Die rote Farbe des Schnees
so
leicht etwas vor. „Ich ahnte ja nicht, dass du etwas derart Kostbares besitzt.
Doch müssen wir bei der Dosierung Acht geben, dass der beinhaltete Milchsaft
der Schlafmohnkapseln das Kind nicht zu sehr berauscht.“ Überdies ist ihr
bekannt, dass man nach Opium süchtig werden kann.
Aufbruch nach
Thornsby Castle
Sie sind
auf dem Hof versammelt und verabschieden sich. Julian ist auf dem Wege der
Genesung, was ihre Anwesenheit nicht mehr zwingend notwendig macht. Denn Joan
wies Awin in seine Behandlung ein, erklärte ihr, wie sie ihn mit Goldrute,
Mariendistel, Koriander und Bärlauch über die nächsten Monate entgiften muss.
Immerhin hatten sie ihre Abreise auf Bitten Awins noch bis nach Ostern
hinausgeschoben, doch nun endgültig dem Drängen Raymonds nachgegeben, der es
nicht erwarten kann, nach Hause zu kommen.
Awin schenkt Joan eine
herzliche Umarmung. „Ich habe deine Gesellschaft genossen“, schnieft sie, wobei
sie sich eine Träne wegzwinkert.
Joan küsst ihr die Wange. „Wir
können uns jederzeit besuchen. Es ist ja nur ein Tagesritt, ... für dich ein
halber.“
Awin nickt lachend. Dann wird
sie ernsthaft. „Gehab’ dich wohl. Und schreibe mir, wie es mit euch beiden
weitergeht“, raunt sie. „Du führst meine besten Brieftauben im Gepäck. Sie
erlauben es dir, jederzeit ganz schnell meinen werten Ratschlag einzuholen.“
Angespannter Miene ringt sich
Joan ein Lächeln ab.
Awin nimmt ihre Hand. „Ich
wünsche euch, dass ihr euer gemeinsames Glück wieder findet.“
Joan nickt aufgewühlt, drückt
ihr dann lächelnd die Hand und wendet sich Amál neben ihr zu. Seit dem Vorfall
auf dem Wachturm tauschten sie kein einziges Wort mehr miteinander.
Er hält Miriam auf dem Arm und
betrachtet Joan ernst. „Es tut mir leid Joan. ... Du weißt schon, was ich
meine. Ich habe mir damals nichts dabei gedacht“, bemerkt er und verstummt ob
ihrer versteinerten Miene. Mit verstehendem Nicken atmet er durch. „Ich danke
dir aus tiefstem Herzen für die Errettung meines Sohnes. Und bitte glaube mir,
ich gäbe alles, damit du und Malcom wieder zueinander fändet.“ Seine
eindringliche Miene bewiegt sie, seinen Worten Glauben zu schenken. Sie gibt es
ihm mit einem angedeuteten Lächeln zu verstehen.
„Vergiss das nie, Joan. Was
auch kommen mag“, beschwört er sie zu ihrer erneuten Verunsicherung, während er
sie zum Abschied auf die Stirn küsst. Sie bedenkt ihn noch mit einem
argwöhnischen Blick, bevor sie von Timothy warmherzig an die breite Brust
gezogen wird.
Als sie
über die Brücke reiten, blickt sie noch einmal verstohlen zur kleinen Kapelle
hinüber, in der sie unlängst Ulman beigesetzt haben. „A dieu“,
murmelt sie. „Ich hoffe, du besuchst mich ab und an in meinen Träumen.“
Sie kommen
nur schleppend langsam voran, sind bereits den zweiten Tag unterwegs. Um ihren
Einzug reibungslos ablaufen zu lassen, schickte Malcom einige seiner Männer zu
ihrer Ankündigung nach Thornsby Castle voraus. Die Kleinsten sind seit geraumer
Zeit unleidlich. Als sie den Grenzstein mit dem vertrauten Wappen des Hauses
Thornsby erreicht haben, welcher die Lehensgrenze markiert, legen sie eine
kurze Rast ein, um dem Gequengel nachzugeben. Nach etwa zwei Jahren lagern sie
an eben jener Stelle, an welcher Jack seinem Herrn aus der Rüstung half. Die
Knappen tränken wie damals die Pferde an dem nahen Bachlauf. Nur wechseln
dieses Mal Malcom und Joan wie seit Tagen kein Wort. Beharrlich gehen sie sich
aus dem Wege. Robert und Leander sind ungewöhnlich nörgelig. Sie scheinen die
Anspannung zwischen ihnen zu spüren. Im Bemühen, ihnen etwas Abwechslung zu verschaffen,
führt Joan die Knirpse auf die kleine Lichtung. Dort wirft sie sich ins Gras
und wartet ab, bis sie bei ihr sind und sich vergnügt auf sie stürzen. Sie
tollen und balgen lachend miteinander im Gras umher. Heda stößt kläffend zu
ihnen und leckt eifrig die Gesichter ab, welche sie kriegen kann. Blanche
gesellt sich ihnen lächelnd hinzu. Vom Reiten ermattet setzt sie sich ins Gras
nieder. Sie hat etliche der gekochten Eier bei sich, die ihnen Awin noch
zusätzlich für unterwegs zukommen ließ. Sie sind insbesondere für die Kinder
gedacht, die ihrer wohl nie überdrüssig werden. Denn wie nach Ostern
üblicherweise der Fall, weiß man sich vor Eiern kaum noch zu retten, da sich
diese während der Fastenzeit gleich haufenweise ansammelten. Isa und ihre
kleine Bettlerfreundin schwirren heran und pflücken Blumen. Aidan fläzt sich
mit
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