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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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einfach die Lider ab. Als sie fertig waren, nahmen
sie die Kinder wie junge Hunde bei den Beinen und schleuderten ihre Köpfe gegen
die Wehrmauer. ... Ich traf im Morgengrauen ein und habe sie nicht mehr
wiedererkannt. ... Sibyll fand ich unter den blutüberströmten Leichen der
Kinder. Sie lag nackt und halb wahnsinnig an Händen und Füßen gefesselt im
Dreck. Sie hatten sie an vier Pflöcken festgemacht, damit sie sich nicht wehren
konnte.“
    „Malcom.“ Joan sitzt auf ihm
und starrt ihn an. „Hör auf. Ich kann’s nicht ertragen“, bittet sie flüsternd.
Es ist, als hätte er sie in einen ihrer Albträume gestürzt.
    Malcom nickt. „Ich auch nicht.
... Es wird mich für den Rest meines Lebens verfolgen.“ Er atmet durch. „Der
Herr hätte mich nicht schwerer strafen können. ... Doch wieso ließ er meine
unschuldigen Kinder für meine Sünden büßen? ... Sie waren doch noch so klein
...“ Er schweigt abrupt.
    Joan schmiegt sich an ihn. Sie
kann ihm keine Antwort geben.
    Schließlich fasst sie sich ein
Herz, auch wenn sie die Antwort fürchtet.
    „Was ist mit Sibyll geschehen?“
    Er zögert kurz, wobei er sich
aufgelöst über die Stirn streicht. „Als sie mir alles erzählt hatte, bat sie
mich um Verzeihung und sprang von der Ringmauer.“
    Joan schließt erschüttert die
Augen. Doch sie kann es zu ihrem Erstaunen gut nachvollziehen. Auch wenn der
Freitod vor den Augen Gottes Sünde ist. „Der Herr musste an jenem Tage seine
Augen verschlossen gehalten haben.“
    Malcom stößt verächtlich die
Luft aus. „Ich habe es mittlerweile aufgegeben, darüber nachzusinnen, warum er
es für gut befand. ... Ich habe meinen Glauben verloren“, knurrt er.
    Joan wiegt den Kopf. „Ich
dachte auch einmal, Gott hätte mich verlassen. Es war, als sie dich wieder in den
Kerker schleppten. Doch anders hätte ich Vater nicht gefunden.“
    Er schweigt.
    „Trotzdem.
Du hättest diesem Hund ein qualvolleres Ende bereiten sollen“, bemerkt sie,
richtet sich auf und angelt nach dem Läusekamm in ihren Sachen.
    „Malcom,
das grenzt an ein Wunder!“
    Malcom muss über ihre komische
Miene, mit der sie fassungslos seinen Bauch betrachtet, lachen. „Es liegt am
Wasser, Joan. Du hast mir wohl nicht geglaubt?“
    Sie blickt überrascht auf.
„Dass es deine Brandwunden derart schnell heilt, allerdings nicht.“ Die
Brandblasen sind eingetrocknet, die Haut nicht mehr gerötet. In ein paar Tagen
dürfte nichts mehr zu sehen sein. Selbst die vom Nagen der Ratte herrührende,
unebene breite Wunde hat sich mit einer dicken Schorfschicht überzogen. Joans
Befürchtung, sie könne sich entzünden, wie gewöhnlich die überwiegenden von
Tierbissen verursachten Verletzungen, hatte sich nicht erfüllt.
    „Auf erkrankte Haut wirkt das
Wasser in besonderem Maße“, erklärt er.
    „Dann sollten wir Vater
nochmals darin baden.“ Sie drückt ihm einen Kuss auf den Bauch und erhebt sich
rasch vom Bett. „Ich hätte mir die Arbeit auch sparen können“, ruft sie beim
Anblick der frischen Kräuter aus, die sie in aller Herrgottsfrühe auf dem Weg
von den warmen Wasserbecken zurück zur Burg gesammelt hatte. Doch die Wurzeln
der Klette, die Brennnesseln und Ehrenpreis kann sie auch gegen die Ekzeme
ihres Vaters verwenden.
    Als sie in der Großen Halle
erscheinen, räumen die Mägde gerade ab.
    „Wir essen oben“, bedeutet
ihnen Malcom. Sie nicken und beschleunigen ihre Handgriffe.
    „Es wird noch dauern“, bedenkt
Joan. „Ich statte Vater solange einen Besuch ab.“ Sie wendet sich Richtung
Treppenturm und prallt mit John zusammen. Er trägt Reisekleider und hat sein
Schwert angelegt. Mit breitem Grinsen mustert er sie in ihrer Männerbekleidung.
    „Mit einem Knaben würde ich
dich dennoch nicht verwechseln“, bemerkt er, woraufhin sie lacht.
    „Ja, ich hab’ mich manchmal
selbst gewundert.“
    „Lästert nur.“ Malcom hat sich
zu ihnen gesellt. Er schlingt ihr von hinten seine Arme um die Taille und küsst
flüchtig ihren Hals. „Ich sehe, du machst dich reisefertig“, meint er an John
gewandt.
    Dieser schmunzelt über den
Anblick des vertrauten Umganges der beiden, wird dann jedoch ernst. „Ja, wir
müssen noch ein paar Dinge bereden.“
    Malcom nickt, entlässt Joan auf
ihr Drängen hin aus seiner Umarmung und blickt sie an, da sie sich ihm
zugewendet hat. „Wir sehen uns dann oben, Malcom.“ Dabei tippt sie ihm gegen
den prächtigen schwarzen Bart. „Den solltest du zuvor jedoch unbedingt noch loswerden.“
    Er

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