Die rote Halle
Ãlpest, die ihr die Flügel verklebte.
Rost legte die Hände an den Mund und rief laut, damit sie ihn hören
konnten da unten:
»HahNi! DeeDee will dir die Schuhe wegnehmen! Wehr dich!«
Seine Hände wollten die Schaukel wieder fassen, die sie eben noch
gehalten hatten. Aber die Schaukel war nicht mehr da. Sie war auf ihrem Weg
über den Horizont.
Rost spürte die Explosion wie eine Nova in seinem Raum. HahNi brach
zusammen, blieb liegen. Sie schien zu bluten. Phantastisch!
»DeeDee, das ist dein Einsatz!«
Aber DeeDee stand dort immer noch mit verschränkten Armen und
starrte ihn an.
»Wieso sollte ich der da helfen?«, fragte sie kalt. Ihr Kinn ruckte
in HahNis Richtung.
»Neeiiin! Nicht helfen! Schlagen sollst du sie, an den Haaren
reiÃen. Du bist wütend, du willst sie am liebsten tot sehen! Komm, ich zeig es
dir.«
Rost schnellte in seinen Körper zurück und packte HahNi an den
Beinen, schleifte sie über die Bühne, verdammt, war die schwer, die Latexhaut
blieb an ihr kleben, und das Blut von ihrem Kopf blieb an der Latexhaut kleben,
es gab eine richtige Schleifspur, Rot in Rot. Das war brillant, egal, wie
kritisch DeeDee ihn beäugte. Er schnaufte und keuchte.
»Wir brauchen die Spur so, dass man sie auch sehen kann. Breiter.«
Und seine Hände griffen zu und zogen, und dann sah er eine dritte
Hand, aber das war nicht seine, das war zumindest unwahrscheinlich. Er musste
von oben gucken, um zu erkennen, dass sie Dave gehörte. Die Hand war zur Faust
geballt. Sie traf sein schlechtes Auge.
Er fühlte etwas in seinem Kopf explodieren, alles bunt, und dann
blutig dahinter. Komisch, dass es gar nicht schwarz wurde. Schön. Bevor er auf
der Bühne zusammensackte, spürte Rost, wie er lächelte.
HahNi bewegte sich nicht, Rost bewegte sich nicht, und
DeeDee stand ebenso bewegungslos und starrte Dave an, der mit schmerzverzerrtem
Gesicht seine Faust ausschüttelte.
»Dave, wir brauchen einen Krankenwagen«, schrie Janina.
»Ich weië, sagte er und kniete sich neben Josef auf die Bühne. »Er
ist bewusstlos. Mein Telefon ist bei dir im Zimmer. DeeDee!«
Ein Lächeln spielte um DeeDees Lippen als sie Janina anblickte. »Ich
habe leider auch kein Telefon. Und von mir aus könnt ihr alle krepieren, du und
Dave und euer ScheiÃkind!«
Damit machte sie einen groÃen, ungelenken Schritt von der Bühne
hinab und verlieà die Halle im Takt ihrer hinkenden Schritte. Eins, zwei,
Pausepause, eins, zwei, Pausepause. Janina war zu perplex, um zu reagieren, sie
wartete nur auf den krönenden Tusch, das Donnern der Flügeltür, doch es kam
nicht dazu. Dave holte DeeDee ein und drehte ihr einen Arm auf den Rücken.
DeeDee schrie auf, hoch und spitz, und knallte auf die Knie.
»Mein Bein!« Sie schrie wie am SpieÃ. »Dave, mein Bein!«
Aber Dave lieà sie nicht gehen.
»Janina!«
»Was?«
»Was ist mit deinem Handy?«
Natürlich. Wie hatte sie das vergessen können! Sie hatte es, wie
immer, in der Hosentasche, wie immer lag eine Hand leicht darauf, um auf keinen
Fall zu verpassen, wenn Simon sich melden sollte. Sie wollte zum zweiten Mal in
nicht einmal zwei Wochen die Notrufnummer wählen, doch Matti, der bisher steif
wie ein Baum auf der Bühne gestanden hatte, bewegte sich plötzlich.
»Ich mach das«, sagte er und hatte bereits das Handy am Ohr.
»Sag mir, wo Simon ist«, sagte Dave gefährlich ruhig zu DeeDee.
»Andernfalls wirst du es der Polizei erklären.«
»Warum?«, sagte DeeDee mit schmerzverzerrter Stimme.
»Wir wissen beide, dass du schon zweimal in der Geschlossenen warst,
weil du dich nicht unter Kontrolle hast.«
DeeDee sah Dave auf eine Weise an, dass Janina ohne Weiteres
glaubte, dass sie in der Lage war, einen Menschen zu verletzen. Sie musste sich
setzen.
Wieso hatte Dave ihr das nicht gesagt? Wieso hatte ihr das niemand
gesagt?
»Ich verstehe nicht, wie Janina jemandem wie dir ihr Kind
anvertrauen konnte. Aber jetzt will ich wissen, wo er ist. Jetzt sofort.«
Janinas Hals war plötzlich zu eng zum Atmen, und sie hatte ein
Rauschen in den Ohren, sodass sie kaum noch verstand, was geredet wurde.
Sie hatten nicht geschlafen. Sie hatten die ganze Nacht geredet, sie
hatte ihm die gesamten sechzehn Jahre erzählt, hatte ihm das Glück geschildert,
dieses Kind zu haben, und dann, als es längst hell geworden
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