Die Rote Spur Des Zorns
kamen Duane und Kevin angerannt. Clare hörte die rauen Stimmen, konnte jedoch nichts verstehen. Russ sank in die Hocke, um Malcolm direkt anzusprechen. Sie war nicht sicher, aber es schien, als weinte der Jüngere. Sie wandte sich ab. Sie wollte nichts mehr davon sehen, und erst als das Knirschen dicker Stiefel auf dem Straßensplitt ertönte, merkte sie, dass Russ zurückkam.
Sie blickte auf. Noble bugsierte Malcolm gerade in das Polizeiauto, und noch während sie hinschaute, begann sich das Rotlicht auf dem anderen Streifenwagen zu drehen, und Kevin und Duane brausten davon, Richtung Stadt. Als Russ die Tür aufmachte, sah sie ihn an.
»Er behauptet, seine Tante wäre noch da, er hätte ja ihren Wagen.« Russ kniff sich beim Einsteigen in den Nasenrücken. »Angeblich weiß er nicht, wo sie steckt. Die Einzigen, zu denen sie hingefahren sein könnte, wären seines Wissens seine Mutter und ihre zweite Schwester. Leben beide weit weg, auf der anderen Seite des Bundesstaats. Allem Anschein nach wurde sie von einem Freund oder einer Freundin abgeholt.«
Er stieg hinter den Lenker und lehnte sich an die Kopfstütze. »Wir haben eine Fahndung nach ihr veranlasst, aber das bringt uns kein bisschen weiter, solange wir das gottverdammte Fahrzeug nicht kennen. ’tschuldigen Sie den Kraftausdruck.«
»Ob sie mit einem Leihwagen unterwegs ist?«
»Das war auch mein erster Gedanke. Der nächste Autoverleih ist der Ford-Händler drüben in Fort Henry. Ich habe Duane und Kevin schon losgeschickt, um die Sache zu überprüfen.«
Officer Entwhistles Fahrzeug erwachte zum Leben. Er fuhr vom Straßenrand weg und winkte Russ durch das Fenster zu. Dann entfernte er sich Richtung Stadt.
»Wir brauchen jemanden, der diesen Volvo sicherstellt«, sagte Russ müde. »Unsere Einheit ist momentan so verdammt überlastet, dass ich die State Troopers zu Hilfe holen muss. Gott, wie ich das hasse.« Er griff nach seinem Zündschlüssel und ließ den Motor an. »Besser, wir fahren noch mal zu Peggys Haus und beginnen, ihr Telefonverzeichnis durchzuklingeln. Vielleicht finden wir ja eine Freundin, die heute ganz zufällig wegfahren wollte.«
Clares Gedanken kehrten zu der gestrigen Party zurück. Zu ihrem Platz auf dem Sofa, während sich ringsum die Gäste tummelten. Zu Hugh Partegers ungläubigem Gesichtsausdruck. Zum Duft von Schwarzer Johannisbeere und Hühnchen auf thailändische Art. Zu Peggys Bemerkung: »John Opperman fliegt morgen Nachmittag nach Baltimore und kommt erst Dienstag zurück.«
»Ich weiß, wo sie ist.«
Russ sah Clare an. »Nein, wirklich. Ich weiß, wo sie ist. John Opperman wollte heute Nachmittag wegfliegen. Ich wette, sie hat ihn angerufen und gebeten, sie mitzunehmen. Ich wette, er würde keine unnötigen Fragen stellen.«
Russ fuhr sich mit einer Hand über den Kopf, sodass seine schweißverklebten Locken sich in alle Richtungen aufstellten. »Nein, das würde er wohl nicht. Eine kleine Reise auf Geschäftskosten.« Er schlug mit seinem Handballen auf den Lenker. »Verdammt, diese Frau schaltet wirklich schnell. Mit einer Fahndungsmeldung kriegen wir die nicht, weil sie ja gar nicht mit einem Pkw unterwegs ist. Oder sie kauft sich irgendwo ein Ticket.« Er legte den ersten Gang ein und bog auf die Straße. »Wissen Sie, um wieviel Uhr Opperman fliegen wollte?«
»Sie sagte lediglich, heute Nachmittag. Und dass er nach Baltimore will.«
Russ wendete scharf nach links und gab Vollgas. »Wenn ich die Schleichwege nehme, kann ich in zwanzig Minuten am Flughafen von Glens Falls sein.« Er sah blitzschnell zu Clare. »Sie haben nicht zufällig Ihr Handy dabei?«
»Das liegt in meinem Wagen. Tut mir leid.«
»Macht nichts. Wenn die beiden noch da sind, dann können wir sie aufhalten. Und wenn nicht, dann müssten sie bei der Flugaufsicht doch ihr Ziel angegeben haben, stimmt’s?«
»Er hätte einen Flugplan ausfüllen müssen, ja. Und wenn er nach Instrumenten fliegt, wird er von einer Leitstelle zur anderen weitergeführt. Sie können also anrufen und dafür sorgen, dass man Peggy bei ihrer Ankunft gebührend empfängt.« Clare packte ihren Türgriff, als Russ auf einen weiteren unbeschilderten Asphaltweg bog. Vorbei an Sumachdickicht und alten, verwilderten Apfelplantagen hüpften und rumpelten sie durch Schlaglöcher. »Wissen Sie, ich trete ja selbst gern aufs Gas, aber das hier –«
»Halten Sie sich fest.« Er schwenkte auf eine einspurige Brücke. Stahlplatten machten ka-tschunk, ka-tschunk,
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