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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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dieser
Dreckskerl hier hätte dich umgebracht“, ruft er außer sich und drückt Malcom
das Messer barsch gegen den Kehlkopf, so dass Blut an dessen Hals herabzurinnen
beginnt. Malcom schließt die Augen.
    Joan hebt beschwichtigend die
Hände. „Beruhige dich. Wie du siehst, geht es mir gut. ... Jacob, nimm das
Messer weg. Ich beschwöre dich. Du machst dich unglücklich.“
    Er lacht gequält auf. „Ich habe
nichts mehr zu verlieren, Joan“, erwidert er, wobei er sie mit gehetztem Blick
mustert. „Weißt du noch, ich schwor, ihn umzubringen. Das war VOR deinem
Verschwinden und bevor er unsere Ehe aus ungerechtfertigten Gründen für nichtig
erklärte.“
    Die Männer betrachten Joan
erstaunt. Sie senkt flüchtig den Blick, um sich zu sammeln. Dann sieht sie
Jacob offen in die Augen. „Seine Gründe waren ganz und gar nicht
ungerechtfertigt. ... Du bist mein Bruder, Jacob. ... Hat es Sarah dir denn
nicht eingestanden?“
    „Du wirst ihm das doch nicht
ernsthaft abnehmen“, braust er auf, woraufhin sie sich hilflos durch die Haare
fährt. Jemand kommt hinter sie und legt ihr die Hände auf die Schultern.
    „Hast du jemals in einen
Spiegel geblickt“, fragt Raymond ihn.
    Jacob reißt bei seinem Anblick
bestürzt die Augen auf und schüttelt fassungslos den Kopf, wie, um sein Bild
wieder loszuwerden.
    „Sie muss dich hartnäckig vor
mir versteckt gehalten haben“, meint ihr Vater versonnen, kommt neben Joan und
geht einen Schritt auf ihn zu.
    „Bleib weg, verdammt“, ruft
Jacob, wobei er das Messer noch stärker gegen Malcoms Hals drückt, so dass
dieser gepeinigt die Luft zwischen den Zähnen einzieht.
    Joan legt erschrocken eine Hand
gegen ihren Mund. „Jacob“, meint sie flehentlich. „Ich liebe ihn. ... Er ist
der Vater meiner Kinder. Bitte tu ihm nichts.“
    Malcom sieht ihr für einen
flüchtigen Moment nachdenklich in die Augen. Dann wendet er sich von ihr ab.
    Jacob indes starrt sie an, als
wäre sie eine Erscheinung. Sein Blick wandert ernüchtert zu Malcom herab und
dann auf das Messer in seiner Hand. Er scheint allmählich zu sich zu kommen,
wie Joan hofft. „Jacob.“ Sie tritt neben ihn, lässt sich auf ein Knie herab und
streckt die Hand vor. „Gib mir das Messer. ... Und dann reden wir.“
    Er lässt die Hand mit hängendem
Kopf sinken, das Messer entgleitet ihm.
    Ein Aufatmen geht durch die
Männer, jemand stößt die Waffe mit der Fußspitze weg. Malcom kommt auf die Knie
und fährt sich über den blutigen Hals.
    Joan erhebt sich, um Jacob die
Hand zu reichen. „Bitte.“
    Er blickt zu ihr auf, ergreift
zögerlich ihre Hand und wird von ihr schwungvoll nach oben gezogen. Erstaunt
bemerkt er ihre Größe. Er überragt sie wie Raymond nur noch weniger als um eine
Haupteslänge.
    Ihr Vater kommt neben ihn und
schlägt ihm gegen die Schulter, dass er unsanft nach vorn ruckt. „Gut, dass du
dich fürs Leben entschieden hast“, äußert er grinsend. „Ich schwöre, ich hätte
dich eigenhändig umgebracht, wenn du ihm den Gar ausgemacht hättest. Auch wenn
du offensichtlich mein Fleisch und Blut bist.“
    Jacob betrachtet ihn
schweigend. Ihre Ähnlichkeit ist geradezu lächerlich. Er ist das etwa zwanzig
Jahre jüngere Ebenbild von Raymond.
    „Jacob, was ist mit dir
geschehen“, fragt Joan, wobei sie ihn von Kopf bis Fuß mustert.
    Ray tut es ihr gleich, während
er ihr einen Arm um die Schultern legt. „Du siehst hungrig aus. Sei willkommen
an unserem Feuer.“ Er wendet den Blick zu Malcom. „Vorausgesetzt, du verzeihst
ihm den kleinen Zwischenfall.“
    Malcom erhebt sich, um grimmig
auf Ray herab zu blicken. Als dieser plötzlich verhalten lacht, stützt er
verärgert die Hände in die Seiten.
    Raymond
wiegt verschmitzt den Kopf und legt einen Finger an den Mund. „Na ja, irgendwie
kann ich ihn ganz gut verstehen“, nuschelt er schmunzelnd, was ihm Malcoms
verächtliches Schniefen einbringt.
    Sie sitzen
am Feuer und lauschen beim Schmaus von frisch erlegten, braun gerösteten Enten
den Worten Jacobs. Sein Hunger scheint unstillbar. Er vertilgt bereits den
zweiten Vogel.
    Seit Joans Verschwinden schien
er vom Pech verfolgt. Zunächst verstarb Sarah, seine Mutter, an einem
tückischen Fieber. Dann brach die Hungersnot aus. Die Bauern vermuteten Mehl-
und Getreidevorräte in seiner Mühle und forderten sie mit Gewalt heraus. Dabei
brannte die Mühle bis auf die Grundmauern nieder. Seitdem schlägt sich Jacob
mehr schlecht als recht als Bettler und Wegelagerer durch. Hätte er als

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