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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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dich dann an der alten Joan, dass du sie unbedingt haben
musstest?“
    Er fasst sie unter, legt sie
leichthändig aufs Bett und setzt sich neben sie. Nachdenklich streicht er ihr
eine Strähne aus dem fragenden Gesicht. „Du bist die schönste Frau, die ich je
sah, und dir deiner Schönheit nicht im Mindesten bewusst.“
    „So liebst du lediglich meinen
Körper“, fragt sie scharf, wobei sie sich aufmerksam aufrichtet.
    Er schüttelt jedoch den Kopf
und überlegt kurz. „Ich liebe deine Natürlichkeit. Deine Unbefangenheit, dein
ungezwungenes Lachen und dass du nie die Hoffnung verlierst, ... wie du mich
liebst. ... Ich kann das nicht in Worte fassen. ... Und nebenbei bemerkt bin
ich von uns beiden stets der Einzige, der darüber spricht. Etwas einseitig,
oder?“
    Versonnen betrachtet sie ihn.
Dann streckt sie ihm auffordernd die Hände entgegen. „Komm endlich.“
    Malcom jedoch erhebt sich.
„Nein. Wenn ich dir jetzt nachgebe, bekomme ich das Schreiben nie fertig“,
erwidert er kategorisch. Er beugt sich noch einmal für einen flüchtigen Kuss zu
ihr herab. Dabei ignoriert er ihren verächtlichen Blick. Festen Schrittes geht
er dann zur Tür, verharrt vor dieser jedoch, um sich Joan nochmals zuzuwenden.
    „Es ist wichtig. John hat mir
eine Warnung zukommen lassen. Der Earl of Northumberland hat Wind von meiner
Anklage bekommen. Im Grunde war er mir bisher stets wohl gesonnen. Doch nun
geht es um die Ehre seiner Sippe, die nicht beschmutzt werden soll. ... John
vermutet, dass er mich einschüchtern will. ... Vielleicht gar noch Ärgeres.“
    „Oh Malcom, hättest du nicht
alles beim Alten lassen können“, fragt sie besorgt, worauf er sich aufgebracht
durch die Haare fährt.
    „Nein, verdammt! Dann kommt
Raymond nie zu seinem Recht. ... Willst du, dass er hingerichtet wird? Er kann
sich nicht Zeit seines Lebens verstecken, nur weil er loyal mir gegenüber war.
... Und nun lass mich endlich dieses verdammte Schreiben beenden!“ Mit
unverhohlenem Zorn wirft er die Tür schwungvoll hinter sich zu, so dass Joan
erschrocken zusammenfährt. Bestürzt starrt sie auf die geschlossene Tür. Nun
erst bekommt sie eine Ahnung, wie sehr er sich in der Schuld ihres Vaters
fühlt.

Müßigkeit
    „Und was
ist DAS?“ Isa steht unter dem neuen Bord in der dunkelsten Ecke von Joans
Kammer und zeigt gespannt auf die nächste der vielen Phiolen.
    Joan nimmt diese lächelnd
herunter. Sie betrachtet die wächserne Versiegelung, auf welche sie eine
geäderte Blüte geritzt hatte. „Das ist Öl aus dem Bilsenkraut, einem sehr alten
Kraut mit magischen Kräften. Es verheilt Narben. ... Sieh mal hier.“ Sie nimmt
ein Bündel großer, grob gezahnter getrockneter Blätter von der Schnur an der
Wand. „Es heißt auch Schlafkraut. So sehen die Blätter aus. Nur wenige als
Absud zubereitet reichen aus, um einen erwachsenen Mann in einen tiefen Schlaf
zu versetzen und seine Wunden zu behandeln, damit er keinen Schmerz spürt.
Nimmt man zu viele, kommt es zu Tollheit bis hin zum Tod. Atmet man den Rauch
der verbrannten Blätter und Samen ein, so werden Schmerzen gelindert.
Allerdings wirkt es berauschend, es trüben sich eine Zeit lang die Sinne und
man wird mitunter liebestoll. ... Gott lässt es in seiner unendlichen Weisheit
vor allem dort wachsen, wo Menschen leben. Am liebsten gleich in der Nähe vom
Misthaufen.“
    Isa hat ihr mit großen Augen
aufmerksam zugehört und zieht Joans Arm herunter, um ebenfalls einen Blick auf
die Ritzung und die Blätter zu werfen. Joan weiß, dass sie es sich merken wird.
Schon bei mehreren Gelegenheiten stellte sie die schnelle Auffassungsgabe sowie
ein ausgeprägtes Gedächtnis der Kleinen fest. Sie freut sich über das Interesse
des aufgeweckten Kindes. Schon einiges konnte sie Isa über das Wissen wichtiger
Heilkräuter vermitteln. Es ist Joan eine willkommene Abwechslung in der kalten
Jahreszeit, welche draußen alles mit Rauhreif überzog, die Menschen auf der
Burg veranlasste, Kamine und Kohlebecken zu entzünden und zu ungewollter
Untätigkeit zwingt.
    „Joan?“ Isa blickt sie
ungeduldig an und reißt sie aus ihren Gedanken.
    „Was“, fragt Joan zerstreut.
„Fragtest du etwas?“ Joan gähnt. Sie ist schon wieder müde. Und dabei steht die
Sonne erst kurz vor Mittag!
    Isas Augen sind geweitet. „Hast
du auch etwas gegen den Tod“, haucht sie beinahe ehrerbietig.
    Joan runzelt überrascht die
Stirn. „Nein, gegen den Tod ist kein Kraut gewachsen, Isa. Zumindest nicht,
wenn er

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