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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Kiefern in den Dünen, und der Nachtkühlegeruch der kariösen Napfmuscheln seines zerstückelten Zahnfleisches. An ihn gelehnt, indem ich das Tauwerk seiner Sehnen an meinen Hals drückte, erkundete ich eine nach der anderen die unzähligen Nischen seines Körpers, stieß auf mehr Bais und Buchten und Fischerdörfer als bei den unzähligen Seeleuten meines Lebens, eingeschlossen die Venezianer, die mir Gondelstille und die Unterwasserfäulnis von Dogenpalästen mit ihren Ölbildern von Heiligen und Bischöfen am Marmorgestein der Kellerkorridore als Geschenk mitbrachten.
    Kaum hatte die Nacht im Zimmer begonnen, sich in Fragmente gewichtslosen, von den Eingeweidegasen der Siebenuhr-Caçilhas-Fähren hochgescheuchten Gewebes aufzulösen, da lief die Frau, als sie trotz der Präzision ihrer
Kunst nichts mehr erwartete, unvermittelt am riesigen, unerwartet stolzen Mast des Seefahrers auf, der auf dem Bauch senkrecht, mit gesetzten Segeln und dem Kalebassenklang der Meeresschnecken aufgerichtet dastand. Als sie fasziniert an der nautischen Monumentalität dieses mit Insignien und Echos geschmückten Penis entlangfuhr, fürchtete sie, daß diese Energie, die sehr viel größer war als ihr Uterus, sie durchbohren und wie bei arabischen Folterqualen auf dem Maisstroh der Matratze aus den Fugen geraten lassen würde. Von dieser grenzenlosen Potenz erschlagen, versuchte sie auf dem Bettuch schlängelnd wegzurücken, doch die Handgelenke des Seemannes brachten unvermittelt mit der Kraft ihre Gesäßbacken zum Stillstand, mit der sie dreißig Jahre zuvor die von Stürmen verwirrten Steuerruder gezähmt hatten, mußte sie wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt einen Hauch von Beriberi und verdautem Tresterschnaps erdulden, und sah sich am Ende von einem ungeheuren Takelwerk aufgespießt, das im Inneren ihres Körpers zig königliche Karavellenstandarten erzittern ließ.
    Es war ein denkwürdiger Morgen, der sich über den Vormittag bis zum Mittag erstreckte und sich nicht um gelegentliches Klopfen an der Tür, die Ziehharmonikas der Blinden auf dem Platz, die Motoren der Passagierschiffe und die nimmer endenden Gespräche der Tauben auf den Fernsehantennen der Dächer scherte. Ein stummer beharrlicher Morgen trotz der Geräusche von draußen, den die Schleier der Gardinen zu verstreuten Akkorden einer Harmonie im Delirium verwandelte, ein zärtlicher Kampf mit einer Folge glühender Messerhiebe in meinen Körper, eine
unablässige Springflut, die mich zwang, mich an die Reling des Bettes zu klammern, bis mich ein letzter Stoß vom Deck der Matratze riß, mir den Leib in einem ungeheuren Kreiseln aufrichtete, und kochender Schaum mir die Eingeweide in einer Reihe heftiger Pumpbewegungen überschwemmte, die Überdecke mit dem Saft seiner Flüssigkeit durchnäßte, während die Banner erschlafften, das Pfeifen der Muscheln verstummte und die Frau sich wieder befriedet in der Gesellschaft des mageren, harmlosen, weindurchtränkten, von der fixen Idee der Tagiden befallenen Alten der Bars der Insel von Loanda befand, der sie verstrubbelt vom Kissen her mit einem dämlichen Ausdruck auf den Plastikeckzähnen anstarrte.
    Ein Freitagsstammkunde, der als Spediteur in Penha da França niedergelassen und seit zwölf Jahren geschieden war und mir zu wohlfeilem Preis die Verzweiflung seiner Einsamkeit in einer Wohnung in Loures in den Schoß wehklagte, vermietete ihr eine Teilwohnung am Largo da Misericórdia gegen zwei Gratisstunden intimer, mit der unheilbaren Melancholie im Zusammenhang stehender Herzensergüsse. Diogo Cão, der zu Rate gezogen wurde, billigte den neben einem winzigen Zimmerchen liegenden Raum, der ausgezeichnet zum Archivieren der Landkarten von Zaire und zum Verwahren der verbeulten Astrolabien war, freute sich über den mittelalterlichen Klang der Glocken der nahen Kirche, die ständig über die Schornsteine hinweg einen Brand oder die Hochzeit einer Infantin anzukündigen schienen, und frohlockte über die Anzahl der Tavernen im Bairro Alto, in denen er im übrigen häufig dem Dichter António Duarte Gomes Leal begegnen würde, der,
eine weiße Kamelie am speckigen Gehrock, der Beichtstuhlsdiskretion der Gläser republikanische Alexandriner rezitierte und bereit war, ihm bei der Suche nach Aphroditen in den Körben der Angler am Fluß zu helfen, beide mit wackligen Beinen und scharfer Pupille, was ihnen gelegentlich Probleme mit ungebildeten Cholerikern einbrachte. Das Kabuff am Terreio do Paço kehrte zu

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