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Die Rueckkehr

Die Rueckkehr

Titel: Die Rueckkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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hätte, wohin er sich seinen Streifenwagen stecken könne, und das wäre nicht gut angekommen.
    Sie sahen ihn den langen düsteren Flur herunterkommen, ein großer schlanker Schatten in schwarzem T-Shirt und Jeans, der immer wieder in die Lichtkreise aus den Lampen in der Decke trat; sie hörten seine Stiefel fest auf die Steinfliesen knallen.
    Er kam an die Stahltüren, vor denen Boonie und Nick warteten, und stand dort im Licht: ein ansehnliches, aber auch kantiges, fast brutales Gesicht, die tiefliegenden Augen im Schatten, das lange schwarze Haar hinter die Ohren zurückgebunden, der Mund ein schmaler Strich, die Hände an der Hosennaht.
    »Nick. Wie gehts?«
    Nick lächelte.
    »Bin ein bisschen durchgewalkt worden. Selber schuld.«
    »Hab gehört, der Bus hat ein Reh angefahren.«
    »Einen Hirsch.«
    »Groß?«
    »Ausgewachsen. Fahrer und Wachbegleitung waren sofort tot. Mit dem Laster war es vorbei und ich bin hier wieder aufgewacht. Boonie stand über mir und weinte bittere Tränen.«
    Boonie schnaubte, sagte aber nichts.
    »Ich habe Reed am Eingang gesehen. Wie geht es ihm?«
    »Nicht so gut. Es gibt eine Anhörung, und bis dahin hat Marty Coors ihn kaltgestellt.«
    »Ich habe das Video gesehen. Er hatte Glück, dass er da lebend rausgekommen ist.«
    »Andere hatten da weniger Glück«, sagte Boonie. »Du willst das wirklich machen?«
    »Hier bin ich«, sagte er, wobei er Nick anblickte und nicht Boonie, dessen Miene ebenso versteinert war.
    »Wo ist der Typ?«
    »Da drin«, sagte Nick und schlug auf den Stahlknopf. Zischend fuhren die Türen auf und Nick nahm sie mit in den Aufbewahrungsbereich. Boonie als Letzter rein, als wäre Lemon schon in Gewahrsam. Sie versammelten sich vor Schubfach 19.
    Nick blickte Boonie an, der die Tür öffnete und das Schubfach auszog. Er zog die Plastikplane ab wie ein Matador, der sein Cape schwingt. Falls er erwartet hatte, dass Lemon vor Schreck in Ohnmacht fiel, dann hatte er sich getäuscht.
    Lemon stand da, die Hände über dem Gürtel gefaltet, mit unbewegtem Gesicht, und hörte sich an, wie Nick, mit gelegentlicher Unterstützung von Boonie, die Einzelheiten des Autopsieberichts nebst der dazugehörigen gerichtsmedizinischen Erkenntnisse ausbreitete.
    Als er fertig war, blickte Lemon Nick über das Schubfach hinweg an.
    »Das ist er. Das ist der Typ.«
    Boonie seufzte und stützte die Hände in die Hüften.
    »Dass er tot ist, ist dir klar, oder?«
    Lemon blickte ihn ungerührt an.
    »Ja. Ist es.«
    »Und du glaubst uns, wenn wir dir sagen, dass dieser Typ hier, als du ihn im Flur vor Raineys Krankenzimmer gesehen hast, seit ungefähr zwanzig Stunden tot war?«
    Lemon nickte und wartete auf den Rest.
    »Und? Hat ihn sonst noch jemand gesehen?«
    »Kann sein«, sagte Lemon. »Habt ihr mal rumgefragt?«
    Boonies Gesicht lief rot an.
    »Das ist sechs Monate her. Ich habe eben erst davon erfahren.«
    »Dann wissen Sie es jetzt ja. Und Sie sind gleich hier im Krankenhaus. Gehen Sie die Leute auf dem Stockwerk befragen. Und am Empfang. Ich warte hier.«
    »Nur auf dein Wort hin?«
    Lemon zuckte die Achseln.
    »Mir ist das alles egal, Agent Hackendorff.«
    Boonie ging in die Luft.
    »Hör mal, Featherlight, ich kann dir das Leben …«
    Nick unterbrach ihn.
    »Jetzt schalt hier nicht auf stur, Boonie. Lemon ist ein guter Typ. Ich weiß, er sagt Sachen, die du nicht hören willst … Ich habe dir meinen Teil auch nur ungern erzählt …«
    Lemon blickte Nick an.
    »Welchen Teil hast du ihm erzählt?«
    Nick gab ihm einen Abriss: Wie Rainey nach dem Aufwachen Merles Namen auf den Lippen hatte und von Glynis Ruelle sprach. Die Nachricht hinter dem Spiegel. Als er fertig war, blickte Lemon ihn weiter an, und die Frage stand ihm deutlich in die hellgrünen Augen geschrieben.
    Nick schüttelte den Kopf.
    »Nein. Den Rest nicht.«
    Boonie stöhnte auf, trat einen Schritt zurück und blickte sie beide an.
    »Den Rest ? Da ist noch mehr?«
    Nick und Lemon tauschten einen Blick, und dann wandten sie sich beide Boonie zu.
    »Ja«, sagte Nick. »Da ist noch mehr. Willst du es hören?«
    Boonie sagte eine Weile gar nichts und starrte die Leiche auf dem Stahlbrett an.
    »Klar«, sagte er mit einem plötzlichen Lächeln. »Na ja, noch abgedrehter kann es ja nach diesem ganzen irren Zeug nicht werden, oder?«
    Nick meldete sich aus dem Krankenhaus ab, obwohl die Ärzte und Schwestern jaulten – Verdacht auf Gehirnerschütterung – Gefahr eines Blutgerinnsels – innere Blutungen –,

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