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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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finstere Tiefen riss, eine schwindelerregende
Fahrt in die reine Existenz.
    Danach lagen sie im Laub vom letzten Jahr und rauften wie zwei
Kinder auf dem Schulhof, bis sie zerkratzt und lachend innehielten.
    Â»Ich hatte echt vergessen, wie unglaublich du bist«, sagte Dave und
strich Janina zärtlich ihr weißblondes Babyhaar aus der Stirn.
    Â»Ich habe nie vergessen, wie unglaublich du bist«, gab Janina
zurück.
    Â»Aber ich habe eine Entschuldigung«, sagte Dave.
    Janina setzte sich auf, schüttelte ihr T-Shirt aus, an dem Erde und
Laub hingen, und zog es über.
    Â»Ich weiß nicht, ob ich sie hören möchte.«
    Â»Bitte, hör sie dir an. Es ist mir wichtig.«
    Gut. Das würde jetzt auch nichts mehr ändern. Janina nickte.
    Auch Dave zog sein T-Shirt wieder über, und Janina empfand leichtes
Bedauern, als seine breite Brust unter dem Stoff verschwand. Hatte sie diesen
Mann wirklich die ganzen Jahre geliebt? Liebte sie ihn jetzt? Sie wusste es
nicht.
    Â»Du weißt, dass damals einer der Tänzer Selbstmord begangen hat?«
    Â»Sebastian?«
    Dave nickte. »Ich war ziemlich durch den Wind. Genau wie Joe.«
    1996, Premierenfeier La Cenerentola. DeeDee
geht nicht, sie fliegt die Treppen hinauf, sie ist in einem Schwarz-Weiß-Film.
Mit aufgemalten Brauenbögen und dunklem Mund. Der Schweiß der Aufführung klebt
an ihr wie eine Trophäe, und sie fühlt sich wie eine Diva, eine Femme fatale.
Kehliges Lachen, vernichtender Blick, und so abgrundtief schön! Sie wird den
Schweiß lassen, wo er ist. Nur die Haare muss sie waschen vor der Feier. Josef
Rosts Bad ist im ersten Stock am Ende des Flurs, eine unschuldige, cremefarbene
Tür.
    Das Badezimmer steht unter Dampf. Weiße Schwaden ziehen zur Tür
heraus, dazwischen blitzen Messingarmaturen, Rosts altmodische Brillantine
steht auf dem Waschbeckenrand, und der silberne Föhn mit dem schwarz-weiß
umwebten Kabel hängt an einem Haken. Sie riecht Rasierseife und Badeschaum. Ein
männlicher Geruch.
    Â»Sebastian? Was machst du denn hier?«
    Er hält ein dickes, schwarzes Tagebuch in der einen Hand, einen
Kugelschreiber in der anderen. Sein Haar klebt an der Stirn, seine Knie ragen
aus dem Badewasser, die haarlose Brust ist gerötet. Er klappt sein Buch zu und
legt es sorgsam auf den Hocker neben der Wanne.
    Â»Baden. Offensichtlich.«
    Das Wasser muss fünfzig Grad heiß sein, neuer Schweiß mischt sich
mit dem alten auf DeeDees Rücken, und sie wischt sich mit der Hand über die
Stirn.
    Â»Das geht jetzt aber nicht!«
    Â»Doch, es geht. Könntest du nun wieder rausgehen?«
    Â»Aber ich muss mir die Haare waschen.«
    Warum macht Sebastian keinerlei Anstalten, die Wanne zu räumen? Er
sieht sie nicht einmal an. Der Schweiß beginnt zu laufen und zu jucken.
    Â»Erstickst du nicht?«
    DeeDee öffnet das quadratische Sprossenfenster, atmet ein paar Züge
frische Luft, betrachtet die alten Eichen in dem parkähnlichen Garten. Wie viel
diese Villa wohl gekostet haben mag? Ob Rost das ganze Geld nur durch seine Arbeit
als Regisseur und Choreograph hat, oder ob er noch andere Geschäfte am Laufen
hat?
    Sie dreht sich zu Sebastian um.
    Â»Los jetzt, raus da, ich muss mir die
Haare waschen.«
    Â»Und ich muss baden.«
    Â»Wenn du nicht rausgehst, schmeiß ich dein Buch in die Wanne.«
    Zum ersten Mal sieht er sie an.
    Â»Das würdest du tatsächlich tun.«
    Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung, und DeeDee nickt.
    Sicher würde sie es tun. Warum auch nicht?
    Sebastian stößt einen Seufzer aus.
    Â»Na schön. Häng dich rüber, ich wasch sie dir.«
    Â»Aber nicht, dass du mein Kleid nass machst.«
    Er zuckt die Achseln. »Zieh’s halt aus.«
    DeeDee lächelt. Ach, so läuft das also. Sie tritt vor die Wanne,
dreht ihm den Rücken zu.
    Â»Mach mal auf, ja?«
    Er öffnet den Reißverschluss, und sie lässt das Kleid fallen und
steht da, in Slip, halterlosen Strümpfen und ihren neuen, schwarzen
Lacklederpumps, in einer perfekten Pose, sie spürt seinen Blick auf der
eleganten Linie ihres Rückens. Langsam steigt sie aus dem Kleid, hebt es auf,
hängt es an einen Handtuchhaken, ihr Körper unter Spannung, die Bewegungen
zugleich kraftvoll und lasziv, sie spürt die Blicke auf ihren Brüsten, ihren
Beinen. Sollte sie den Slip auch noch ausziehen?
    Nein, das wäre zu

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