Die Rueckkehr der Templer - Roman
Wasser zu schlucken. Im Zwielicht der Höhle erfasste ihn Erleichterung, als er den Kopf des Jungen erblickte, der sich paddelnd wie ein Hund über Wasser hielt. Matthäus hatte den Sprung ebenfalls ohne Probleme überstanden. Er schwamm auf Anselm zu und klammerte sich mit einer Hand an dessen Schulter. Khaled tauchte neben ihnen auf und sah mit einem Mal viel jünger aus, nachdem er sich den Dreck aus dem Gesicht gewaschen und die Haare zurückstrichen hatte. »Folgt mir!«, befahl er ihnen und war schon wieder unter der Wasseroberfläche verschwunden, um sich mit einem kraftvollen Stoß, Richtung Höhlenausgang zu bewegen.
Anselm sah noch einmal nach oben, zu dem breiten Loch hinauf, wo sich düster der Kerker erstreckte.
»Halt dich an mir fest!«, empfahl er Matthäus, und dann schwamm er, den Jungen im Schlepptau, dem Assassinen hinterher.
Freya hatte das Unglück früh genug kommen sehen, obwohl auch sie die Geschichten aus den Frauenhäusern der Heiden nur vom Hörensagen kannte.
|472| Seit zwei Tagen waren sie nun in dieser Festung gefangen, und nachdem man sie zu Beginn untersucht und nach ihrer Herkunft befragt hatte, führte man sie wenig später in einen prunkvoll ausgestatteten Palast, in dem ausschließlich Frauen ihr Dasein fristeten – oder Männer, die nach einer Kastration keine richtigen Männer mehr waren. Zunächst hatte man ihnen aufgetragen, sich zu waschen, und ihnen neue, saubere Kleidung zugeteilt. Erst am Abend des darauffolgenden Tages führte sie die ältere Frau, die sie im Palasthof in Empfang genommen hatte, in einen dampfenden Hamam, wo man sie aufforderte, ihre Kleider wieder abzulegen und ausschweifend zu baden. Freya staunte, als sie an den Wänden der Badestube die türkis leuchtenden Mosaiken erblickte, die über und über mit Goldplättchen besetzt waren.
Auch Hannah schaute sich um und war wie gebannt. Überall lagen halbnackte Schönheiten, in dünne Tücher gehüllt, und betrachteten sie mit einer unverhohlenen Neugier, als wären sie seltene Tiere. Das Gefühl, sich in einer Menagerie zu befinden, verstärkte sich noch durch die kunstvoll geschmiedeten Käfige, die von der Decke baumelten und in denen allerlei Vögel zwitscherten. Erst als Amelie sich laut protestierend weigerte, ihre Kleider abzulegen, löste Hannah sich aus ihrer Erstarrung. Erschrocken registrierte sie, wie der Eunuch zu einer ledernen Knute griff und drohte, damit zuzuschlagen, falls Amelie ihren Widerstand nicht aufgab.
»Widerstand macht die ganze Angelegenheit nur noch schlimmer«, flüsterte Freya ihr zu. Mit einem Blick auf Hannah, die trotz der Hitze am ganzen Körper zitterte, fügte sie hinzu: »Seid stark, meine Freundinnen. Was immer auch folgt, ihr werdet es überleben, und das ist im Augenblick das Wichtigste.«
Ein paar kindliche Diener, ausnahmslos dunkelhäutig, in weiße Hosen gekleidet und mit freiem Oberkörper, führten sie zu einem Waschbecken, das etwas tiefer gelegen war. Man bedeutete ihnen, die schmale Marmortreppe hinabzusteigen, deren Stufen mit Rillen versehen waren, damit man nicht ausrutschte. Nackt und vor Aufregung bebend, standen Freya, Hannah und Amelie in dieser Mulde, während die Knaben leicht erhöht außerhalb warteten, um ihnen Körper und Haare mit Schwämmen und einer wohlriechenden Olivenseife zu waschen.
»Großer Gott«, flüsterte Hannah, »ich glaube, mir wird schlecht.«
|473| »Heilige Jungfrau«, wimmerte Amelie leise. »Ich ertrage das nicht!« »Bleibt besonnen, Schwestern«, raunte Freya. »Solange es nicht schlimmer kommt, solltet ihr zufrieden sein.«
»Schlimmer kommt?« In Hannahs Stimme war die Panik nicht zu überhören.
»Was meinst du damit?«, fragte Amelie schrill.
»Dass man uns umbringt«, zischte Freya. »Oder hast du schon einmal gehört, dass man jemanden wäscht, bevor man ihn tötet?«
»Leichen werden gewaschen«, erwiderte Amelie wenig hilfreich. »Vielleicht ist es ihnen hinterher zu mühsam.«
Schließlich wurden sie von den Knaben mit lauwarmem Wasser übergossen, das genau die richtige Temperatur hatte, um ihre gerötete Haut auf angenehme Weise zu erfrischen. Als auch der letzte Seifenrest entfernt worden war, traten drei junge Mädchen in rosafarbenen Seidenkleidern hinzu. Nur wenig älter als die Knaben, trockneten sie die drei erwachsenen Frauen mit samtweichen Handtüchern und salbten sie anschließend von Kopf bis Fuß mit Jasminöl ein. Danach führten sie die drei in einen größeren Nebenraum, der
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