Die Rueckkehr
und sie fuhren in Boonies schwarzem Crown Vic über den Fluss ins Pavilion, ein Restaurant und Einkaufszentrum auf der Zedernholz-Promenade, die sich in einer weiten Kurve am Fluss entlangzog.
Es war ein warmer und klarer Tag mit einem scharfen Hauch Herbst im Wind. Der Tulip brauste am Geländer vorbei, ein tiefes rumpelndes Zittern, als er um die Pfähle donnerte. Hinter dem Geländer schimmerte das Sonnenlicht auf den schäumenden Wassern. Die Ufer waren dicht mit Bougainvilleen bestanden, und dicke Büschel Pampasgras wogten im Wind. Flussaufwärts leuchteten die Weiden von Pattons Hard wie von innen.
Sie bekamen einen runden Tisch unter der Markise der Bar Belle, eine hübsche Kellnerin im Retro-Look der Vierzigerjahre mit der dazu passenden Figur nahm ihre Bestellung auf – Bier, Bier, Nachos und eine Karaffe Chianti – und lächelte Lemon beim Gehen zu. Boonie streckte eine Hand in die Luft.
»Stopp. Ich will nichts Komisches mehr hören, bevor ich nicht ein Becks intus habe.«
Und so saßen sie da und warteten, in beklommenem Schweigen, bis kurz darauf ein Handy klingelte. Wie üblich klopften alle reflexhaft ihre Taschen ab, bis Nick sein Teil in der Hand hielt.
KATE
»Okay, ich bin ein toter Mann«, sagte Nick.
Das Handy klingelte weiter, schrill und beharrlich. Er hatte grausame Kopfschmerzen und die Fraktur in seinem … seinem was? Seinem Überaugenwulst? Die tat jedenfalls auch weh. Vielleicht war es keine so gute Idee gewesen, sich aus dem Krankenhaus abzumelden, ohne vorher bei Kate anzurufen. Und was Kate sagen würde, wenn sie davon hörte, wäre wahrscheinlich das Ende seiner Manneskraft. Er würde es gleich genauer wissen.
»Hallo, Kate …«
»Wo bist du?«
»Ich bin in der Bar Belle, mit …«
»Ich bin in zwanzig Minuten da.«
»Okay, Süße, hör mal, ich wollte dich gerade anrufen …«
Die Leitung war tot.
Er legte das Telefon auf den Tisch. Die beiden anderen Männer blickten erst einander und dann Nick an.
»Kate?«, fragte Lemon.
Nick nickte. Ein verständnisvolles Schweigen folgte. Die Getränke kamen und er nahm einen tiefen Schluck Wein.
»Wir hätten sie warnen sollen«, sagte Boonie.
»Sie ist auf dem Weg hierher.«
Boonie verzog das Gesicht.
»Scheiße. Jetzt gleich?«
»In zwanzig Minuten … Die bringt mich um. Sie hat mir gesagt, dass ich nirgendwo mit dir hindarf. Ich bin ein toter Mann.«
Lemon grinste ihn hämisch an.
»Zum Abhauen ist noch Zeit genug. Vielleicht schaffen Sie es sogar bis an die kanadische Grenze.«
Boonie ignorierte ihn, hob sein Becks an die Lippen, nahm einen tiefen Zug und stellte es mit einem kläglichen Seufzen wieder ab.
»He. Was soll denn schon groß passieren?«
»Es hätte ja auch mich erwischen können«, sagte Lemon.
Boonie nahm noch einen Schluck und lehnte sich zurück.
»Okay. Wir haben zwanzig Minuten. Könnt ihr mir alles Nötige in zwanzig Minuten erzählen?«
Sie schafften es. Schließlich mussten sie Boonie bitten, sie nicht dauernd zu unterbrechen. Und so kamen sie bis ans Ende, das vorläufige zumindest.
Boonie hatte das nächste Becks vor sich stehen. Aber er starrte nur darauf herab. Dann stellte er eine Fangfrage.
»Nick, habe ich dir je gesagt, was Charlie Danziger mir vor einer ganzen Zeit erzählt hat?«
»Nein. Was hat er gesagt?«
Boonie schaute sich auf der Promenade um. Der Laden füllte sich mit der Happy-Hour-Crowd, fröhliche Menschen, ganz in Hilfiger und Armani. Aus den bewaldeten Hügeln, die sich zu Tallulahs Wall hinzogen, schienen die warmen Lichter des Viertels The Chase. Am anderen Ufer, im Osten, herrschte auf dem Long Reach Boulevard dichter Verkehr in beide Richtungen. Auf der Armory Bridge rumpelte eine dieser dunkelblauen und goldenen Straßenbahnen über den Fluss und glitzerte hell in der Sonne.
Seiner ganzen Verwirrung zum Trotz kam es Boonie so vor, als gehe es Niceville an diesem sonnigen Nachmittag ganz gut, danke der Nachfrage. Boonie widmete sich wieder den beiden anderen und sprach leise, damit er nicht über den Tisch hinaus gehört wurde.
»Charlie. Du weißt, als Kates Mutter starb, nachdem sie sich mit ihrem Auto auf dem Interstate überschlagen hatte, war er noch Staff Sergeant. Wann war das, vor sechs, sieben Jahren?«
»Vor sieben.«
»Charlie war damals einer der Ersten am Unfallort. Kates Mutter … wie hieß sie noch gleich?«
»Lenore.«
»Genau. Lenore hat noch gelebt, sagt Charlie. Ihm war klar, dass er sie nicht aus dem Wrack bekommen würde,
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