Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
verfinstert. Sie erinnert sich,
dass sie ihn nicht vor seinen Männern maßregeln soll und seufzt. „Die Welt wird
nicht besser davon“, lenkt sie ein.
    „Doch hoffentlich etwas
gerechter“, entgegnet er bissig, wobei er ihrem Blick ausweicht. Sie kommt
neben Leander und kniet sich hin. Er ist an Hand- und Fußgelenken an im Boden
eingelassenen Ketten straff gefesselt und hat die Augen geschlossen. Auf der
Stirn seines blutunterlaufenen, geschwollenen Gesichtes klafft eine Platzwunde,
aus welcher ihm unaufhörlich Blut in die Augen strömt.
    „Ist er bewusstlos?“
    Malcom schüttelt wortlos den
Kopf und lehnt sich zurück gegen die Wand.
    Sie runzelt die Stirn. Als sie
dann vorsichtig Leanders Brustkorb abzutasten beginnt, zuckt dieser stöhnend
zusammen. Blinzelnd öffnet er die Augen und blickt sie an.
    Es verwirrt sie. „Ihr ... habt
ihm etliche Rippen gebrochen“, bemerkt sie zerstreut. Dann löst sie den Blick
von ihm und beginnt, ihm das Hemd nach oben zu streifen, um die Brüche genauer
zu untersuchen. Beim Anblick seines entblößten Bauches stockt ihr vor
Überraschung der Atem. Seine Haut ist eine einzige riesige vernarbte Fläche.
Nie zuvor sah sie solch schlimme Brandnarben. Behutsam tastet sie über diese.
Die Haut ist uneben und zu ihrem Erstaunen ganz weich. Malcom ihr gegenüber hat
sich von der Wand gelöst und starrt wie vom Donner gerührt auf Leanders Bauch.
Erschüttert blickt er ihm ins Gesicht, greift ihm daraufhin unsanft ins blonde
Haar, um prüfend seinen Kopf von einer Seite auf die andere zu drehen.
    Leander ruckt das Gesicht
barsch zur Seite, um sich seinem Griff zu entziehen.
    In Malcom kommt plötzlich
Bewegung. Er kniet vor Leander hin und beginnt, diesem einen Beinling von der
Bruech zu nesteln.
    Joan indes tauscht mit Amál und
Shepherd ratlose Blicke, um sich dann wieder Malcom zuzuwenden. Dieser streift
Leander den Beinling herunter und stößt einen überraschten Ruf aus. Die Haut
von Leanders Oberschenkel ist bis kurz übers Knie ebenfalls vernarbt, so dass
sich Joan erschaudernd fragt, wie diese wohl unter seiner Bruech aussieht.
    Malcom schüttelt ungläubig den
Kopf. „Ulman“, raunt er, wobei er nicht vermag, die Augen von Leanders Gesicht
abzuwenden. Dieser bedenkt ihn mit einem hasserfüllten Blick und sieht weg zum
Fenster.
    Joan runzelt verwundert die
Stirn.
    Amál räuspert sich umständlich.
„DER Ulman?“
    Malcom nickt, ohne seinen Blick
von Leander zu lösen.
    Amál streicht sich daraufhin
aufgelöst durchs kurze Haar. „Herrgott noch mal.“ Er beginnt, unruhig auf und
ab zu gehen, wobei er nun ebenfalls auf Leander starrt. „Malcom. Verflucht, wir
müssen ihn los machen!“
    Malcom jedoch schüttelt
bedächtig den Kopf. „Er hasst uns.“
    Leander fährt herum und betrachtet
Malcom spöttisch.
    Dieser schweigt einen
nachdenklichen Augenblick lang, bevor er gequält seufzt. „Warum hast du es so
weit kommen lassen“, fragt er ihn mit leiser Stimme.
    Leander lacht rau. „Hass ist
ein zu harmloser Ausdruck für das, was ich für deine Sippe empfinde, Farwick.“
Er zerrt wütend an seinen Ketten, so dass diese laut rasseln.
    Malcom springt auf und stemmt
die Hände in die Seiten. Er vermeidet nun, ihm weiter ins Gesicht zu sehen. „Ob
du es willst oder nicht, du gehörst zu eben dieser Sippe“, ruft er mit
krampfhaft beherrschter Stimme. Dann blickt er ihn direkt an. „Du hast uns
verraten.“
    Leander blitzt ihn feindselig
an. „ICH habe nie dazugehört. Und was ich getan habe, geschah aus Rache.“
    Malcom lässt sich auf ein Knie
neben ihm herab und kommt ganz nah über sein Gesicht. „DU tust dir nur selber
leid. … Ich verabscheue dich.“ Er greift ihm ins Haar und lässt ihn derb wieder
los. „Womit habe ICH deinen Hass verdient, oder Joans Geschwister“, ruft er
wütend.
    Joan schnürt es die Kehle zu.
Ihr war bisher nicht klar, dass Leander ihre Familie auf dem Gewissen hat.
Erschrocken rückt sie ein Stück von ihm ab.
    Leander lächelt auf unheimliche
Weise. „Ich bin auf Percys Seite und habe getan, was ihm dienlich war und
meinem Herzenswunsch entsprach. Ich wollte, dass niemand mehr aus deinem
Geschlecht übrig ist.“ Er spuckt Malcom ins Gesicht. Der packt ihn darauf an
der Gurgel, besinnt sich jedoch noch rechtzeitig, lässt ihn wieder los und
richtet sich auf.
    Leander röchelt und hustet. Er
dauert Joan nun nicht mehr. Verstohlen beobachtet sie ihn. Wieder erinnert er
sie an ein wildes, gehetztes Tier.
    Leander stöhnt.

Weitere Kostenlose Bücher