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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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greift sich überrascht an
den Bart und lässt dem einen verächtlichen Blick in ihre Richtung folgen.
    Stillschweigend wirft sie ihm
einen herausfordernden Handkuss zu, ignoriert sein anschließendes Gebrumme
großzügig und wendet sich an John. „Ich wünsche dir eine gute Reise und dass
diese von Erfolg gekrönt sei. Gib auf dich Acht, John.“
    Dieser nickt ihr nachdenklich
zu. „Deine Worte in Gottes Ohr.“
    Kurze Zeit später steht Joan
vor der Tür zu Blanches Schlafgemach und klopft leise an. Augenblicklich wird
einen Spalt breit geöffnet und ein Paar großer blauer Kinderaugen richtet sich
neugierig auf sie. Die Kleine ist etwa sieben Jahre alt und leckt sich den Rotz
unter der Nase mit der Zunge weg. Sie öffnet die Tür ein wenig mehr.
    „Du siehst aus wie Raymond“,
meint sie mit ernster Miene, wobei sie sich eine lange dunkelbraune Locke
hinters Ohr streicht.
    „Ja, ich bin seine Tochter
Joan.“
    Das Mädchen lächelt. Dann holt
es ein wenig Anlauf, krallt sich am Türgriff fest während es abspringt und die
Füße gegen die Tür stemmt. „Ich heiße Isabella“, lacht sie, wobei sie mit der
Tür herum schwingt.
    Joan tritt lächelnd ein. „Danke
Isabella.“
    „Dann ist Gabriel ja auch DEIN
Bruder. Wie meiner“, stellt Isabella fest, wobei sie von der Tür herunter
springt und sie wieder schließt. Blanche ist nicht anwesend. Dafür hat Raymond
die Augen geöffnet. Sie blicken Joan von seinem Bett aus regsam entgegen. Joan
lächelt ihm zu, während sie langsam an ihn heran kommt.
    „Ja, ganz recht. Und du bist
meine kleine Stiefschwester.“
    „Warum trägst du
Männerkleidung?“ Isabella rennt an ihr vorüber, springt quirlig zu Raymond aufs
Bett und blickt sie fragend an. Dabei schmiegt sie den Kopf vertraulich an die
Schulter ihres Ziehvaters.
    „Weil ich damit besser reiten
kann“, offenbart ihr Joan, worauf sie von Isabella mit noch größeren Augen
betrachtet wird.
    Raymond legt der neugierigen
Kleinen eine Hand aufs Haar, lässt Joan dabei jedoch nicht aus den Augen. Sein
Gesicht hat, seit sie ihn das letzte Mal sah, ein wenig Farbe bekommen. Auch
wirkt er nicht mehr ganz so schwach. Blanche hat seinen langen Bart abrasiert,
sein Haar auf Schulterlänge gestutzt. Joan setzt sich neben ihn auf die
Matratze. Isabella springt wieder vom Bett herunter und lehnt sich neben Joan
gegen den Pfosten, den erwartungsvollen Blick zwischen Joan und ihrem Vater hin
und her pendeln lassend.
    Raymond nimmt Joans Hand.
    „Vater. Wie geht es dir?“
    „Trefflich“, kommt seine spitze
Antwort. Er lächelt plötzlich ob ihrer sorgevollen Miene. „Jetzt tu du nicht
auch noch so bekümmert. ... Es geht schon. Ich bin bloß hundemüde.“
    Sie muss lachen. „Deine Zunge
hat ihre Kraft offenbar schon wieder zurückgewonnen.“
    „Scheint, dass sie alle Kraft
für sich beansprucht“, meint er darauf stöhnend.
    „Oh Vater, hab’ Geduld. Ich
hatte kaum zu hoffen gewagt, dass es dir schon wieder so gut geht. Lass dir
Zeit.“
    Sie blicken sich schweigend an.
    Er drückt ihre Hand. „Du bist
erwachsen geworden. ... Ich bin sehr stolz auf dich, weißt du. Auch wenn ich
nicht ganz begreife, warum du Malcom begleitet hast. ... Ich muss sagen, du
hast mir wirklich Ehre gemacht.“
    Sie blickt nach unten auf seine
Hand. „Ach, ich hatte nur Glück, dass mich der Herr nicht verließ.“
    Er nickt beipflichtend. „Die
Wege, welche er uns weist, sind in der Tat steinig und verworren. Aber mich hat
das Gefühl beschlichen, dass sie doch noch zu einem guten Ende führen könnten.“
    Sie blickt auf und wünscht
insgeheim, dass er auch noch solch guter Hoffnung sei, wenn sie ihm vom Tod
ihrer Geschwister berichtet haben.
    „Was bedrückt dich, Kind?“
    Sie ist überrascht, dass ihm
ihre schwermütigen Gedanken nicht entgangen sind. Wie gut er sie doch kennt!
Sie hatte bereits vergessen, welch einmaliges Einverständnis schon immer
zwischen ihnen herrschte.
    „Vater, warum hast du mir nie
von Blanche erzählt?“
    Er blickt ihr noch immer
forschend ins Gesicht und sie weiß wieder, dass sie ihm nichts vormachen kann.
Dann sieht er jedoch Isabella an. „Weißt du, nicht, dass ich es geheim halten
wollte. Aber es ergab sich nie die passende Gelegenheit, es dir zu gestehen.“
Er wendet sich ihr wieder zu. „Und ich hatte ein wenig Angst davor, gebe ich
zu.“
    „Aber wovor?“
    „Dass du es nicht verstehst. Du
warst noch ein Kind, Joan. Verstandest nichts von der Liebe zwischen Mann und
Frau.“
    Sie

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