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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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entledigt sah, der verhindert hatte, daß sein Vater reich wurde und ihn Nacht für Nacht an die Zeitung der Resignierten gefesselt hatte, wuchs sein Wohlstand mit der unglaublichen Geschwindigkeit einer Epidemie. In einem halben Jahr wurde er Besitzer der Bars in Areeiro, Paço da Rainha, Arroios und der Avenida Almirante Reis. Er zog Gewinn aus den Pensionen der Umgebung, in denen die Pensionsmütter die Begeisterung der Kunden mit dem Getrommel ihrer Fingerknöchelchen an den Türen beschleunigten; er herrschte über die Tavernen des Morgengrauens, die die Depression der Morgenstunden aufzulösen helfen; er erstreckte seinen Einfluß bis hin zum Martin Moniz, wo er zum Gesellschafter der Handwerkerläden wurde, die einem zu Weihnachten Talmischmuck zum Klang von Aufziehglöckchen aufdrängen; sogar
die Nymphen von Santa Apolónia und vom Cais do Sodré, die im Morgengrauen im Gips des Flusses verschwinden, zahlten ihm fünfundzwanzig Prozent ihrer Einnahmen in Maravedis, ganz zu schweigen von denen, die ihre welken Dekolletés zu den Kilometersteinen der Autobahnen schleppten und den Lastwagenfahrern die tote Lust ihres Geschlechts anboten. Er lieh Vizekönig D. João de Castro Geld zur Urbanisierung Goas, gab Luís de Camões die Möglichkeit, eine Taschenausgabe der Lusiaden mit nackten Tänzerinnen auf dem Umschlag in einer Krimireihe herauszubringen, er half dem Dichter Tomáz António Gonzaga bei der Verbesserung seines Sklavenhandels, und griff in den Rosenkrieg ein, wobei er in der Hoffnung das Linguaphone-Englisch einer rotblonden Gräfin zu ehelichen, die Partei beider Familien ergriff. Und täglich um neun Uhr, nachdem er die Kasse überprüft und das Geld verwahrt hatte, legte er sich mit dem Gefühl ins Bett, irgend etwas Obskures an irgendeinem gewohnten Platz vergessen zu haben, als hätte er die Tür zugeschlagen und das Schlüsselbund drinnen steckenlassen.
    Obwohl er Millionär und sehr vertraut mit dem König, unserem Herrn, war, der ihn während der Vorführung der Theaterstücke des Goldschmieds Gil Vicente neben sich setzte, der hin und wieder, die Taschen voller Notizen und Versen in der Bar erschien und ausnahmslos die am schlechtesten gekleidete und häßlichste Nutte aussuchte, die der Stadtheilige von Setúbal in dieser Nacht geschickt hatte, war Manoel de Sousa de Sepúlveda, der den Vorsitz im Aufsichtsrat einer Versicherung innehatte, in der Schweiz Dollars anhäufte und Afonso de Albuquerque mit du oder Eh,
komm her, Vize, ich hab deinen Bart heute noch nicht gesehen, anredete (und der andere sich erhob, sich zögerlich in seinem Wams näherte) trotz der Freundschaft, die er in einem Urlaub an der Algarve mit einem britischen Martin Luther, dem Ehemann einer ehemaligen Nonne mit lächerlichen Hütchen, geschlossen hatte, gelang es ihm nicht, die letzte Diskothek am Largo de Santa Bárbara zu kaufen, die ihm noch fehlte, einen Keller mit einem Luftloch auf der Höhe der Knöchel der Passanten, feuchter und ungemütlicher als die Katakomben der Kirchen, in denen Vampire ihre Eier in die Stolen der Priester legen, und zwei oder drei Göttinnen, die im Dunkeln rauchten, mit der Zigarettenglut die in dunklen Wassern ziellos dahinsegelnden Kunden riefen, die der verstimmte Gaumen eines Akkordeons aufmunterte.
    Der Besitzer, ein kleines Männlein mit Leninmütze auf der Glatze, hörte auf den Namen Nuno Álvares Pereira und war in seiner Jugend Kronfeldherr des Reiches und anschließend Dominikanermönch gewesen, bevor er, der in einem eiskalten Kirchenschiff mit klappernden Backenzähnen gesungenen Messen und Te Deums müde, die Sandalen, die ihm die Füße verletzten und die Kutte, die ihm Nesselfieber verursachte, ohne ihn vor der Kälte zu schützen, dem Orden zurückgab, den weltlichen Regenmantel wieder hervorholte, seinen Schwiegersohn, den Duque de Bragança, um ein Darlehen bat, den Nachtclub Aljubarrota an der Ecke der Avenida Almirante Reis mit der ersten Gasse am Platz kaufte, sich am von der Tür aus entlegensten Tisch eingrub, in Begleitung einer wäßrigen Kaffeelimonade die Dunkelheit betrachtete und den Ermahnungen der
Tochter gegenüber immun dem Orchester zuhörte, das auf einer schrägen kleinen Bühne die Cantigas de Amigo König D. Dinis I. spielte.
    Manoel de Sousa de Sepúlveda besuchte ihn mehrfach in seiner Wohnung in der Rua Barão de Sabrosa mit dem ewig wieder aufgeschobenen, hartnäckigen Vorhaben, die Diskothek des Mönchs und sein blutleeres Luftloch und damit

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