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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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gegenüber wendet sich ihnen interessiert zu.
    Malcom blickt auf. „Alles ist
wie geplant verlaufen. Er hat Anklage gegen Percy erhoben und für Ray eine
Petition eingelegt. Wir können in etwa zwei Wochen mit ihm rechnen. Er wird in
Begleitung zweier meiner neuen Ritter erscheinen.“
    Sie lächelt. „Das sind in der
Tat gute Nachrichten.“ Eindringlich blickt sie ihn an. „Du kannst dich wahrlich
glücklich schätzen, John in deinen Diensten zu haben. Auf ihn ist Verlass.“
    Er nickt. „Ich weiß.“
    Ehrfürchtig betrachtet sie
daraufhin die kleine, für sie rätselhafte Schrift auf dem Pergament. „Ich
wusste nicht, dass du lesen kannst“, meint sie nachdenklich. Als ihr Vater
daraufhin auflacht, blickt sie fragend auf.
    „Sie wollten tatsächlich einen
züchtigen Klosterbruder aus ihm machen, mein Kind“, erklärt er zu ihrer
Überraschung. Doch es sollte sie nicht verwundern, da meist nur der Klerus des
Lesens mächtig ist. Für gewöhnlich lehrt er adligen Mädchen diese Fertigkeit,
auf dass sie später einmal ihre Ehemänner mit hübschen Versen oder geistreichen
Geschichten unterhalten können, sowie sittsam aus der Bibel vorlesen. Auch der
Burgkaplan ihres Vaters hatte es in ihrer Kindheit damit bei ihr versucht.
Allerdings vergeblich. Sie fand es sterbens langweilig. Nie vermochte sie lange
genug still zu sitzen, damit seine Bemühungen fruchten konnten. Schließlich gab
es Raymond auf, sie damit zu quälen. Wie er ihr so vieles nachsah. Ihre Brüder
wurden nicht mit solcherlei Belanglosigkeiten behelligt. Wozu schließlich
konnte man einen Pfaffen in seine Dienste nehmen. Erheitert schlägt Joan eine
Hand vor den Mund, um ihr Grinsen zu verdecken. Nur schwerlich kann sie sich
Malcom als Kirchenmann vorstellen. Schon der bloße Gedanke ist grotesk.
    Malcom verbirgt sein Schmunzeln
hinter seinem erhobenen Weinkelch.
    „Jetzt bist du dem Herrn sicher
dankbar, dass es anders kam, hab ich Recht?“
    Joan bedenkt ihren Vater ob seiner
wieder zur Gewohnheit gewordenen Anzüglichkeiten mit verärgertem Blick, was ihn
schallend auflachen lässt. Dabei schlägt er sich vergnügt mit seinen Pranken
auf die Oberschenkel.
    Sie blickt forschend zu Malcom,
der sie lächelnd betrachtet.
    „Nun, er hat Recht“, erklärt er
gelassen.
    „Aber wie kann das sein?“
    Er zuckt die Schultern. „Ich
bin nur der viertgeborene Sohn meiner Eltern. Sie gaben mich mit sieben Jahren
in die Klosterschule. Als ich elf war, starb mein ältester Bruder und sie
besannen sich glücklicherweise eines Besseren.“
    „Ganz recht. Robert, Gott sei
seiner sündigen Seele gnädig, begriff, wie schnell einem die Söhne wegsterben
können und wollte nicht riskieren, womöglich einem Geistlichen sein Erbe
zukommen zu lassen. Er bat mich, ihn unter meine Fittiche zu nehmen.“ Raymond
lacht erneut und wirft Malcom einen belustigten Blick zu. „War ein hartes Stück
Arbeit, so einem neunmal klugen, samthändigen Bürschchen die Kunst des
Waffenhandwerkes zu lehren. ... Wie oft hat er mich einen mordenden, ungläubigen
Heiden geschimpft, da er den Krieg nicht mit seinem Glauben vereinbaren
konnte.“
    Malcom dreht versonnen den
Weinkelch zwischen den Fingern. „Irgendwann hört man auf, das Töten von
Menschen zu hinterfragen und dem Morden einen Sinn zu geben.“ Er begegnet
Raymonds spöttischer Miene.
    „So ganz hast du es
offensichtlich noch immer nicht aufgegeben“, bemerkt er spitz.
    „Ich verstehe, was du meinst“,
wirft Joan zu beider Überraschung ein. „Was kann an einem Krieg gerecht oder
Gott gewollt sein? Das Morden von Vätern und Söhnen schafft lediglich Witwen
und Waisen, die oft elend verhungern müssen.“ Sie atmet seufzend durch. „Ganz
sicher dient es nur der Bereicherung machthungriger Teufel. ... Wisst ihr, ich
kann diese armen Schottenhunde in gewisser Weise verstehen. Sie kämpfen darum,
ihre nackte Freiheit vor den gierigen englischen Klauen zu bewahren. Ein
edleres Ziel als das unsrige, oder irre ich?“
    Malcom wirft Raymond einen
triumphierenden Blick zu.
    „Hört, hört“, feixt dieser,
„welch Freidenkerin ich da erzog. Mich deucht, es sind Mals Worte, die deine
ungezügelte Zunge formte, mein Kind.“ Er wendet sich an Malcom. „Wie ging doch
gleich dein Lieblingsspruch? ... Bella demon ...“
    Malcom seufzt nachsichtig.
„Bella detesta matribus“, psalmodiert er verbessernd. „Kriege sind der
Schrecken der Mütter. ... Worauf du beharrlich erwidertest: Wer den Frieden
will, rüste zum

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