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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Privatpatientenzimmer.
    Sie hatte erwartet, Verwandte anzutreffen – seine Schwester Trish war ja auch da –, und vielleicht jemanden von der Polizei – von der niemand da war –, doch zu ihrem Erstaunen sah sie zwei Männer, deren teure Kleidung sie eindeutig als Ortsfremde verriet, und einen Fotografen, der fünfzig Pfund Kamerazubehör um den Hals trug.
    Trish, die auf einem Stuhl in der Ecke saß, bemerkte Clare als Erste und winkte ihr.
    »Ich möchte nicht stören«, antwortete Clare zögernd.
    »Nein, ist schon gut«, sagte die junge Frau. »Todd, du erinnerst dich doch an Reverend Clare? Die Kurt und mich trauen wird. Sie war Samstag bei uns im Wartezimmer, während du operiert wurdest.«
    Todd, der auf einem Berg Kissen lag, war eine einzige Ansammlung von Beulen und Blutergüssen, strahlte aber unerwartet viel Energie aus. Einer der Vorteile, wenn man vierundzwanzig war, schätzte Clare. »Hi, Reverend!«
    »Ich wollte nur mal vorbeischauen, wie es Ihnen geht«, sagte sie, während sie seine ausgestreckte Hand schüttelte. »Sie haben Ihrer Familie einen ganz schönen Schreck eingejagt.«
    »Was glauben Sie, dass es für mich war?«
    Einer der gut gekleideten Männer, ein Blonder mit heller Haut, der Clare angestarrt hatte, schnippte mit den Fingern. »Clare Fergusson!«, rief er.
    Sie sah ihn verwundert an. »Richtig.«
    »Sie sind diejenige, die Bill Ingraham gefunden hat.«
    »Oh, das war lediglich –«
    »Nils Bensen.« Er schüttelte ihr die Hand. »Und das ist mein Kollege Adam Coppela.« Coppela war ebenfalls blond, der Farbe seiner Haut und Augenbrauen nach allerdings eher durch unbeirrbaren Willen als durch genetische Veranlagung.
    »Sie sind von ›Adirondack Pride‹«, erklärte Todd, übers ganze Gesicht strahlend. »Nächsten Monat bin ich auf der Titelseite ihrer Verbandszeitschrift.«
    »Richtig«, bestätigte Bensen. »Todds Geschichte verdeutlicht die schrecklichen Konsequenzen, die es hat, wenn man sich blind den Normen und Zwängen der Hetero-Gesellschaft unterwirft.«
    Coppela legte seine dicken Finger auf Todds Schulter. »Der Junge hier hat versucht, unter dem Radar durchzufliegen, keinen Anstoß zu erregen –«
    »Ein verheißungsvoller jugendlicher Geschäftsmann und Steuerzahler –«
    »Und was passiert? Wamm!« Coppela schlug sich in die Handfläche. Clare und Trish zuckten zusammen. »Man prügelt ihm die Scheiße aus dem Leib. Du kannst dich verstecken, aber du kannst nicht weglaufen.«
    »Ich soll auf ihrer nächsten Regionalkonferenz sprechen«, sagte Todd.
    »Du bist unser Stargast!«, rief Bensen und lächelte auf Todd hinab wie ein Football-Trainer, der sein Mannschafts-Ass betrachtet. Dann sah er wieder zu Clare auf. »Seit Bekanntwerden dieser Sache haben wir dreimal so viele Spendenanrufe bekommen wie sonst.«
    »Oh«, sagte sie. »Das ist ja großartig.«
    »Vielleicht können wir Sie ja interviewen, als Begleitartikel zu dem Bericht über Todd«, meinte er und malte eine Schlagzeile in die Luft. »Kirchenvertreterin tritt gegen Homophobie an.«
    Clare hob ihre Hände. »Ich fungiere nicht als Kirchenvertreterin. Ich weiß nicht mal, ob ich meine Pfarrgemeinde vertrete. Wenn Sie eine Erklärung haben wollen, dann wenden Sie sich doch an die Diözesanstelle in Albany.«
    »Die ist aber nicht so sexy wie eine junge hippe Priesterin mit –« Bensen unterbrach sich. Etwas Nachdenkliches trat in seinen Blick. »Sie sind nicht zufällig lesbisch oder so?«
    »Nein!«, entgegnete Clare und bereute ihre Entschiedenheit auf der Stelle. »Ich meine … mein Sexualleben ist Privatsache.« Bensen schien höchst interessiert. Sie fühlte, dass ihre Wangen erröteten. »Das heißt, wenn ich ein Sexualleben hätte. Was nicht der Fall ist. Ich lebe sexuell enthaltsam – zölibatär.«
    »Und, sind Sie gut darin?«, entgegnete Coppela.
    »Tut mir wahnsinnig leid, dieses faszinierende Gespräch zu unterbrechen, aber wenn Mr. MacPherson ein paar Minuten für Ms. Nguyen von der Staatsanwaltschaft des Bezirks erübrigen kann …« Clare schnellte herum und stellte fest, dass sie zu Recht die Polizei hier erwartet hatte. Chief Van Alstyne stand in der Tür. Mit hochgezogenen Brauen sah er zu Todd. »Sie will Ihnen ein paar Fotos vorlegen. Vielleicht können Sie die Täter identifizieren.« Er durchbohrte das Duo von Adirondack Pride mit seinem Blick und wies zur Tür. Clare ließ den beiden Männern den Vortritt. Beim Hinausgehen begegnete sie einer zierlichen Frau, die dicke

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