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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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geworden, so
oft hatte sie das in den letzten fünf Tagen getan.
    Keine SMS, keine Anrufe in Abwesenheit. Nichts.
    Bevor sie Matti anrief, drückte sie auf Wahlwiederholung und sprach
auf die Mailbox.
    Â»Simon? Ich bin es noch mal, Mam. Kannst du mich bitte anrufen? Es
ist mir wirklich wichtig.«
    Â»Hey. Bist du schon wieder hinter ihm her?«
    DeeDees Stimme klang amüsiert. Janina hatte sie gar nicht kommen
gehört. Sie zog sich einen Stuhl heran, setzte sich rittlings darauf und
lächelte Janina über die Lehne hinweg an.
    Janina steckte das Handy zurück in die Tasche. Sie konnte ihren
Hader mit DeeDee nicht verbergen, wollte es auch gar nicht.
    Â»Was willst du denn hier?«, fragte sie.
    DeeDee zuckte die Achseln.
    Â»Dir Bescheid sagen. Dave hat einen Knüppel abbekommen. Keine
Nachmittagsprobe, würde ich sagen.«
    Janina verdrehte die Augen. Es würde sie wundern, wenn es das letzte
Mal war, dass so etwas passierte.
    Â»Aha. Ich schlage es an. Noch was?«
    Sie wusste nicht genau, warum sie sich DeeDee gegenüber so aggressiv
fühlte. Es musste eine Art Projektion sein, weil Simon Janina nicht an sich
heranließ, DeeDee sich aber um ihn kümmern durfte. Weil er DeeDee vertraute und
Janina nicht. Es war stinknormale Eifersucht.
    DeeDee sah ihr in die Augen. »Janina, kann ich irgendwas für dich
tun?«
    Janina machte eine ungeduldige Geste.
    Â»Wenn ich wenigstens wirklich wüsste, warum er plötzlich wegwollte.
Er wollte Geld für den Flug, er wollte sofort weg, buchstäblich sofort!«
    DeeDee legte die Arme auf die Stuhllehne und den Kopf auf die Arme,
als ob sie schlafen wollte.
    Â»Das weiß ich doch. Das hast du mir schon erzählt, Janina.«
    Â»Wenn ich ihm meine Kreditkarte gegeben hätte, dann …«
    DeeDee hob den Kopf und sah sie an, als sei plötzlich sie die
sorgende und mahnende Mutter. »Dann hätte er vermutlich was Dummes gemacht,
Süße. Wie oft soll ich dir noch sagen: Es geht ihm gut! Er will nur im Moment
gerade keinen Kontakt zu dir.«
    Janina stand auf und ging fahrig zu der Sägebank mit den
Handschellen hinüber.
    Â»Aber warum? Warum, verdammt noch mal! Darauf muss es doch eine
Antwort geben!«
    DeeDee zuckte die Achseln.
    Â»Er hat seine Gründe. Und er ist in der Pubertät.«
    Janina hatte das Gefühl, dass DeeDee ihre Überlegenheit zur Schau
stellte, und sie nahm sich vor, sich nicht provozieren zu lassen.
    Â»Ich verstehe das trotzdem nicht«, sagte sie leise.
    DeeDee stand auf und kam zu Janina herüber, legte ihr einen Arm um
die Schultern.
    Â»Ich würde dir gerne mehr erzählen, dir den Druck nehmen. Aber ich
habe versprochen … vertrau mir. Und ihm. Vertrau deinem Sohn. Er verdient es.
Er ist ein verdammt ehrlicher und guter Kerl. Okay?«
    Janina seufzte und nickte. Im Grunde hatte DeeDee ja recht. Sie
hatte schließlich ebenfalls versprochen, niemandem zu sagen, wie ernst es um
Rost stand, dass er todkrank war. Und sie würde sich ebenfalls daran halten.
    Â»Ich sag dir jetzt noch mal, was ich dir sagen kann, und dann lassen
wir das Thema ruhen, okay?«
    Janina nickte.
    Â»Also: Ich habe Simon vor meinem Zimmer gefunden. Er war fertig mit
den Nerven. Er sagte, er hätte etwas gesehen, was man nicht sehen will. Und er
müsse weg.«
    Janina nickte heftiger, die Frage brannte ihr auf den Lippen, obwohl
sie sie DeeDee bereits mehrmals gestellt hatte: Was hatte er gesehen?
    DeeDee wusste es nicht. Und Janina hatte auch nicht richtig
aufgepasst, sie hatte Simon nicht zugehört. Obwohl er Andeutungen gemacht
hatte. Über einen anderen Jungen. Über Rost. Sie hatte ihm wegen ihrer
dämlichen Schwärmerei für Dave und wegen ihrer eigenen Sorgen nicht zugehört.
Sie war selbst schuld, dass er sich an DeeDee und nicht an sie gewandt hatte.
    DeeDee streichelte Janina über den Rücken, als sie weitersprach.
    Â»Er kam mir so vor, als wäre ihm etwas Unaussprechliches zugestoßen.
Und ich fand es angebracht, erst mal einfach nur zu helfen.«
    Janina verbarg ihr Gesicht in den Händen, versuchte, die Bilder zu
vertreiben, die unweigerlich in ihr aufstiegen. DeeDee sprach weiter.
    Â»Mehr weiß ich wirklich auch nicht. Aber nach und nach bekomme ich
schon noch aus ihm heraus, was genau vorgefallen ist. Ich kann dir nur nicht
versprechen, dass ich es dir verrate, wenn er mir was sagt. Er sollte das
selbst tun, findest du

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