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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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gestoppt hat und nun zu ihr umwendet. Doch nur
zögerlich lässt er es zu ihr zurücktraben. Als er es vor ihr zügelt, ruhen
seine stechenden Augen erneut auf ihr.
    „Wenn das mal eine gute Idee
war“, gibt er zweifelnd zu bedenken, wobei er ihr seine behandschuhte Hand
einladend entgegenstreckt. Joan ergreift sie und schwingt sich mitsamt Heda
hinter ihn aufs Pferd. Während er noch einen anerkennenden Pfiff ausstößt, stürmen
sie bereits los. Von den anderen weit abgeschlagen reiten sie über die
unbewachte Zugbrücke ein und weiter bergan in Richtung zum Felsentor. Unzählige
Pferde stehen teilnahmslos im Zwinger umher. Eines hat den Kopf zu einem
kleinen blutüberströmten Körper herabgebeugt und stupst diesen mit den Nüstern
an.
    „Allmächtiger“, raunt Joans
Begleiter. Mit Grauen nimmt sie daraufhin die entstellten Kinderleichen wahr,
die neben dem Weg verstreut liegen. Sie hatten wohl ihre Schneeballschlacht bis
unterhalb des Felsentores ausgedehnt und dann vergeblich versucht, ihren
Mördern durch dieses hinter die schützende Ringmauer zu entkommen. Vermutlich
hatte man aus diesem Grunde das Fallgitter des Felsentores nicht
heruntergelassen. Unbändiger Hass kocht in Joan auf. Als ihr Ritter das Ross
vor dem Tor zügelt und erwartungsvoll den Kopf nach ihr umwendet, gleitet sie
gefügig vom Pferd.
    „Das hier ist nichts für Eure
wundervollen Augen, schöne Lady Joan“, erklärt er huldvoll und beobachtet, wie
sie ihren Hund absetzt. Als sie daraufhin ohne ein weiteres Wort ihr Kleid
rafft und an ihm vorbei zum Tor eilt, um der toten Wache das Schwert zu
entreißen, hört sie ihn hinter sich laut fluchen. Es gelingt ihm nicht mehr,
sie im Tor zu stellen. Unbehelligt eilt sie dem Schlachtenlärm entgegen.
    Das Gefecht im Burghof ist in
vollem Gange. Joan kann in dem Durcheinander Freund nicht von Feind
unterscheiden, wodurch sie vorerst damit Vorlieb nimmt, eilig auf den Felsen
über dem Tor zu klettern, um sich einen Überblick zu verschaffen. Percys Männer
haben den Wohnturm zu ihrer grenzenlosen Erleichterung noch nicht genommen. Sie
verbergen die Wappenröcke unter wollenen Mänteln, sind jedoch durch letztere
gut von Malcoms überraschten Treuen zu unterscheiden, die verbittert den
Wohnturm verteidigen. Dessen dicke, eisenbewehrte Eichentür trotzte bisher
erfolgreich allen Versuchen, sie mittels dicken Balken zu rammen. Bestürzt
gewahrt sie, dass ihnen ihre Angreifer zahlenmäßig weit überlegen sind. Kein
Kunststück bei Malcoms ausgedünnter ritterlicher Gefolgschaft. Doch selbst mit
den Waffenknechten steht das Verhältnis etwa drei zu eins.
    „Verdammte Kindermörder“, raunt
sie mit Grabesstimme, wobei sie den Wollmantel abstreift. Sie rafft sich die
Kleider über dem Gürtel, so dass ihr diese nur noch bis zu den Knöcheln
reichen. Ohne weiteres Zögern nimmt sie geschwind die Trittlöcher vom Felsen
herab, gewahrt noch aus dem Augenwinkel heraus Amál, ihren treuherzigen Ritter,
der sich vermutlich für sie in der Verantwortung fühlt, und stürzt sich mutig
ins Schlachtgetümmel. Da niemand es wagt, eine Frau anzugreifen, kommt sie
unbehelligt ein gutes Stück in Richtung Wohnturm voran. Umgehend streckt sie
einen gegnerischen Waffenknecht, der sich ihr einfach in den Weg stellte, mit
einem Stich in die linke Brust nieder und verspielt damit ihre unantastbare
Stellung. Beinahe sofort zwingt sie ein gegnerischer Ritter mit
einschüchterndem Gebrüll dazu, mit ihm die Klinge zu kreuzen. Seine durch die
Rüstung bedingte Schwerfälligkeit gereicht ihr zum Vorteil, da sie schnell
genug ist. Geschickt weicht sie einem entsetzlichen Hieb aus, stößt ihm
kurzerhand die Klinge unterm Helm durch den breiten Kragen der Kettenhaube in
den Hals und zieht sie geschwind wieder zurück. Ein pulsierender Blutschwall
und sein Röcheln bezeugen ihr, dass sie tödlich traf. Es berührt sie nicht im
Geringsten. Sie war mit ihm auf gleicher Augenhöhe und kommt nicht umhin, den
plötzlichen Vorzug ihrer neuegewonnenen Körpergröße gebührend zu würdigen, als
sie auch schon ein noch erschreckenderer Gesell angreift. Zumindest versucht er
es, scheitert jedoch, da sie ihm wendig zuvorkommt und ihm das Schwert an der
ungeschützten Stelle unterhalb der Achsel durchs Kettenhemd hindurch seitlich
ins Herz rammt. Nur mit knapper Not entkommt sie seinem gefällten, leblos zur
Seite sackenden Körper. Es war ihr jedoch nicht mehr möglich, ihm ihre Waffe
aus dem Leib zu ziehen und sie ist versucht, es

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