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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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singen.
    „Ach
meine Liebe, tust Unrecht mir,
    Dass
grob fortgestoßen hast du mein.
    Lang
schon gilt meine Liebe nur dir,
    Glücklich nur kann ich bei dir sein.
    Refrain:
    Greensleeves
war all meine Freud,
    Greensleeves
war meine Wonn’,
    Greensleeves
mein Herz aus Gold,
    Und wer denn meine Lady Greensleeves.
    Brachst
dein Versprechen, wie mein Herz,
    Warum
nur weckst du solch Verlangen?
    Abseits
bleib ich nun mit meinem Schmerz,
    Mein Herz, es bleibt gefangen.
    Ich
war bereit für deine Hand,
    Um
zu gewähren, was immer du ersehnt.
    Ich
wettet beides, Leben und Land,
    Deiner Lieb und Gunst mich sicher wähnt.
    Meine
Männer waren gewandet in Grün,
    Und
sie warteten stets auf dich.
    All
dies war galant anzuseh’n,
    Mich zu lieben vermochtest du dennoch nicht.
    Du
konntest wünschen kein irdisch Ding,
    Dennoch
warst du nicht abgeneigt,
    Musik
dein zu hören und zu singen,
    Mich zu lieben warst du nicht bereit.
    Ach
meine Liebe, dein Eigen sollt sein
    Ein
Herz voll schierer Eitelkeit.
    Nachsinnen
müsst ich dann ganz allein
    Nur über deine Falschheit.
    Gedenkst
du nun, zu verachten mich,
    Nur
stärker es mein Verlangen macht.
    Und
völlig gleich, ewig bleibe ich
    Ein Liebender in Gefangenschaft.
    Ich
bet zu Gott dort in der Höh’,
    Meine
Treue du magst erkennen.
    Dass
du noch, bevor ich sterbend geh,
    Mir wirst deine Liebe gewähren.
    Ah
Greensleeves, Lebwohl nun, adieu!
    Zu
Gott ich bet, er soll schützen dich!
    Bin
dein Geliebter, bei meiner Treu,
    Komm einmal wieder und liebe mich.
    Er spielt weiterhin die Laute
und summt dazu. Joan hat sich kerzengerade aufgerichtet und starrt ihm ins
Gesicht. Sie hat nun keine Zweifel mehr an ihrem Verdacht. Die Verschönerungen
der Verse beiseite genommen, passt das Lied unverkennbar auf sie! Er hat es
allein für sie verfasst, sich ihr durch dieses soeben offenbart. Unter seinem
nunmehr traurigen Blick wird sie purpurrot im Gesicht.
    Schallender Applaus reißt sie
aus ihren Gedanken und lässt sie zur Seite schauen. Alle Blicke ruhen auf
ihnen. Den Männern entgeht ihre Röte nicht, so dass sie sich ungeniert darüber
amüsieren.
    „Joan, du erinnerst an eine
blühende Rose“, ruft Jeremy alles andere als einfühlsam.
    Awin kommt mit verträumtem
Blick auf sie beide zu, zieht plötzlich die Augenbrauen zusammen und bedenkt
Malcoms Männer mit schmählichem Blick. „Ihr Raubeine“, erbost sie sich. „Joan
ist die Minne nicht gewöhnt. Und ihr habt offensichtlich weder Verständnis für
diese Kunst, noch das nötige Taktgefühl.“
    „Ich finde, eben überaus
feinsinnig gewesen zu sein“, wendet Jeremy ein und mimt den Beleidigten. Als
sich Awin kopfschüttelnd von ihm abwendet, grinst er breit.
    Joan würde am liebsten im
Erdboden versinken.
    Awin kommt heran. „Ulman, welch
wunderbare Weise. ... Woher stammt sie?“
    Gefragter räuspert sich. „Der
Verfasser ist nicht mehr bekannt.“
    Awin seufzt melancholisch.
„Noch nie vernahm ich ein schöneres Liebeslied. Selbst nicht in meiner Heimat,
was etwas heißen soll. Und wie gut du es auswähltest. Es passt auf Joan.“ Sie
berührt Joans grünes Kleid. „Lady Greensleeves.“
    Joans Augen weiten sich vor
Erstaunen. Es ist doch offensichtlich, dass diese Ähnlichkeit nicht bloß von
ungefähr ist. Sollte dies niemandem außer ihr selbst aufgefallen sein? Es macht
ihre Verwirrung vollkommen. Verzweifelt versucht sie, sich zu fassen. Sie
versteht es nicht, mit Ulmans Gefühlsflut umzugehen, zumal er ihr ausweicht,
sich nicht wirklich offen erklärt. Auf der einen Seite ist es ihr unangenehm,
vor all den anderen umworben zu werden, andererseits rührt es etwas im
Innersten ihres Herzens, das sie erloschen glaubte. Dann besinnt sie sich.
Sollen sie doch annehmen, sie würden sich in der Minne ergehen. Unter diesem
Deckmantel müssen ihr seine Gefühle nicht länger unangenehm sein, sind gar
erlaubt. Es erübrigt eine Menge unbequemer Fragen. Sie spürt einen Blick in
ihrem Rücken und wendet sich um. Malcom gegenüber Amál hat sich auf seinem
Stuhl zurückgelehnt und betrachtet sie nachdenklich. Zwischen den Fingern dreht
er dabei eine schwere Dame aus hellem Speckstein. Joan schenkt ihm ein
unschuldiges Lächeln, das er mit einer gedankenvoll gehobenen Braue
beantwortet. Daraufhin stellt er die Figur vor sich neben dem Spielbrett auf
den Tisch, ohne Joan aus den Augen zu lassen. Mit eindringlichem Blick stößt er
plötzlich die Dame um.
    Joan
starrt ihn fassungslos an. Verstimmt macht sie eine ärgerliche Miene

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