Die Rückkehr der Karavellen - Roman
gegangene Möwen schaukelte. Dennoch, weil er an den Füßen das splittrige Reiben der Bodendielen und seine unverbrüchliche Irdischkeit ohne Flossen an den Achseln und an der Kurve der Nieren fühlte, wurde ihm so ängstlich zumute, daß er mit einem hilflosen Klagelaut fragte:
– Und was soll ich jetzt tun?
Er könnte das Fenster öffnen und den Tag zurückholen, dem Zimmer das Geräusch der Kräne, der Albatrosse und des Verkehrs wiedergeben, er könnte mit dem Ablesen der Zähler in Madragoa beginnen, über die Fischkörbe und den Unrat stolpern, den die Ebbe auf den Stufen der engen steilen Straßen verschmäht hatte, er könnte die Flasche aus der Tasche ziehen, die in seinem Kopf wie Fotoentwickler wirkte, ihm die Schubladen der Erinnerung und die Erleichterung verschaffenden Lösungen zeigte, auf die er ohne die Hilfe des Weines nicht kam, doch die Ausmaße des Bettes, die von Minute zu Minute zunahmen, bis sie ihm den Zugang zur Tür verstellten, warfen den Stuhl mit dem Geräusch übereinanderliegender Blusen um, zerbrachen die Kommode mit den Elfenbeinknäufen, belegten den Raum der Fensterrahmen und die Umrisse der Schiffe und zwangen ihn, ein paar Schritte wie ein verwirrter Vogel Strauß zu machen, wobei er die Ellenbogen an seine intimste Stelle gedrückt hielt, bis die Frau, die die Matratze steuerte, ihn, indem sie ihm ein träges Auge zuwandte, mit einer Einladung aus der Klemme seines Angstnebels half:
– Komm her.
Diogo Cão, der sich aufgrund göttlicher Bestimmung der Liebe von Tetis vorbehalten wähnte und niemals geglaubt hatte, daß die Wesen der üppigen, mit dem Tau metallischer Schuppen übersäten Brüste und der Grönlandkabeljauschwänze, die seine Obermaate ihm in den Wochen des Nichtstuns während des Entladens und der Reparaturen vorstellten, mit Kunstgriffen aus Pappe maskierte Hafenhuren waren, nahm sich vor, den Rat der Frau zu ignorieren,
um den Schwarm der Nixen seiner seit jeher bestehenden Leidenschaft mit den Herzmuscheln im Haar und den Perlmuttschnecken an der Taille nicht zu verraten. Das Bett bedrohte indes die Wände des Kabuffs, die Bettdecken blähten sich, das Lächeln der Alten wuchs, die Notdurft beunruhigte sich im Nachttopf, und ein kleines Quadrat mit Cupidos löste sich von seinem Nagel wie ein herbstliches Platanenblatt, das sogleich von einer Arabeske aus Messingrosen zermalmt wurde. Diese übernatürlichen Zeichen, denen der maßlose Genuß von Leitungswasser entsetzliche Ausmaße verlieh und die die Seufzer der Frau mit Grottenasthma unterstrichen, gaben den Ausschlag. Wie in den Stunden der Flaute, in dem seine stillstehende Karavelle ihn zu einem enttäuschten Bridgespiel mit den Lotsen zwang, so schob ihn diese bekannte Stimme, von der er jedoch weder die Natur noch die Herkunft ausmachen konnte, zu der grenzenlosen Matratze, auf der anstelle der üblichen Nymphen, die Ach mein Junge seufzten und angemalte Schuppen abwarfen wie Hühner im Stall ihre Federn, ein formloses Wesen lag, das ihn mit einem Mädchenlächeln unter dem zu dick aufgetragenen Lippenstift anlächelte.
Hin und wieder näherten sich Schuhe auf dem Korridor mit den Fliesenbildern, auf denen Freimaurersymbole abgebildet waren, klopften an die Tür, warteten, klopften noch einmal und gingen wieder unter leiser werdendem Protest. Ein Gast hämmerte im Nebenzimmer, als würde er den Sargdeckel der ihn betrügenden Ehefrau zunageln, die er auf den Knien des Klempner vorgefunden hatte, als er von der Arbeit zurückkam. Die Tauben suchten einander mit Schnabelhieben (ein Rachen hustete in einem nicht genau
auszumachenden Versteck) auf den Statuen der Dächer. Diogo Cão spürte, wie eine Handfläche über seine Brust fuhr, mit den Erbsenbeeren seiner Brustwarzen spielte, sie kniff, an der Hernie des Bauchnabels und den Wunden einer nie ganz ausgeheilten Tropenkrankheit verweilte. Die Finger erreichten den Kiel der Scham, verweilten dort wie eine Zunge an einer Aphthe und fanden ihn schließlich klein und bescheiden, nunmehr nichts weiter als ein kleines totes, auf einem seiner Schenkel ruhendes Stück Lumpen, das die Frau stundenlang vergebens zu wecken versuchte.
Das Fenster wurde langsam dunkel, das Zimmer versank im Wasser der von meinen Cremes, meinen Haarsprays, meinen Nagellacken, meinen Lotionen parfümierten Dunkelheit, doch der einzige für mich vorhandene Duft war der Felsenklippennebelduft des Admirals, das Tornadoaroma, das ihm den Schnurrbart bog wie die Wipfel der
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