Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman
hast du dir vorgestellt zu leben?«
Maria setzte sich im Bett auf, und ich leckte den Rest des Bluts von ihren Schenkeln.
»Ich habe nur für die Uni gelebt, obwohl ich das gleichzeitig blöd fand.«
»Warum?«
»Weil man kein einziges Buch lesen muss, um zu sehen, was in der Welt getan werden muss.«
»Aber du hast trotzdem weitergemacht?«
»Ja, aber ich musste einen höheren Sinn finden, etwas, das mein Studium rechtfertigte.«
Ich setzte mich zwischen ihren Beinen auf und dachte darüber nach.
»Hast du deshalb diese ganzen Studienpreise gewonnen?«
»Ja. Ich hatte mich damit abgefunden, alleine zu leben, ohne Mann und Kinder, war aber unzufrieden damit, nichts erschaffen zu können. Ich beschloss, das Studium als meinen Job und die Studienpreise als Gehalt anzusehen.«
»Das du verschenken konntest?«
»Ja.«
»An wen?«
»An die Kinderhilfe.«
Ich rückte so nah an sie heran, dass sich unsere Nasenspitzen berührten, und flüsterte:
»Vielleicht bekommen wir irgendwann ein Kind.«
Sie umarmte und küsste mich und antwortete:
»Wenn Gott es erlaubt. Aber wir dürfen auch die anderen nicht vergessen.«
»Welche anderen?«
»Die anderen Kinder. Ich habe das Versprechen abgelegt, nie weniger als ein Zehntel meines Gehalts der Kinderhilfe zu geben.«
»Nein, wir vergessen die anderen Kinder nicht«, pflichtete ich ihr bei und drehte sie auf den Rücken.
Ich konnte nicht genug von ihr bekommen und liebte ihre Natürlichkeit beim Sex, wie sie sich ganz darauf einließ und gleichzeitig die unmöglichsten Dinge sagen konnte, während wirmiteinander schliefen. Sie hatte sogar die Angewohnheit, mit mir kurz vorm Orgasmus über Glaubensfragen zu diskutieren. Mit ihr war das völlig normal. Das Einzige, was mein vollkommenes Glück trübte, war Marias Verhalten, als der Mann mit dem Schatten über sie gekommen war. Obwohl sie bestimmt sehr glücklich mit mir war, konnte ich nicht aufhören, an jenen Abend zu denken, und sehnte mich danach, ihr mehr als der Schatten geben zu können. Eines Nachmittags erzählte ich ihr von dem
Sexhilfsmittel der Unendlichkeit
, das ich gebaut hatte.
»Du darfst nicht lachen, es ist nämlich ein ziemlich peinliches Gerät. Aber obwohl es peinlich ist, ist es auch hochwissenschaftlich und hochphilosophisch.«
»Dann kann es ja nur peinlich sein«, warf Maria ein und lächelte neckisch.
»Mach dich nicht über mich lustig, es ist schon schwierig genug.«
Maria setzte ein ernstes, ehrfürchtiges Gesicht auf, und ich fuhr fort:
»Das
Sexhilfsmittel der Unendlichkeit
basiert auf der wissenschaftlichen Tatsache, dass man beim Stuhlgang bis zu fünfzig Prozent Befriedigung erlangen kann.«
Maria bekam einen Lachanfall, aber ich biss mir auf die Lippen und tat überrascht:
»Was ist daran so lustig?«
»Du … du bist so ein Blödmann!«
Ich gab vor, beleidigt zu sein, und sagte:
»Pioniere, die ihrer Zeit voraus sind, werden oft ausgelacht. Dann bin ich wohl gezwungen, das Gerät einer anderen Frau zu zeigen, die mehr Verständnis dafür …«
Maria hörte sofort auf zu lachen und gab mir eine Ohrfeige.
»Wie kannst du nur!«
»Es würde dich also auf keinen Fall interessieren?«
»Ich interessiere mich für dich.«
»Wo war ich stehengeblieben?«
»Basiert auf der wissenschaftlichen Tatsache.«
»Ja, dass man beim Stuhlgang bis zu fünfzig Prozent Befriedigung erlangen kann. Aber was ist Befriedigung? Kann man sie berechnen? Auf einer Messlatte? Eine metaphysische Definition von Befriedigung lautet, es sei der Zustand, wenn das Glücksgefühl von nichts zurückgehalten wird und unhaltbar hervorbricht. Doch um das Glücksgefühl zu verstärken, muss man es auf irgendeine Weise zurückhalten, was ein Widerspruch ist, denn Glückseligkeit ist etwas Unhaltbares. Aber Gott erschuf den Menschen als sexuelles Rätsel, sodass ich, Michael von Blomsterfeld, es lösen könnte. Mir ist klar geworden, dass man, um das Glücksgefühl des Orgasmus zurückhalten zu können, ein Gleichgewicht zwischen entgegengesetzten Kräften herstellen muss, die beide Vergnügen bereiten, sich aber gleichzeitig gegenseitig davon abhalten, zum Höhepunkt zu kommen und dadurch die Glückseligkeit ins Unendliche verstärken. Das
Sexhilfsmittel der Unendlichkeit
. In der Finsternis ihrer Ignoranz haben die Menschen bis zum heutigen Tag nur die halbe Befriedigung erlebt. Das ist die Hauptursache sämtlicher Probleme dieser Welt, nämlich, dass wir alle in einem Zustand halber Befriedigung
Weitere Kostenlose Bücher