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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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schlagartig bis
unter die Schultern im Schnee.
    Joan läuft bestürzt auf ihn zu.
    „Bleib weg, verdammt“, fährt er
sie an, was sie wie angewurzelt stehen bleiben lässt.
    „Ulman, ich hoffe, du kannst
schwimmen“, fragt sie unsicher. Sein gequältes Lächeln gereicht ihr zur
befürchteten Antwort. Sie wirft ihr Schwert beiseite, lässt sich auf den Bauch
fallen und robbt zu ihm. Er blickt ihr beunruhigt entgegen.
    „Mach schon, reich mir dein
Schwert!“
    Mit vorsichtigen Bewegungen
kommt er ihrer Aufforderung nach. Sie ergreift die Klinge, an der sie daraufhin
behutsam, aber mit Kraft zieht. In dem Versuch, auf sie zu zu kriechen, lehnt
er sich nach vorn auf den Schnee. Plötzlich ruckt er mit einem entsetzten
Aufschrei zurück nach hinten, um dann vollends unter der Schneedecke zu
verschwinden. Joan starrt fassungslos auf das schwarze Loch im Schnee, das ihn
verschluckte, und vernimmt noch als dessen Schmatzen das gedämpfte Plätschern
von Wasser. Es reißt sie aus ihrer Starre. Ohne länger zu zögern springt sie
ihm mit angehaltenem Atem in die bedrohlich gähnende Schwärze hinterher.
    Sie empfängt entsetzliche Kälte
in verschwommenem Dunkelgrün. Aufsteigende Luftblasen nehmen ihr die Sicht. Jäh
bemerkt sie an der zunehmenden Schwärze, dass sie sinkt und schaut nach oben in
das durch das Einsturzloch tunnelartig einfallende Licht. Dann blickt sie sich
um. Sie kann ihn im Halbdunkel nirgends entdecken. Die schneidende Kälte
beginnt, ihre Bewegungen zu lähmen. Aus dem Augenwinkel heraus vernimmt sie ein
Schimmern und blickt schräg nach unten. Ihr Herz macht einen freudigen Sprung,
als sie seinen hellen Schopf erkennt. Unter verzweifeltem Strampeln sinkt Ulman
unaufhaltsam in die schwarze Tiefe. Hastig taucht sie ab. Ihre Luft wird
zusehends knapper, der Schmerz in den Ohren immer stärker. Doch sie kommt ihm
schnell näher. Sie streckt eine Hand aus, mit der sie ihn am Rückenteil seiner
Tunika packt. Erschreckt stößt er wertvolle Luft aus und wendet ihr das
aschfahle Gesicht zu. Sie ergreift ihn am Ausschnitt, blickt nach oben und
schwimmt mit kräftigen Stößen dem erschreckend fernen Lichtkegel entgegen.
Einen furchtbaren Augenblick lang kommen sie beinahe überhaupt nicht von der
Stelle, zu schwer hat sie an seinem Gewicht zu ziehen. Dann wird er leichter.
Ein flüchtiger Blick zu ihm verrät ihr, dass er ihre Bewegungen nachahmt. Sie
nähern sich zusehends dem anschwellenden hellen Punkt in der Mitte des
Lichttunnels.
    Joan kann ihren Drang, zu
atmen, nur unter Aufbietung aller Willenskraft unterdrücken. Plötzlich wird sie
vom Licht beschienen und geblendet. Sie bricht an die warme Luft durch und
saugt diese mit einem tiefen Jappser in ihre Lungen. Dabei zieht sie Ulman
neben sich. Er taucht prustend auf und ihn überkommt sogleich ein Hustenanfall.
Er hatte bereits Wasser eingeatmet. Joan versucht, sich aufs Eis zu stemmen.
Doch die dicke Schneedecke hindert sie daran. Hastig schaufelt sie sulzigen
Schnee vom Eisrand ins Wasser, um eine freie Fläche auf dem Eis zu schaffen, auf
welche sie sich hochziehen können. Ulman ist plötzlich an ihrer Seite und hilft
ihr hustend dabei. Sie bemerkt verwundert, dass der Schnee vor ihr rot von Blut
ist. Es sickert aus tiefen Schnittwunden in ihren kältetauben Händen. Sie muss
sich an seinem Schwert verletzt haben, geht ihr schwerfällig durch den Kopf.
Dann endlich ist der Eisrand breit genug, um sich daraufhieven zu können.
Während sie betet, dass er nicht nachbricht, zieht sie sich vorsichtig hoch.
Vor Kälte und Anstrengung zittert sie am ganzen Leib. Ulman versetzt ihr einen
unsanften Stoss, so dass sie mit dem Oberkörper auf dem Eis landet. Sie ist
steif vor Kälte, vermag sich kaum noch zu bewegen. Ihre Kleidung ist
vollgesogen und kommt ihr unsagbar schwer vor. Ulman drückt eines ihrer Beine
ächzend nach oben und schiebt es aufs Eis. Behutsam zieht sie das zweite Bein
nach, kniet sich hin und erhebt sich dann zögernd. Aufatmend kriecht sie auf
die Schneedecke und wendet sich zum Loch und Ulman um. So schnell sie vermag
kommt sie bäuchlings auf dem Schnee zu liegen und streckt ihm ihre Hand
entgegen. Als er diese schwerfällig ergreift, macht sich Joan steif.
    „Zieh dich hoch, Ulman“, ruft
sie atemlos und spürt ein Zerren an ihrer Hand. Doch er rutscht ab. Noch weiter
kann sie sich nicht ins Loch vorbeugen ohne Gefahr zu laufen, hinein zu
rutschen. Verzweifelt richtet sie sich auf und blickt um sich. Sie entdeckt
ihren

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