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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Falls.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Er ist in einem ziemlich schlimmen Zustand. Sie nehmen sich gerade seine Milz vor, die ist gerissen, aber möglicherweise sind auch Niere und Leber geschädigt.«
    Clare neigte den Wecker in ihre Richtung. Halb neun. »In einer Dreiviertelstunde bin ich da.«
    »Oh, vielen Dank, Reverend. Ich weiß, Trishs Verwandte sind keine großen Kirchgänger, aber ich glaube, sie brauchen jetzt … wir alle brauchen jetzt ein bisschen …« Er geriet ins Stocken. »Vielen Dank.«
    Auf dem Schlachtfeld gibt es keine Atheisten, dachte Clare, und in letzter Zeit treffe ich viele Leute, die sich auf dem Schlachtfeld befinden. Sie musste dem Küster und dem Organist Bescheid sagen, dass die Hochzeit ausfallen würde, sie brauchte jemanden, der die Gäste in Empfang nahm, musste die Floristin informieren, dass – o nein! Wenn die Hochzeit ausfiel, musste jemand von der Gruppe, die für den Blumenschmuck zuständig war, am Sonntag improvisieren …
    Aber trotz der Flut von praktischem Kleinkram, der ihr durch den Kopf wirbelte, konnte sie nicht umhin, sich zu fragen: War es ein schrecklicher Zufall, dass Millers Kill innerhalb von zwei Tagen zwei Gewalttaten dieser Art erlebte? Oder bestand zwischen dem Überfall auf Trishas Bruder und dem auf Emil Dvorak irgendeine Verbindung?

    Das Wartezimmer des OP-Bereichs war voll mit ängstlichen, aufgeregten MacPhersons. Die Braut in spe saß zusammengekauert auf einem Sofa in der Ecke und umklammerte die Hände ihrer Mutter. Der Bräutigam massierte seiner Verlobten den Nacken, während der Brautvater stocksteif dasaß und in einer zwei Jahre alten Nummer von Field & Stream blätterte. Die Hälfte der niedrigen Kunstledersessel wurde von Personen eingenommen, die Clare gestern Abend beim Probedurchlauf für die Trauung gesehen hatte. Manche schauten einen CNN-Bericht über einen drohenden Fluglotsenstreik an; andere blätterten nervös in Illustrierten. Der Brautführer hatte dem Fernseher, der an die Wand montiert war, den Rücken zugekehrt und führte ein leises Telefonat auf dem Handy. Als Clare eintrat, blickten sie alle auf und stießen dann einen kollektiven Seufzer der Erleichterung oder der Enttäuschung aus.
    Clare ging zu Trisha und deren Familie, bekundete ihnen ihr Mitgefühl und nahm Platz, um sich anzuhören, was sie auf dem Herzen hatten. Kurt berichtete ihr noch einmal, wie man Todd heute Morgen bewusstlos in seiner Videothek gefunden hatte. Trish erzählte Clare von dem Auftrag an ihren Bruder, die Kerzen abzuliefern. Von Mrs. MacPherson hörte Clare, was für ein liebenswerter, guter Junge Todd sei, und Mr. MacPherson murmelte etwas von einer Schrotflinte als der besten Lebensversicherung. Clare trat zu Tim, dem Bruder, der Todd gefunden hatte. Er war ein junger Mann mit sanfter Stimme, der immer wieder besorgte Blicke nach seiner offenkundig schwangeren Frau warf und der das Pferd von hinten aufzäumte: Er berichtete nämlich von der Abbestellung des Partyservice, schilderte dann seine Gespräche mit der Polizei am Tatort und kam zuletzt zu der Entdeckung des schwer verletzten Opfers. »Denen kann ich es nicht erzählen«, sagte er, auf seine Eltern und seine Schwester deutend. »Die haben ihn nur gewaschen und zugedeckt gesehen, vorbereitet für die Operation.« Tränen stiegen ihm in die Augen. »Aber, o Gott, ich muss pausenlos daran denken, wie er aussah.«
    Nach ungefähr einer Stunde erschien ein Arzt mit einem Bericht aus dem Operationssaal. Todds Milz sei entfernt worden, seine Leber war unbeschädigt. Es sei möglich, dass später Probleme mit der Nierenfunktion aufträten, aber das müsse man einfach abwarten. Momentan werde die Operationswunde zugenäht, und in Kürze käme der Chirurg mit weiteren Informationen. Jawohl, Todd werde auf jeden Fall überleben; er sei jung und gesund und müsse eigentlich bald wieder auf die Beine kommen.
    Im Anschluss daran entspannte sich die Stimmung ein wenig, und als die Tür erneut aufging, sahen alle zuversichtlich aus; aber es war kein Chirurg, der erschien, sondern ein Polizist. Sein kurzärmeliges Uniformhemd steckte in einer Jeans, und statt gut geputzter brauner Herrenschuhe trug er Sneakers. Clare vermutete, dass sie die Einzige im Raum war, die wusste, dass er am Sonntagvormittag normalerweise freihatte. Als er sie entdeckte, zog er verblüfft die Brauen hoch. »Mr. und Mrs. MacPherson? Ich bin Russ Van Alstyne, der Polizeichef.«
    Mrs. MacPherson hielt sich am Arm ihres Mannes fest,

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