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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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ungewöhnlich tiefe Stimme lässt schon
jetzt jene seines Vaters erahnen.
    „Aber er ist noch nicht einmal
ein Jahr alt“, wendet Joan besorgt ein.
    „Schon. Doch er hat bereits
viele Zähne und isst ja schon wie ein Großer. ... Lasst ihn machen. Dann reicht
Eure Milch wenigstens wieder für den Kleinen und Ihr müsst Euch nicht länger
mit wundgebissenen Brustwarzen plagen.“
    Robert tappt zu Leander in der
Wiege, worauf Joan hastet, ihm zuvor zu kommen, damit er nicht wie schon so oft
an der Wiege rüttelt und Leander weckt.
    Es klopft kurz an die Tür und
Malcom tritt ein. Als Robert ihn bemerkt, macht er sich in Joans Armen steif.
Er strampelt und windet sich daraufhin, so dass sie ihn eilends auf den Boden
stellt, damit er ihr nicht herunter fällt. Er stürzt seinem Vater
quietschvergnügt mit wagemutig nach ihm ausgestreckten Ärmchen entgegen. Malcom
geht lächelnd in die Hocke, empfängt ihn mit sicherer Umarmung und küsst ihm
die Stirn, bevor er Robert hoch nimmt. „Es dämmert bereits. Zeit fürs
Abendmahl“, bemerkt er an Joan gewandt.
    Diese ist schon neben ihm.
„Nichts lieber als das. Nach diesem Tag könnte ich einen ganzen Ochsen
verspeisen.“
    Er grinst. „Gut, dass wir hier
zu Gast sind. Somit schädigst du mit deinem Appetit wenigstens nicht unsere
eigenen Vorräte. ... Obwohl Awins tadelnde Blicke fast schon nicht mehr zu
ertragen sind.“
    Sie stützt herausfordernd die
Arme in die Seiten. „Auf Farwick Castle würde ich in aller Ruhe meinen
Pflichten als Burgherrin nachgehen. Ich hätte niemals Gelegenheit, tagelang
ununterbrochen mit dir zu fechten und deswegen auch bestimmt keinen solchen
Heißhunger.“
    „Meine Schuld“, bemerkt er
seufzend, indes er sich mit Robert zur Tür wendet. „Sicherlich auch, dass du
schon wieder dicker wirst.“
    Sie zieht erschrocken die Luft
ein, tauscht mit Agnes einen überraschten Blick und eilt ihm hinterher.
„Findest du, ich bin dicker geworden“, hakt sie unsicher nach, während sie die
Tür hinter ihnen schließt.
    Auf sein vergnügtes Grinsen hin
knufft sie ihm vorwurfsvoll die Schulter. Doch ist sie nicht schlauer, als
zuvor. Sie nehmen die Treppe hinab zur Halle.
    „Prahltest du nicht damit, dich
könne ein weiteres Kind nicht nochmals überraschen?“
    „Schon. Doch du verunsichertest
mich soeben. Ich kann mich gar nicht mehr genau meiner Schwangerschaft
entsinnen.“
    Er blickt sie an. „Sei
unbesorgt. Wenn ich nur den leisesten Verdacht hegen würde, erklärte ich unsere
Übungen für beendet.“
    Sie nickt beipflichtend. Zu
ihrem Erstaunen schleicht sich jedoch auch eine leichte Enttäuschung in ihr
Herz. „Treibe nicht deinen Scherz damit, Malcom“, meint sie mit etwas bitterem
Nachgeschmack. „Vielleicht sind uns weitere Kinder verwehrt.“
    Er antwortet nicht darauf,
nickt nur einmal flüchtig. Dann betreten sie die Halle. „Wir sind schon wieder
zu spät“, raunt er. „Du hast mich mit dieser Nachlässigkeit angesteckt.“
    „Dann bin ich wenigstens nicht
mehr einziges Ziel von Awins Unwillen“, lacht sie vergnügt.
    Er schüttelt den Kopf. „Du
scheinst es richtiggehend auf Ärger mit ihr anzulegen. Ich sollte dich noch
etwas härter beim Fechten heran nehmen. Dann bist du vielleicht ausgelasteter.“
    „Sei versichert, dass ich es
nicht absichtlich tue. Ich bin wirklich bemüht“, beteuert sie ernsthaft.
    „Ich glaube dir kein Wort“,
bemerkt er daraufhin grinsend.
    Die Tafel ist wie üblich voll
besetzt, da Awin und Timothy Geselligkeit schätzen und gerne Gäste um sich
herum versammeln. Zumeist handelt es sich dabei um Angehörige ihrer weit im
Land verstreuten Familie, um befreundete Adlige oder Durchreisende. Sie bitten
drei vornehme Damen neben Timothy, welche in schillernde Seidenkleider gewandet
sind und angeregt miteinander tuscheln, etwas beiseite zu rutschen und nehmen
Platz.
    Awin ihnen gegenüber scheint in
ein munteres Gespräch mit John vertieft, worauf sie sich erleichtert Fladenbrot
als Unterlage für das köstlich duftende Wild greifen. Robert auf Malcoms Schoß
versucht, sich das vor ihm liegende Brot zu angeln und beginnt entrüstet zu
jammern, als Malcom es außerhalb seiner Reichweite schiebt. Awin gewahrt sie
dadurch und zieht missbilligend die Augenbrauen zusammen.
    „Mal, deine Ritter betragen
sich höchst ungebührlich. Sie besaufen sich immer häufiger in deiner
Abwesenheit. Kannst du sie nicht etwas besser im Zaum halten“, mokiert sie sich
mit mühsam unterdrücktem Zorn.
    Es

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