Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
die Hölle.“
    Mit ernster Miene nähert sie
sich seinem Mund. „Dann waren sie mit dem falschen Menschen hier. Wenn du bei
mir bist, kann mich nichts schrecken“, flüstert sie und küsst ihn. Er erwidert
es bedächtig.
    „Das erklärt einiges“, bemerkt
er seufzend. Sie tauschen belustigte Blicke, während er sich mit ihr erneut dem
Absatz nähert, auf dem er sie dann leichthändig absetzt. Er taucht unter,
schnellt wieder aus dem Wasser empor und nutzt den Schwung, um sich neben sie
zu hieven. Bäuchlings legt er sich auf dem Absatzt ins flachere Wasser. Joan
tut es ihm gleich. Auf ihre angewinkelten Arme gestützt kommt sie neben ihn.
Das Wasser bedeckt ihre Schultern und hüllt sie in behagliche Wärme. Neugierig
blickt sie sich um, tastet über die festen, unebenen Beckenränder. Sie glaubt
zu erkennen, dass sie von der gleichen bräunlich-gelben Färbung sind wie die
Kruste im Holzeimer des Ziehbrunnens.
    „Es ist ein Wunder, Malcom. Der
Herr überrascht mich immer wieder aufs Neue in seiner Schöpfungsvielfalt.“
    Malcom schnieft belustigt. „Ja,
hat er sich gut einfallen lassen.“
    Sie überhört es, dreht sich auf
den Rücken herum und bettet den Kopf auf den Beckenrand. Ihr Körper schwebt im
Wasser. Zwischen den Nebelschwaden hindurch funkeln ihr die Sterne entgegen.
Malcom kommt nahe an sie heran und küsst ihr über Mund, Wangen und Nasenspitze.
Sie krault ihm dabei durchs offene, nasse Haar. Dann legt er sich ebenfalls
rücklings zurecht und zieht sie auf sich. Sie lehnt den Kopf entspannt gegen
seine Schulter, lässt sich genießerisch vom warmen Wasser umspülen. Sie spielen
mit ihren Füßen und erfreuen sich ihrer unbeschwerten Zweisamkeit. Nur das Plätschern
des Wassers, welches den Hang hinab von einem Becken ins nächste läuft, ist zu
vernehmen. Joan fühlte sich noch nie verbundener mit ihm.
    „Kamst du mit Sibyll oft
hierher?“
    Er umfasst ihre Taille mit
einem Arm, um ihr mit der freien Hand die Seite hinab zu streichen. „Nein. Sie
konnte den Geruch nicht ausstehen.“
    „Das dachte ich anfänglich
auch. Aber man gewöhnt sich irgendwie daran.“
    Sie blicken eine ganze Weile
schweigend in den Sternenhimmel.
    „Außer im Bett teilten wir kaum
Vorlieben miteinander“, vertraut er ihr an. „Und selbst das hatte bald einen
bitteren Nachgeschmack.“
    „Warum?“
    Er zuckt die Schultern. „Ich
war viel unterwegs.“
    „Aber dann muss es doch gerade
am süßesten sein, wenn man sich endlich wieder in die Arme fallen kann.“
    Er küsst ihren Scheitel.
„Nicht, wenn man sich mit jemand anderem getröstet hat.“
    Joan schnappt entrüstet nach
Luft. „Willst du sagen, du warst ihr untreu?“
    Er lacht ein wenig gequält.
„Nein. SIE konnte diese höfische Gewohnheit nie ganz ablegen.“
    Es erstaunt Joan. Dann stutzt
sie. „Aber wie kannst du dann sicher sein, dass sie wirklich DEIN Kind
erwartete?“
    „Wir trafen uns bei Hofe viele
Monate lang und sie versicherte mir, dass ich der Einzige gewesen wäre. ...
Überdies sah mir das Kind, als es geboren war, sehr ähnlich.“
    „Und du? Hat es dich nicht
verletzt, als sie Ehebruch beging?“
    „Und ob. ... Aber ich habe sie
verstanden. Ich war ja kaum daheim.“ Er lässt ein unbehagliches Räuspern
vernehmen. „Ich weiß nun, dass vermutlich ICH sie dorthin getrieben habe. Denn
sie muss gespürt haben, dass ich ihre Liebe nicht erwiderte.“ Er stöhnt
schwermütig. „Sie war bestimmt sehr einsam, selbst wenn ich bei ihr war.“
    Joan überlegt, dass sie dieses
Gefühl nicht kennt. „Hattest du ebenfalls eine andere Frau?“ Sie hält den Atem
an.
    Er nickt. „Die eine oder andere
Magd.“
    Empört richtet sie sich halb
auf ihm hoch, um ihn vorwurfsvoll anzublicken. „Malcom. Das würde ich nie
mitmachen!“
    „Ich hoffe, du würdest mich gar
nicht erst dazu veranlassen“, raunt er.
    Sie schüttelt entschieden den Kopf
und lehnt sich wieder auf ihm zurück. „Wie könnte ich.“
    Er entgegnet ihr nichts darauf.
So betrachten sie wieder den Nachthimmel.
    Als sie gerade glaubt, er sei
eingeschlafen, zieht er sie eng an sich.
    „Percy und seine Leute haben
sie die ganze Nacht hindurch geschändet. ... Sie nötigten die Kinder, dabei
zuzusehen.“
    Joan zieht die Luft ein und
reißt entsetzt die Augen auf.
    „Dann vergingen sie sich an
meiner ältesten Tochter. ... Sie war gerade fünf Jahre alt.“
    Joan öffnet den Mund, bringt
jedoch keinen Ton heraus.
    „Sibyll verschloss die Augen
davor. ... Sie schnitten ihr

Weitere Kostenlose Bücher