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Die Rueckkehr

Die Rueckkehr

Titel: Die Rueckkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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– er war groß und schlank und hatte zerfurchte Gesichtszüge und einen langen weißen Schnurrbart, und jetzt, da er nicht mehr bei der State Patrol war, trug er seine ergrauten blonden Haare eher lang. Also tat Charlie Danziger, der sich gern als Original betrachtete, im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten, was er konnte, um diesem Eindruck entgegenzuwirken.
    An diesem Nachmittag wirkte er dem Sam-Elliott-Effekt entgegen, indem er auf der Veranda seiner Ranch am Fuß der Belfair Range saß, seinen Pferden dabei zusah, wie sie vor dem Haus den Hügel hinuntergaloppiert kamen, und dabei einen italienischen Pinot Grigio trank, einen blumigen Weißwein aus dem Val d’Adige, der dem echten Sam Elliott, davon war Danziger überzeugt, nicht einmal als Aperitif bei einem Grillabend gut genug gewesen wäre.
    Die Anti-Sam-Elliott-Wirkung wurde dabei leicht dadurch abgeschwächt, dass er ein sauberes weißes Hemd und ein paar von echtem Sonnenlicht ausgeblichene Boot-Cut-Jeans trug, dazu die abgetragenen blutbefleckten dunkelblauen Lucchese-Cowboystiefel, für die er in seinen Exzentrikerkreisen berüchtigt war.
    Die Mittagsstunde dieses gemütlichen Donnerstages in Cullen County verging und glitt nach Westen davon – und die Sonne legte einen weichen Herbstglanz auf die Belfair Range hinter ihm und auf das schwarze Fell der sechs Tennessee-Walker-Morgan-Cross-Pferde, die er frei auf dem Hügel herumlaufen ließ. Ein herrlicher Anblick, einzig von dem hellbraunen Wagen des Sheriffs Department getrübt, der jetzt in ungefähr einer Meile Entfernung die kleine Straße herunterkam.
    Danziger beugte sich auf dem alten Holzstuhl vor, auf dem er saß, und ächzte dabei, weil die Schussverletzung rechts an der Brust ihn noch immer ein wenig piesackte, selbst nach so vielen Monaten. Vielleicht hätte er sich die Kugel lieber von einem Arzt in der Notaufnahme herausnehmen lassen sollen und nicht von einem italienischen Zahnarzt namens Donnie Falcone.
    Aber da seine Brustverletzung von einem Schuss aus der Waffe eines Mannes herrührte, mit dem er gerade einmal zwei Stunden zuvor die First Third Bank in Gracie ausgeraubt hatte, war Danziger der Auffassung, dass es nicht klug gewesen wäre, in die Notaufnahme zu gehen.
    Danziger war dem Typen, der ihn angeschossen hatte, nicht böse, weil dieser Typ, ein einigermaßen anständiger Kerl namens Merle Zane, nur deshalb auf ihn geschossen hatte, weil Danziger ihn zuerst getroffen hatte, und das auch noch in den Rücken.
    Danziger beugte sich auf seinem Stuhl vor, schenkte sich ein frisches Glas Wein ein und behielt die Staubfahne des County-Polizeiwagens im Auge, der immer näher kam. Er wurde jetzt langsamer, kurz vor der Abzweigung auf den langen Schotterweg zu Danzigers Haus, der sich eine Viertelmeile über den grasbestandenen Abhang schlängelte.
    Das Kennzeichen konnte er aus dieser Entfernung noch nicht ausmachen. Vielleicht nur ein Höflichkeitsbesuch. Als Ehemaliger der State Patrol stand Danziger mit den örtlichen Strafverfolgungsbehörden auf gutem Fuß und ging mit Marty Coors, Jimmy Candles und Boonie Hackendorff, mit denen er in der National Guard in der gleichen Einheit diente, sogar unten in Canticle Key angeln.
    Aber trotzdem …
    Er griff zum Winchester-Stutzen, der neben ihm an der Wand lehnte. Er musste ihn nicht spannen, damit eine Kugel im Lauf war. Das machten sie bloß im Kino, vor allem weil es so schön klang.
    Eine ungeladene Waffe ist ein Briefbeschwerer , hatte seine Mutter selig immer gesagt, meistens wenn sie selbst geladen hatte.
    Er entsicherte das Gewehr, seufzte tief, stand ächzend auf, trat an den Rand der Veranda, stellte das Glas auf dem Geländer ab und richtete den Lauf der Winchester am Saum seiner Hosenbeine nach unten.
    Er kniff die Augen ein wenig zusammen, geblendet, weil die Sonne sich in der Windschutzscheibe des Polizeiwagens spiegelte, als dieser in die letzte Kurve ging, den Abhang hinaufkam und mitten im Wendekreis anhielt.
    Aus der Nähe konnte Danziger den Wagen an seinem Kennzeichen erkennen. Es war Cokers Dienstwagen. Coker war Staff Sergeant im Sheriffs Department des County.
    Coker stammte aus Billings. Danziger war aus Bozeman. Vom Alter her lagen sie ein Jahr auseinander, Coker war zweiundfünfzig und Danziger dreiundfünfzig. Sie hatten sich vor langer Zeit bei den Marines kennengelernt und standen einander so nahe, wie das bei zwei griesgrämigen, zweimal geschiedenen Cops möglich war. Danziger hielt die Winchester

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