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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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die bunt bemalte Holzbalkendecke.
    „Du könntest mit Leichtigkeit
die verbogene Wahrheit richtig stellen und Raymond zu seinem Recht verhelfen“,
gibt ihm Malcom ruhig zu bedenken.
    Ulman streicht daraufhin mit
der flachen Hand bedächtig über die Perlmuttintarsien in der blanken
Tischfläche, schüttelt dann jedoch den Kopf. „Selbst ich kann mir so etwas bei
Henry nicht herausnehmen. Er hat noch viel schwerwiegendere Missetaten auf dem
Kerbholz, von denen er dann fürchten müßte, sie geräten durch mich ebenfalls
ans Tageslicht. Er würde mich zermalmen.“ Lächelnd blickt er zu ihnen auf.
„Nicht, dass mich das schrecken würde, doch habe ich neuerdings die
Verantwortung für ein Kind.“
    Joan bemerkt seine Weitsicht,
was seinen Sohn betrifft. Doch kann es sie nicht über ihren Schmerz
hinwegtrösten.
    Malcom tippt grübelnd mit den
Fingern auf die Tischplatte. „Also gut. Wenn die Vorladung eintrifft, reitest
du mit uns nach London. Raymond kann sich dort als Verräter nicht blicken
lassen, ohne Gefahr zu laufen, bis zur Verhandlung wieder im Kerker zu landen.
Bei einer peinlichen Befragung würde man ihm wer weiß welche Geständnisse aus
dem Mark quetschen. Womöglich würde er es nicht lebend überstehen, wie schon so
manch Einer.“
    „Du hast seine schriftliche
Aussage“, fragt Amál.
    „Ja. Sie liegt dem Gericht
bereits seit einem halben Jahr vor. Ich selbst besitze eine Abschrift.“
    „Er muss in Person erscheinen“,
wirft Ulman ein, „andernfalls wäre es seiner Glaubwürdigkeit abträglich. Man
würde seinen Fall in seiner Abwesenheit gar nicht erst verhandeln.“
    Joan horcht bei seinen Worten
nachdenklich auf. Es läge sehr in Percys Interesse, wenn ihr Vater aus seinem
Versteck heraus kommen und nach London reisen würde. Er stünde dann unter
niemandes Schutz mehr.
    Malcom schüttelt den Kopf. „Es
wäre nicht das erste Mal, dass man einen zu Unrecht Verurteilten in dessen
Abwesenheit begnadigt. ... Man hat Ray ja auch in seiner Abwesenheit
VERURTEILT. Er saß im Kerker und konnte nichts zu seiner Verteidigung
einwenden. ... Das ist ein Fall besonderer Härte. Mit seinem Erscheinen liefe
er Gefahr, die peinliche Befragung nicht zu überleben oder dass das Urteil kurz
vor seiner Begnadigung noch an ihm vollstreckt würde. Man könnte ihn aus dem
Wege schaffen, ohne sich schuldig zu machen. Selbst Percy als jemand, der einen
klaren Vorteil daraus zöge.“
    „Habt ihr genügend Eidhelfer,
die seine Person als königstreu und rechtschaffen bestätigen können“, fragt
Ulman.
    „Natürlich. Ebenfalls
Entlastungszeugen.“
    „Welche“, hakt er verblüfft
nach.
    „Joan hier. Und den König. ...
Er kann bezeugen, dass Roger sie kurz vor der Schlacht bei den Tümpeln
beseitigen wollte.“
    Ulman nickt nicht
unbeeindruckt. „Bleibt zu hoffen, dass Edwards zunehmende Machtlosigkeit als
König nicht ins Gewicht fällt. Seit Bannockburn hat er in seinem eigenen Lande
nicht mehr sehr viel zu sagen.“
    „Dennoch ist er der König. Vor
Gericht wird man ihm den nötigen Respekt entgegenbringen, auch wenn er der
Kontrolle der Barone unterworfen ist und sein Cousin Thomas of Lancaster als
mächtigster Baron im Lande in Wahrheit das Zepter in den Händen hält“, wirft
Malcom unbeirrt ein, was Ulman nachdenklich den Kopf wiegen lässt. Dann
betrachtet er Joan, die eben zum ersten Male überrascht vernahm, dass sie bei
der Verhandlung zugegen sein soll.
    „Ich hörte, du warst als Knappe
bei Bannockburn dabei. Wie wollt ihr das glaubhaft erklären, wenn Joan vor dem
König steht? Und ohne Raymond wird es euch schwer fallen, ihre Ähnlichkeit zu
beweisen, aufgrund derer sie erst von Roger als Thornsby entlarvt wurde.“
    „Du bist weiß Gott gut
informiert“, erkennt Malcom eine Spur herausfordernd an. Dann betrachtet er
sie. „Joan wird wieder als mein Knappe dort sein, damit Edward sie zu erkennen
vermag. Wenn nötig, stellen wir dann ihre wahre Identität klar. ... Doch ich
nehme an, er wird lediglich eine schriftliche Erklärung abgegeben haben. Seine
begrenzte Zeit erlaubt es ihm sicher nicht, bei jeder möglichen
Gerichtsverhandlung persönlich zu erscheinen.“
    Ulman wiegt den Kopf. „Du
unterschätzt die Tragweite der Verhandlung. Ihm wird es darum gehen, sich gegen
einen weiteren abtrünnigen Baron durchzusetzen, womöglich gar, ein Exempel zu
statuieren. Und er wird sicher nicht alle Tage als wichtiger Zeuge geladen.“ Er
bläst beunruhigt die Luft aus. „Das könnte schief

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