglich an.
    Joan wendet sich mit
zusammengezogenen Brauen wieder zur Ringmauer um und hofft, er möge
verschwinden. Doch Nigel kommt neben sie und blickt sie von der Seite an. „Phil
hat es die ganze Zeit über gewusst! ... Und wir fürchteten schon, er wäre neben
schönen Frauen auch hübschen Knaben zugetan.“
    Sein überhebliches Grinsen
macht Joan wütend. Es ist, als würde er Phils Andenken durch den Dreck ziehen,
auch wenn ihr klar ist, dass alle, selbst Malcom diesen Verdacht gegen ihn
hegten. Mit zu zwei Schlitzen verengten Augen blickt sie ihm ins hämische
Gesicht. „Dich gelüstet es nochmal nach einer Faust im Gesicht?“ Dabei macht
sie einen Schritt auf ihn zu und blickt ihn herausfordernd auf gleicher
Augenhöhe an.
    Er lacht mit abwehrend
erhobenen Händen. Dann wird er ernsthafter. „Komm mit hinein, oder hast du
wirklich keinen Hunger? Könnte mir vorstellen, dass die Schotten mit ihrer
Kerkerkost knausrig waren.“
    Joan ist in der Tat hungrig.
Unwillkürlich legt sie eine Hand über den leeren Magen, was Nigels spöttische
Miene nach sich zieht. Sie beachtet es gar nicht und wendet sich zum Wohnturm
um. „Rührt deine plötzliche Fürsorge daher, dass du selbst noch nicht
gefrühstückt hast“, kontert sie spitz. Verwundert bemerkt sie noch, wie schnell
sie wieder in ihre alte Umgangsform zurückgefallen sind, als sie auch schon die
erste Kopfnuss von ihm trifft. Im Gegensatz zu früher zwar eine ungewöhnlich
sanfte, doch bringt Joan seine herablassende Art trotzdem auf. Wie üblich. Mit
in die Seiten gestemmten Händen bleibt sie stehen und blinzelt ihn
unversöhnlich gegen die Sonne an. „Du wirst nie manierlich werden, Nigel!“
    Er winkt lachend ab. „Zu dir
jedenfalls nicht. Wie soll ich dir sonst deine Frechheiten vergelten?“
    „He!“ Malcom steht auf der
Schwelle zum Wohnturm und hat sie beide ins Auge gefasst. „Ihr könnt wohl
einfach nicht anders, was“, ruft er missbilligend.
    Joan fühlt sich für einen
kurzen Augenblick wieder wie Jack, der gemaßregelt wird. Aufgebracht kommt sie
vor Malcom. „Du weißt ja nicht einmal, worum es ging.“ Schwerfällig schiebt sie
ihn zur Seite, um sich an ihm vorbei zu drängen. Doch er nimmt plötzlich einen
Arm um sie herum und packt sie um die Taille. Ihr wildes Strampeln kann ihn
nicht davon abbringen, sie sich einfach unter den Arm zu klemmen und sie wie
einen Sack Mehl hinein zu tragen. Joan wird nun wahrhaft wütend. „Lass mich
verdammt noch mal runter, Farwick!“
    Malcom erwidert es mit rauem
Lachen, schlägt ihr obendrein zu ihrer maßlosen Entrüstung unter laut
vernehmbarem Klatschen mit der flachen Hand auf den Hintern, so dass

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