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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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so tat,
als ob er armlos in einer Schweinehaut steckte. Er hatte einen roten Kopf,
grinste schief und fühlte sich sichtlich unwohl, als HahNi ihn gnadenlos
anmachte. Rost seufzte.
    Â»HahNi! HahNi!«, rief er.
    Sie warf das Haar zurück und sah ihn an.
    Â»Was ist?«
    Â»Oh, ich bin verliebt! Mach nur weiter so, Liebste.«
    Rost lächelte. Ja, das war er wirklich. HahNi war so … energetisch.
Wütend. Rrrrrrr. Es war genau richtig gewesen, sie aus dem Bett zu holen. Sie
war viril, sie hätte ebenso gut ein Kerl sein können, ein schöner, junger Kerl.
Rost schloss die Augen und stellte es sich vor. Nein. Die Brüste störten.
    Â»Hätte ich das doch nur früher gesehen«, murmelte Rost und schaute
auf seine aufgeschwemmten, bläulichen Hände. Die sahen nicht gut aus, trotz des
schönen Lichts. Wie eine Wasserleiche. Sie waren in den letzten Tagen nicht gut
vorangekommen. Er musste sich beeilen. Wirklich, das musste er. Er würde ab
jetzt jeden Tag noch eine Nachtprobe machen. Sonst war es nicht zu schaffen.
    Wie spät war es eigentlich? Wo blieben die eigentlich alle? Er
musste es Dave sagen. Rost hob eine Hand, schnippte mit den Fingern, und der
Zauber wirkte: Die große Flügeltür der Ehrenhalle schwang auf. Auftritt Janina
und Dave. Na endlich!
    Â»Janina, schon wieder zu spät«, sagte er knapp.
    Â»Josef, es ist kurz nach sechs. Die Probe beginnt um neun«, sagte
Janina.
    Â»Wir suchen DeeDee«, sagte Dave.
    Rost seufzte. »Und, ist sie hier? – Nein. Sie kommt nicht mehr.«
    Â»Josef, wir brauchen jetzt DeeDee. Denk nach, wo sie sein könnte.«
    Rost schüttelte den Kopf.
    Â»Dave, sie ist es, glaub mir. Wenn du erst einmal mit ihr geprobt
hast, wirst du es selbst sehen. Ihr seid perfekt füreinander. Du brauchst keine
DeeDee.«
    Â»Das mag sein. Aber ich muss jetzt mit DeeDee sprechen. «
    Das war nicht gut.
    Auch deshalb nicht, weil Rost sich ziemlich sicher war, dass das
tatsächlich DeeDee war, die gerade hereinkam. Er hatte doch ganz klar gesagt,
dass er nicht mehr mit ihr proben würde.
    Â»Raus!«, bellte es aus ihm hervor, und ein blauer Finger zeigte auf
sie, folgte ihrem Weg durch die Halle. Sie kletterte unbeirrt auf die Bühne.
    Â»Raus!«
    Und sein Geist gehorchte, er fuhr aus seinem Körper heraus in die
Höhe, schnellte der Decke entgegen, die quadratische Bühne unter ihm wurde
immer kleiner. So hoch war doch die Halle gar nicht, verdammt, das konnte doch
nicht stimmen so. Rost fühlte sich, als würde er direkt in den Himmel
auffahren, und irgendwo sah er eine rote Sonne, die blendete, aber das war in
einer anderen Dimension, und darum konnte er gleichzeitig immer noch sehen, was
da unten geschah, und er konnte zusehen, wie sein Körper etwas tat, was er
zutiefst wollte: Seine blau verfärbten Hände griffen die waffenstarrende
Kinderschaukel, die von der Decke hing, die Hände zogen die Schaukel zurück.
Ließen los.
    Und die Schaukel schwang so wunderschön diagonal über die Bühne,
direkt auf DeeDee zu, das sah so lässig aus, so majestätisch ruhig, und war so
höllisch gefährlich. Wie die Sonne, die von Horizont zu Horizont zog. Und
eigentlich war das ja doch viel zu schnell so, das dauerte höchstens drei
Sekunden von Tag bis Nacht. Kein Wunder, dass er mit der Inszenierung nicht
fertig wurde. Und DeeDee wich einfach aus. Mist.
    Seine Hände fingen die Schaukel, als sie zurückschwang, zogen sie
weiter, weiter, bis zum äußersten Rand der Bühne, um den Tag länger zu machen.
Sein gutes Auge spähte daran vorbei, während sein schlechtes Auge von oben
zusah.
    Â»DeeDee. Du. Störst. Die. Probe.«
    War das seine eigene Stimme? So klar und blau, so herzzerreißend
kalt? Herrlich!
    Â»Wie meinst du das?«, fragte DeeDee.
    Â»Du bist raus. HahNi ist drin.«
    Â»So«, sagte sie.
    Mehr nicht.
    Mein Gott, die stand einfach auf der Bühne und grinste. Verschränkte
Arme. Bewegungslos. Das war doch Mist.
    Aber er hatte schon eine Idee. Zuerst mal müssten DeeDees Hände in
HahNis Haare. HahNi könnte stolpern. Ein Absatz bricht ab. Weiber, die sich um
die roten Schuhe balgen. Schlammcatchen auf hohem intellektuellem Niveau. Genau
das brauchte er. DeeDee reißt an HahNis Haaren, das war gut, Rost konnte die
Büschel förmlich sehen, die zwischen ihren Fingern hindurchquollen wie frisches
Erdöl, wie eine

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