Die Rueckkehr der Templer - Roman
nicht weniger prachtvoll mit Palmen in Töpfen und gepolsterten Liegen ausgestattet war. Ihnen wurde befohlen, sich auf eine Liege zu legen und auf den Barbier zu warten. Ein halbnackter Mann erschien, mit weichen Muskeln und mädchenhaftem Gesicht, schrill geschminkt, mit schwarzem Khol um die Augen, das lackschwarze Haar mit Öl in den Nacken gekämmt – augenscheinlich ein Eunuch.
Freya schluckte, als er sich mit einem höllisch scharfen Rasiermesser an ihrer Scham zu schaffen machte. Und als wäre dies noch nicht genug, bemalte er ihre nun völlig enthaarten Wölbungen mit zierlichen Hennablumen.
Als der Eunuch sein Werk vollendet hatte, wurden Freya und ihre Leidensgenossinnen noch einmal von den jungen Mädchen parfümiert und ihre feuchten Haare mit groben Kämmen geordnet. Eines der Mädchen tupfte ihnen mit einem Finger ockerfarbenes Lippenrot auf und umrandete mit einem Khol-Pinsel geschickt die Augen. Ein anderes Mädchen brachte ihnen drei fast durchsichtige hellblaue, bodenlange Seidengewänder. Die Farbe des Stoffes würde ihre helle Haut noch porzellanfarbener erscheinen lassen.
Freya hatte längst bemerkt, dass nur wenige von den etwa fünfzig |474| weiblichen Haremsbewohnerinnen, die sich in den verschiedenen Räumen auf seidenen Kissen räkelten oder sich in lasziver Trägheit dem Bade und der Schönheitspflege hingaben, europäischen Ursprungs waren. Die meisten hatten schräg stehende, dunkle Augen und schwarzes Haar. Bei manchen war auch die Haut beinahe schwarz. Aber ganz gleich, über welche besonderen Vorzüge sie auch verfügten, alle starrten mit einer gewissen Bewunderung zu ihnen herüber.
Plötzlich war Adiba, die alternde Haremswächterin, wieder zugegen, die sie hierhergeführt hatte. Sie ging auf Amelie zu, die mit ihren hellblonden, hüftlangen Locken am meisten auffiel. Ohne Erklärung griff sie nach ihrem Handgelenk und wollte sie fortführen. Amelie wehrte sich heftig, indem sie zu schreien begann und sich in ihrer Panik versteifte. Adiba rief ihr in gebrochenem Altfranzösisch zu, dass sie auserwählt sei, und deutete auf einen kunstvoll verbrämten Arkadengang oberhalb der Halle. Dort saß angeblich der Wesir hinter einem Paravent und hatte ihr den Vorzug gegeben. Die Haremswächterin war offenbar der Ansicht, dass Amelie sich glücklich schätzen dürfe, weil manche der Frauen jahrelang darauf warteten, von ihm beachtet zu werden. Amelie schien wenig beeindruckt, und je mehr die Frau sie zwingen wollte, mit ihr zu kommen, desto mehr Widerstand entwickelte sie.
Als die Frau nach ihr schlug und sie als störrische Kamelstute beschimpfte, begann Amelie heftig nach Atem zu ringen und verlor schließlich das Bewusstsein. Freya und Hannah eilten ihrer Freundin zu Hilfe und beugten sich über sie, ohne auf die hysterisch zeternde Alte zu achten, die sich gar nicht mehr beruhigen wollte. Freya überprüfte Amelies Atmung, und Hannah half ihr, deren Beine auf ein Kissen zu legen. Nur langsam kam Amelie wieder zu sich. Vor lauter Aufregung erbrach sie. Die Alte stieß einen unverständlichen Fluch aus, weil sie Amelie in diesem Zustand unmöglich dem Wesir vorführen konnte
Von der verdeckten Balustrade erklang eine männliche Stimme und gab einen Befehl. Einen Moment später wandte die Alte sich Freya zu.
»Hey, du!« Ihre Stimme klang aufgebracht. Wahrscheinlich fürchtete sie ernsthafte Konsequenzen, wenn sich Freya nun auch noch verweigern würde. Doch die liebeskundige Begine dankte stumm der Heiligen Jungfrau, dass die Wahl des Wesirs nun auf sie gefallen war. |475| Amelie war fürs Erste zu nichts zu gebrauchen, und Hannah machte ihr auch nicht den Eindruck, als ob sie mit einer solchen Situation vertraut wäre.
»Freya?«, rief Hannah ihr aufgewühlt hinterher, als sie hocherhobenen Hauptes ihrer nervösen Anführerin folgte.
»Macht euch keine Sorgen!«, rief Freya zurück. »Ich weiß, was zu tun ist.«
Ohne Protest ließ sie sich bis vor die Gemächer des Wesirs begleiten.
Zwei finster dreinblickende Wachen vor dem majestätisch anmutenden Spitzbogenportal riskierten noch nicht einmal einen Blick, als man sie durch die halb geöffnete Tür in die Gemächer ihres Herrn und Gebieters führte.
Komm, Mädchen! machte Freya sich Mut. Sechs Monate in einem Kölner Freudenhaus sollten ausreichen, damit einem kein männliches Bedürfnis fremd war. Sie erinnerte sich an nach Schnaps und Schweiß stinkende Freier, denen es nicht selten bereits gekommen war, bevor sie sich
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