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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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seiner ursprünglichen Rolle als Serail mütterlicher Liebkosungen und Ausguß meterweiser Tröstungen zurück, und jeden Nachmittag und jeden Abend stieg die Alte mit der Gewissenhaftigkeit einer vorbildlichen Beamtin vom Largo da Misericórdia und seinen Echos des dreizehnten Jahrhunderts hinunter zu den krüppligen Bettlern des Cais das Colunas, ließ den Admiral in der ersten, vom Feuer des Drambui rot gefärbten Pinte am Wege zurück. Sie holte ihn, der dann bereits auf dem Fußsteig saß, nach Schattenmorellenlikör stank und finster falschsingend Schiffsjungenballaden anstimmte, pünktlich eine Stunde später wieder ab.
    In der Woche darauf lud sie Diogo Cão auf Anraten des Dichters Gomes Leal, mit dem er manchmal maritime Serenaden teilte, die gewiß auf Nixen unwiderstehlich wirkten, aber von den Bewohnern der Gegend um so mehr gehaßt wurden, die ihnen ihre Waschlauge auf die Bowler Hats kippten und ihnen brüllend mit der Polizeiwache drohten, dazu ein, ihn zur Pension Apóstolo das Índias zu begleiten, um die Logbücher, die Himmelskarten und die anderen Staatsgeheimnisse zurückzuholen, die der Palast jeden Augenblick anfordern konnte und die sich dank eines dicken Inders, der das Gehabe eines aragonesischen Spions hatte, in einer Kofferecke in einem Zimmer auflösten, in dem siebenundzwanzig
Menschen schliefen, die ihre Sumpffieberübelkeiten und Pilze nächtlicher Feuchtigkeiten miteinander vermischten.
    Hand in Hand, sich gegenseitig in den Wirren des Alters stützend, wobei ihnen die Jahre wie Zikaden in den Ohren sirrten und sie unter der Not der rostigen Gelenke litten, gingen sie vom Plunderbasar der Praça da Figueira die höchst jämmerliche Avenida Almirante Reis entlang und bewunderten in den Pfandhäusern die Krawattennadeln in Form eines Gorillas und die Gesundheitssandalen, schauten sich die Brandyflaschen in den Cafés genau an und bestaunten die von sonntäglich wie sudanesische Konsuln gekleideten Verkäufern in dienstbeflissener Eile umkreisten Haifische in den Autoverkaufsständen. Es gab zig Läden von Optikern, in denen sich Dioptrien stapelten, von Friseuren, denen die Helme der Trockner das absurde Aussehen häuslicher Raumschiffe verliehen, Geschäfte für Hamster und kleine Hunde in Käfigen und Fotostudios mit einer Tür zur Straße, die Kinder mit den Märtyrergesichtern als Stierzüchter und bretonische Bräute verkleideten und junge Mädchen zwangen, im Profil, mit Papierblumen im Haar wie fatal verruchte Frauen zu posieren. An einer bestimmten Stelle, an der Ecke eines im Bau befindlichen Hauses, das aussah, als würde es abgerissen, und von staubdunklen Brettern verborgen und vom durchscheinenden Todesschatten zerfallener Gebäude verschleiert war, bog Diogo Cão, den Straßenbahnschienen folgend, in eine Querstraße ohne Schaufenster außer dem einer methodistischen Buchhandlung mit Gebetsbüchern und frommen Werken ab, hinderte die Frau daran, vor einem Geschäft mit gräflichen Lüstern
geblendet zu erstarren, die lila Spiegelchen und Gehänge aus Bakelit tropften. Sie erreichten den großen schiefen Santa-Bárbara-Platz mit seinen Büros ohne Kunden und seinen Kuchen vom Vortag, trotteten über den Kamm eines Hanges, schlüpften seitlich durch eine Mauerlücke auf ein von Militärtrompeten aufgescheuchtes Ödland, verletzten sich die Schienbeine an einem Hügel voller Büsche und fanden sich von Rettungsleitern und Häuserrückseiten umgeben, an deren Wandfurunkeln Trauben von verglasten Veranden klebten, an der Treppe der Pension Apóstolo das Índias wieder, wo Senhor Francisco Xavier sich im berstenden Unterhemd für die kühle Sechsuhrluft bereit machte, indem er den Schaukelstuhl zum Eingang der Halle unter eine Gartenlaube von erschrockenen Sperlingen zog.
    Die Pension war ein ungepflegter, von der Zeit zerlöcherter Würfel mit Füllhörnern und Weidenkörben aus Gips an den Decken, einem Rokokodach, dessen Sparren zu sehen und mit Pappbahnen unterlegt waren, und einem Grottenwiderhall in den menschenleeren Korridoren. Trotz ihres langen Lebens als Frau vom Gewerbe, die Tausende Zeiten abgrundtiefer Not und eine Unzahl fürchterlicher Unglücksfälle durchgemacht hatte, die sie aus Gewohnheit, aus Angst oder aus einer seltsamen Art stolzer Scham heraus verschwieg, konnte ich mich nicht an eine Armut wie die erinnern, die ich an jenem Nachmittag erlebt habe, da schnarchten Menschen in Winkeln von Schweinekoben übereinanderliegend, Kinder knabberten in den Ecken

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