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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Serpentinen
hinter sich und gehen schweigend den im Mondlicht liegenden Kammweg entlang.
Der Sternenhimmel über ihren Köpfen funkelt ihnen zu. Joan nimmt ein paar tiefe
Züge von der frischen Nachtluft, dreht sich herum und bleibt stehen, den
Anblick des beinahe noch vollen Mondes über der Burg in sich aufnehmend. Im
Osten ist der Nachthimmel noch mit den Regenwolken bedeckt, die sich hier vor nicht
allzu langer Zeit sintflutartig entladen hatten. Der Wind hat aufgefrischt. Es
deutet auf einen Wetterumschwung hin, wie so oft der Fall nach Neu- oder
Vollmond. Sie spürt, wie sich Malcom an ihren Rücken schmiegt und die Arme um
sie herum nimmt. Er wühlt sich an ihrem Haar vorbei, küsst sie auf die Wange
und lehnt die seine dagegen. Joan legt ihre Hände auf seinen Pranken ab, die er
vor ihrem Bauch verschränkt hält. Lange stehen sie nur so da, blicken wortlos
in den Mond, auf Farwick Castle und das in leichtem Nebel liegende Land zu
ihren Füßen. Es ist endlos friedlich. Käuzchen rufen ab und zu, das heisere
Bellen eines Fuchses dringt aus größerer Entfernung an ihr Ohr. Hoch über ihren
Köpfen jagen schrill piepsende Fledermäuse. Ansonsten ist es still. Zu beiden
Seiten des breiten Pfades sitzen die letzten Glühwürmchen in Gras und Buschwerk
des Wegrandes umher. Das helle Mondlicht lässt die Dinge einen langen Schatten
werfen.
    Malcom löst sich wieder von ihr
und ergreift ihre Hand.
    Joan dreht sich zu ihm herum.
„Eine schönere Nacht kann es nie wieder geben.“
    „Wir werden hoffentlich noch
viele solcher Nächte zusammen haben.“ Er zieht sie auffordernd an der Hand und
sie nehmen ihre kleine Wanderung wieder auf.
    „Die Welt würde ohne Menschen
viel friedvoller sein“, sinniert sie, worauf Malcom lacht.
    „Nur, dass wir sie dann leider
nicht erleben könnten.“
    Sie gehen zusammen, jeder in
Gedanken, den Kammweg entlang.
    „Malcom?“
    „Hm.“
    „Träumte dir vorhin vom
Gemetzel auf der Burg?“
    „Ja“, entringt es sich ihm
seufzend, wobei er ihre Hand drückt.
    Der Weg gabelt sich plötzlich
und sie erkennt die abwärts führende Strecke wieder, auf welcher sie angereist
waren. Doch Malcom führt sie weiter geradeaus am Bergrücken entlang. Nicht
lange und der Weg verengt sich, bis er zum Trampelpfad geschmälert ist. Dieser
windet sich mit einem Male bergab und führt sie in einen lichten Wald aus
großen Eichen und Haselbäumen. Das Rauschen des Baches dringt an ihr Ohr.
Daraufhin bemerkt sie aufsteigende weiße Nebelschwaden zwischen den Bäumen. Der
mittlerweile vertraute und dennoch grässliche Geruch fauler Eier dringt ihr
wieder in die Nase. Sie hält überrascht den Atem an. „Malcom, was ist das“,
fragt sie erstaunt angesichts eines teilweise von leichten Nebelschwaden
verhüllten Gebiets, das ihnen hell entgegenschimmert. Große dunkle Flecken
heben sich darin ab, welche das Mondlicht wiederspiegeln und von denen
teilweise der Dampf aufsteigt. Das Geräusch brodelnd siedenden Wassers dringt
an ihr Ohr.
    „Das sind warme Wasserbecken.
Die oberen an der Quelle sind zu heiß“, erklärt er, während er sie zum größten
Becken am unteren Ende des Areals führt. Dort angekommen beginnt er, sich zu
entkleiden. Neugierig steckt sie eine Hand ins Wasser, welches herrlich warm
ist. Sie richtet sich wieder auf, um sich ebenfalls auszuziehen. Malcom ist
bereits splitternackt. Er kommt vor sie und streicht ihre Hände zur Seite.
Genüsslich entkleidet er sie, wobei er ihr über die nackte Haut streichelt.
Joan überläuft ein wohliger Schauer. Sie schlingt die Arme um seinen Hals und
lässt sich von ihm hoch nehmen. Während er ins warme Wasser steigt, lehnt sie
den Kopf gegen ihn. Als er sich hinhockt und sich mit ihr einen Absatz in
unvermutet tiefes Wasser hinuntergleiten lässt, jappst sie erschrocken nach
Luft. Er setzt sie auf dem im Wasser verborgenen, rauen Absatz ab, der
stellenweise von weichem Lehm bedeckt wird. Dann lässt er sich rücklings ins
tiefe Beckeninnere fallen. Er taucht lange, woraufhin sie ihm hinterher
springt. Als sie wieder über Wasser kommt, umfängt er sie mit einer lockeren
Umarmung. Ihr reicht das Wasser bis zum Kinn. So windet sie kurzerhand die Arme
um seinen Hals und schlingt ihm die Beine um die Taille, so dass sie sich auf
gleicher Höhe in die Augen sehen. Sie schenkt ihm ein glückliches Lächeln, das
er versonnen in sich aufnimmt.
    „Es ist paradiesisch hier,
Malcom.“
    Er nickt. „Doch die meisten
Menschen fürchten diesen Ort wie

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