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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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eines Jongleurs.“
    Malcom schmunzelt ihn unbeirrt
an. „Falls ihr in der Tat aufeinander treffen solltet, wirst du gegen sie
ziehen, oder als Unterlegener dem Nächsten Platz machen.“
    Amál schüttelt sprachlos ob
seiner Härte den Kopf. Dann hebt er beschwichtigend die Hände. „Also gut. Es
wird ohnehin nicht geschehen.“ Bedächtig greift er zu einem reich verzierten,
schweren Silberkelch vor ihm auf der Tafel. „Das Preisgeld“, erklärt er und
reckt ihn hoch in die Luft. „Und ein Kuss der Burgherrin.“
    „Mal!“ Rupert steht plötzlich
vor ihnen und betrachtet Malcom entgegen seiner sonstigen Art mit ernster
Miene. „Du wirst nicht glauben, wer soeben mutterseelenallein über die Brücke
einritt, um dich zu sprechen.“
    Malcom hebt die Brauen. „Spucks
schon aus, Rupert.“
    Dieser räuspert sich. „Ulman.“
    Malcom starrt ihn an, die
Gespräche rings umher verstummen beim Klang dieses Namens. „Du hast Recht. Das
kann ich kaum glauben“, antwortet er und erhebt sich, um ihm zu folgen. Joan
hält ihn jedoch am Arm zurück.
    „Bedenke, was er mit dir
vorhatte“, gemahnt sie ihn.
    „Sie hat Recht, Mal. Lass ihn
besser herauf kommen“, wendet auch Amál ein.
    Malcom atmet durch und nickt
schließlich. „Also gut. Er soll hochkommen, Rupert.“
    Besagter wendet sich um und
geht wieder zur Halle hinaus.
    Joan schnürt es plötzlich die
Kehle zu. „Was, wenn er Leanders wegen gekommen ist“, murmelt sie.
    Malcom betrachtet sie
überrascht.
    Raymond in ihrer Nähe wendet
leise fluchend den Blick nicht vom Halleneingang ab. Blanche verlässt zusammen
mit ihren Kindern den Saal.
    Dumpfe Schritte, die sich von
weiter unten die Treppe hocharbeiten, klingen an ihr Ohr.
    Sie werden zusehends lauter.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit taucht Rupert, gefolgt von Ulman, vor ihnen
auf. Er führt ihn bis an die Tafel heran, so dass John und Awin eilends zur
Seite rutschen, um ihm wie einem Aussätzigen Platz zu machen. Auch Rupert tritt
beiseite.
    Ulman und Malcom blicken sich
direkt in die verschlossenen Mienen. Heda kommt plötzlich unter der Tafel
hervor, setzt sich neben Ulman auf die Hinterläufe und starrt ihn knurrend an.
    Ulman wirft ihr einen
flüchtigen Blick zu. Er erscheint Joan verändert, ist die Ruhe selbst. Seine
braungebrannte Haut lässt die schönen blauen Augen fast unnatürlich leuchten.
Die goldenen, vollen Locken reichen ihm seidig glänzend bis auf die Schultern
hinab. Kleinwüchsiger und schmaler als seine Brüder ist er nur etwas größer als
Joan selbst oder ein durchschnittlich großer Mann. Und er ist ein wahrlich
schöner Mann. Sie erkennt in seinen ebenmäßigen Zügen das mittlerweile lieb
gewonnene Gesicht ihres Ziehsohnes wieder.
    Amál findet als Erster seine
Sprache wieder. „Ulman. Ich würde dich gern in meinem Hause willkommen heißen.
Doch zu groß ist mein Misstrauen.“
    Ulman wendet den Blick von Malcom
ab, um diesen nun auf Amál ruhen zu lassen. Er schüttelt gelassen den Kopf.
„Ich komme in friedlicher Absicht.“ Seine nunmehr offene Miene lässt beinahe
keinen Zweifel an seinen Worten. „Ich muss mit euch reden. Unter sechs Augen.
Dann urteilt selbst, ob ihr mir weiterhin besser mit Misstrauen begegnet.
Sicher, ich könnte es euch nicht verdenken.“
    Malcom nickt Richtung Tafel.
„Leg’ deine Waffen ab.“
    Ulman
zieht daraufhin Schwert und Dolch aus deren Scheiden und legt beides zwischen
ihnen auf die Tafel. Als Robert sogleich nach dem unerreichbaren Dolch angelt,
streift Ulman den Kleinen mit kurzem Blick und richtet diesen plötzlich auf
Joan. „Unter acht Augen.“
    Sie
betreten schweigend ein kaltes Gemach im vierten Stock, welches wohl noch vor
einigen Wochen Gäste der Hochzeitsgesellschaft beherbergte, und versammeln sich
um einen runden Tisch. Die Stuhlbeine quietschen über die Dielen, als sie die
Stühle vorziehen, um sich zu setzen.
    Erwartungsvoll ruhen ihre
Blicke auf Ulman.
    Dieser räuspert sich. „Zuerst
will ich euch sagen, dass kein Tag in meinem Leben vergeht, an dem ich meine
Taten an euch nicht zutiefst bereue.“ Verstohlen mustert er Joan. „Ich war
lange Zeit vom Haß völlig geblendet und habe verfehlt“, versucht er, sich zu
erklären. Abwehrend hebt er die Hände. „Ich weiß, es ist keine Entschuldigung,
aber ...“, er atmet durch. „Verzeiht.“
    Es folgt betretenes,
nachdenkliches Schweigen.
    Joan räuspert sich. „Du
solltest versuchen, meinen Vater um Verzeihung zu bitten.“
    Ulman nickt. „Das werde

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