Die rote Halle
und
der Föhn dröhnt und dröhnt, und plötzlich erträgt sie dieses gleichförmige
Geräusch nicht mehr.
Sie wirft den Föhn weg, stöÃt ihn von sich. Kein Mann kann ihr
widerstehen, keiner! Und der Föhn tanzt durch die Luft, auf Sebastian zu, der
immer noch unter Wasser liegt, und das schwarzweiÃe Kabel ist lang, es ist lang
genug, und es ist nicht verdreht oder verknotet, und es reicht. Endlich hört
dieses Dröhnen auf. Sebastians Leib versteift sich in vollkommener, wohltuender
Stille.
Keine Sicherung knallt raus, es erfolgt keine automatische
Abschaltung. Der Föhn arbeitet, wälzt das Wasser um und um, und DeeDees Blick
fällt auf Sebastians Penis. Er ragt gerade nach oben, berührt beinahe die
Wasseroberfläche.
DeeDee richtet sich das noch nicht ganz trockene Haar, zieht ihr
Kleid an, schlieÃt ohne Hilfe den ReiÃverschluss, legt neuen Lippenstift auf
und zieht die Badezimmertür sorgfältig hinter sich zu, bevor sie nach unten
geht.
Janina wusste von dem toten Tänzer, aber sie hatte ihn praktisch
kaum gekannt.
»Joe hat ihn gefunden«, sagte Dave. »Ich erinnere mich jetzt sogar,
dass du unten auf dem Sofa gelegen hast, im Salon, als ich runtergekommen bin,
um die Polizei zu rufen. Du hast geschlafen.«
»Ich habe, ehrlich gesagt, nicht viel davon mitbekommen damals.«
»Er hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Ich, wir, er â¦Â«
Janina wusste, was Dave sagen wollte. Mit ihm hatte er also auch
eine Affäre gehabt. Gab er sich die Schuld an seinem Tod?
Sie versuchte sich zu erinnern. Sie hatte das Bewusstsein verloren,
als Rost Daves und Mariannas Verlobung verkündet hatte. Aufgewacht war sie mit
einem Verband um die Hand und einer Beule am Kopf, und ja, es war auf diesem
hellen Sofa gewesen, sie hatte an die stuckverzierte Decke gestarrt, auf die
cremefarbene Seidentapete, auf den hochflorigen Teppich vor dem Sofa und hatte
versucht, nicht mehr Janina Zöllner zu sein, sondern irgendeine junge Frau, die
aufwacht, ohne zu wissen, wer sie war. Sie musste aufhören, Dave zu lieben. Sie
musste vor allem hier fort!
Sie war aufgestanden, und als sie das Haus verlassen hatte, da waren
vom Ende der StraÃe her gerade zwei Polizeiwagen eingebogen. Und als sie in den
ersten Bus gestiegen war, der vor ihrer Nase gehalten hatte, hatte sie gesehen,
dass sie vor Rosts Haus gehalten hatten.
Der Skandal danach war weitgehend an ihr vorübergegangen. Sie hatte
sich in der Wohnung ihrer Oma verkrochen, hatte sich für Monate abgeschottet,
bevor sie Josef aufgesucht und ihn um Hilfe gebeten hatte.
»Josef hat nie davon gesprochen. Er hat alles für mich getan. Aber er
hat nie ein Wort darüber verloren.«
Plötzlich mied Dave Janinas Blick, studierte die nachtdunkle
Rückseite der Kirche, als ob es dort irgendetwas Interessantes zu entdecken
gäbe.
»Ja. Er ist nach diesem Vorfall sehr hilfsbereit geworden. Es war
sehr unangenehm für ihn.«
Janina spürte, dass Dave etwas zurückhielt, ihr nicht alles
erzählte.
»Dave, ist Rost ein Kinderficker?«
Dave wirkte alarmiert. »Warum fragst du das?«
»Simon hat ihn so genannt. Er hat den Flughafen verlassen, er ist
woanders untergekommen. Wegen Rost. Und Rost hat zugegeben, dass er, er steht
auf ⦠aber er hat geschworen, dass er Simon nichts getan hat. Simon will keinen
Kontakt zu mir. Deswegen bin ich zu dir gekommen. Ich glaube, es war ein
Fehler, ihn von dir fernzuhalten. Er steckt in einer Krise. Er braucht jetzt
einen Vater.«
Dave stand auf. »Verdammt!«
Da war schon wieder diese Wut, die sie an Dave bisher gar nicht
gekannt hatte.
»Gehen wir.«
»Wohin?«
»Es gibt einiges zu besprechen. Etliches. Ich brauche einen Kaffee.«
Dave ging voran, und diesmal folgte Janina ihm, ohne dass er sie
hinter sich herzerren musste.
Als sie an dem Gittertor vorbeikamen, blieb Janina stehen.
Nur ein Blick, um sicherzugehen. Der Teich lag jetzt in vollkommener
Dunkelheit, kein Mond erhellte ihn, und auch in den Hütten ringsum war kein
Licht.
»Janina, komm.«
»Hier war vorhin ein alter Mann. Ich dachte, er ertrinkt. Dann ist
er plötzlich wieder aufgetaucht. Ich glaube, er ist immer noch da. Irgendwas
stimmt da nicht.«
Dave trat neben sie, legte das Gesicht ans Gitter.
»Da ist ein hellerer Fleck. Da.« Janina zeigte in die Richtung.
»Hallo? Ist da unten wer im Wasser?«, rief
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