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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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deuten.“
    „Joan. Es macht dich kaputt.“
    Sie schüttelt entschieden den
Kopf. „Ich muss es tun. ... Noch nie war ich mir einer Sache gewisser. Ich
schulde es ihr.“
    Seufzend wühlt er sich durchs
offene Haar. Sie lässt ihm etwas Zeit.
    „Malcom. Wo befindet sich die
rote Höhle?“
    Er stutzt und mustert sie
aufmerksam. „War das ihr Versteck?“
    Sie nickt.
    Er zögert mit einer Antwort,
nickt dann jedoch zustimmend. „Es ist ein heiliger Ort. Er ist nicht leicht zu
finden.“
    „Du könntest ihn mir zeigen“,
drängt sie, doch er schüttelt den Kopf.
    „Ich breche morgen mit den
anderen nach Dowell auf, um noch rechtzeitig zur Vermählung zu kommen. Wir sind
einen Tag im Verzug. Es wird knapp, wenn man bedenkt, dass Robert und die
Säumer unsere Reisegeschwindigkeit arg verzögern.“
    Joan setzt sich aufrecht hin
und sieht ihn eindringlich an. „Bitte erlaube mir, nach ihr zu suchen.“
    Sein Blick ruht auf ihr. „Nicht
allein.“
    Sie atmet erleichtert auf. „Ich
könnte Rupert mitnehmen“, erklärt sie, was ihn die Schultern zucken lässt.
    „Wenn er es will.“
    Joan bemerkt, dass er offenbar
nicht gewillt ist, ihm Anweisung zu geben. „Er schuldet mir einen Gefallen“,
antwortet sie, während sie ihn erwartungsvoll betrachtet.
    „Also gut“, willigt er endlich
ein. „Doch sei dir gewiss, dass ihr uns nicht mehr rechtzeitig einholt, wenn
ihr nicht spätestens übermorgen nach Dowell aufbrecht.“
    Sie nickt.
    Er streckt eine Hand aus und
berührt ihre Wange. „Ohne Fiona war alles einfacher.“
    Joan betrachtet ihn
nachdenklich. Es muss schwer für ihn sein, Verständnis für sie aufzubringen, wo
sie doch selbst kaum fassen kann, was in ihr vorgeht. „Hast du Angst?“
    Er zögert
mit einer Antwort. „Nur um dich.“
    Joan und
Rupert stecken die Köpfe erneut über der einfachen Karte zusammen, die Malcom
noch in aller Eile gefertigt hatte. Sie haben im unübersichtlichen Wald schon
wieder die Orientierung verloren. Der Tag neigt sich bereits dem Ende entgegen,
doch von der Höhle sind sie vermutlich noch meilenweit entfernt.
    „Diesen verfluchten Bachlauf
und die Felsen haben wir doch schon längst hinter uns“, stellt Rupert mürrisch
fest. Er blickt auf und sucht von ihrem leicht erhöhten Standpunkt aus nach der
Sonne. Sie geht im Westen unter, also wenden sie ihr den Rücken zu und halten
die Karte, deren Oberkante wie üblich nach Osten in Richtung des heiligen
Landes weist, richtungsgenau vor sich.
    Joan späht geradeaus in den
Wald hinein. Durch die beinahe blattlosen Zweige der Bäume hindurch entdeckt
sie im letzten Tageslicht rötliche Gesteinsbrocken auf dem Waldboden
umherliegen und sitzt ab. Sie scharrt mit dem Fuß das Laub beiseite. „Sieh
doch. ... Rotes Gestein. Wir können nicht mehr allzu weit entfernt sein.“
    Rupert nickt. „Mit der Karte
komme ich zu demselben Schluss.“
    Joan schwingt sich erneut auf
Nigels herrlichen Schimmel und blickt auf die Karte.
    Rupert tippt mit dem Finger auf
eine Stelle, welche dicht bei dem Kreuz liegt, das die Höhle symbolisiert. „Sie
liegt direkt vor uns“, meint er und verstummt plötzlich, als er lautes Grunzen
vernimmt.
    Sie tauschen alarmierte Blicke.
Jetzt in eine Horde Wildschweine zu geraten, wäre nicht gerade das Angenehmste.
Noch dazu ohne entsprechende Spieße oder Schusswaffen und obendrein zu Beginn
der Paarungszeit, in der insbesondere die Eber gereizt sind. Joan springt eilig
vom Pferd, angelt sich zwei dicke Stöcke und sitzt hastig wieder auf. Laut
rufend schlagen sie die Äste gegen die nahen Bäume in der Hoffnung, die Tiere
durch den Lärm zu vertreiben.
    Mit einem Male taucht eine
Gestalt in derber Kleidung vor ihnen auf. Joan kommt sie seltsam bekannt vor.
Sie hält den Atem an.
    Rupert lacht auf. „Bauer, du
hast uns mit deinen räudigen Schweinen an der Nase herum geführt!“
    Maulfaul hebt der Mann grüßend
die Hand. Er scheint bereits etwas älter, wenn man dies bei seinem von harter
körperlicher Arbeit gezeichnetem Äußeren überhaupt zur Genüge einschätzen kann.
Sein Haarschnitt ist standesgemäß kurz gehalten und gibt den Blick auf zwei
außerordentlich abstehende Ohren frei. Er hält seine fünf Schweine mit einer
Rute zusammen. Die Tiere sind äußerst ungestüm. Auch rein äußerlich
unterscheiden sie sich wie üblich kaum vom borstigen Aussehen ihrer wilden
Verwandten. Sie beunruhigen die Pferde.
    „Du hast noch einen weiten Weg
vor dir“, stellt Rupert fest.
    „Ich wurde

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