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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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für sie macht.
    Mit einem Lächeln blickt sie
gerührt auf die Waffe in ihren Händen herab. „Ich besaß noch nie etwas so
Kostbares.“ Versonnen fühlt sie über den schönen Smaragd, um dann Malcoms
nachdenklichem Blick zu begegnen. „Dabei schätze ich seinen unsichtbaren Wert
noch viel höher“, bedeutet sie ihm mit Nachdruck, worauf er nur flüchtig eine
Braue hebt, um die ernsthafte Stimmung sogleich gegen eine heitere wechseln zu
lassen.
    „Mir war klar, dass du dich
darüber mehr als über jegliches Geschmeide freuen würdest“, stichelt er
warmherzig.
    „Malcom. Du bist nicht
gescheit. Solch eine Kostbarkeit ...“
    Er legt einen Finger über ihren
Mund. „Zu deiner unschuldigen Tugend kommt noch eine bescheidene hinzu“,
scherzt er.
    Seufzend nimmt sie seinen
Finger in die Hand.
    Heda unter der Tafel stupst sie
mit der Schnauze gegen ein Bein. Sie war aufgesprungen, als sich Joan erhoben
hatte, um ihr Schwert zu prüfen. Aufmerksam blickt die Hündin nun zwischen
ihnen beiden hin und her. Joan sieht ihr in die treuen Augen. Kurzerhand legt
sie das Schwert beiseite und zieht Heda in eine kosende Umarmung. Dann erhebt sie
sich mit ihr und hievt Malcom das große Tier angestrengt ächzend auf den Schoß.
Heda leckt ihm mit wedelndem Schwanz das überraschte Gesicht ab, so dass er
lacht.
    „Du willst sie mir schenken“,
fragt er ungläubig.
    Sie nickt.
    „Aber ihr seid unzertrennlich“,
wendet er ein.
    Sie wiegt den Kopf. „Ja, in ihr
steckt eine Menge meiner Liebe. ... Doch sie vergöttert dich und wird dir
überall hin folgen, wenn du es willst. Und wenn einmal ein guter Jagdhund aus
ihr werden soll, muss sie alsbald abgerichtet werden. Zwar ist sie überaus
gelehrig, doch ich verstehe mich nicht darauf.“ Lächelnd beobachtet sie, wie er
Heda mit leuchtenden Augen durchs Fell krault. Er scheint sich wirklich zu
freuen. Obendrein, wo er alle seine Wolfshunde eingebüßt hat. Und Joan bemerkte
schon bei vielen Gelegenheiten, dass er in Heda ganz vernarrt ist. Es schmerzt
sie ein wenig, sich von dem geliebten Tier zu lösen. Doch dieses Opfer bringt
sie gern für Malcom auf, deutet ihm damit an, wie sehr sie sein Geschenk an sie
wertschätzt. Und sie weiß Heda bei ihm in besten Händen.
    „Sie wird es schnell
begreifen“, raunt er und schubst Heda zurück auf den Boden. Dann erhebt er sich
ebenfalls, um Joan für einen sanften Kuss an sich zu ziehen. Heda kommentiert
es mit quengelndem Jaulen, das alsbald in lautes Bellen wechselt.
    Joan muss lachen. „Sie ist
eifersüchtig.“
    Er blickt sie nur wortlos an
und nimmt ihr Gesicht zwischen seine Hände, um sie wieder an sich zu ziehen.
Seine Küsse sind ungeduldig. Endlich hat sie ihn wieder, den vertrauten, leidenschaftlichen
Malcom, der es so gut versteht, das Feuer in ihr mit dem seinen zu entfachen.
Und sie weiß, sie werden sich nun nicht mehr so schnell gegenseitig verbrennen.

Schmerzliche
Entdeckungen
    Es ist
Pflugmontag. Joan steht auf dem Hof an der Wehrmauer und blickt auf das weite
Land hinaus. Es ist tief verschneit und herrlich anzusehen. Und das im
wörtlichen Sinne, wie Joan findet. Denn sie erkennt in ihr wie schon so oft die
Liebe des Herrn selbst zu den ganz geringen Dingen seiner Schöpfung, wie einem
unscheinbaren Ästchen oder einem Stein im Fugenmörtel der Wehrmauer, die er
ebenso aufmerksam und liebevoll mit weißen Schneehäubchen zur Geltung bringt,
wie ganze Felder oder Bergkuppen. Gerade so, als wolle er den Menschen ins
Gedächtnis rufen, dass er im Kleinen wie im Großen ist.
    Der Abend dämmert bereits
herauf, doch hat Joan das Gefühl, dass die Tage wieder länger werden, was sie
seit der Wintersonnenwende am Thomastag drei Tage vor Weihnacht ja auch
tatsächlich tun. Das Gesinde hatte den ganzen Tag damit verbracht, sauber zu
machen und aufzuräumen, was sich in den zwölf arbeitsfreien Raunächten
angesammelt hatte. Noch bis eben brachten sie lärmend ihre Arbeitsgeräte in
Stand. Nun kehrt allmählich wieder beschauliche Ruhe ein. Joan zieht den wollenen
Umhang über ihren Schultern fester um sich. Sie hatte einen einzelnen Reiter
auf dem Kamm beobachtet, der sich mühsam einen Weg zur Burg bahnte. Nun setzt
er endlich über die Zugbrücke. Den Wachleuten scheint er nicht unbekannt, da
sie ihn mit einem kurzen Gruß passieren lassen. Fröstelnd macht sie sich wieder
auf den Weg zurück zum Wohnturm. Sie hatte Miriam versprochen, noch einmal bei
ihr vorbeizusehen. Am Rasseln der Kette erkennt sie, dass die

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