Die Rueckkehr der Templer - Roman
knapp hundert Meter Küstenfelsen steil in die Höhe, auf deren Plateau die Festung und der Palast thronten. Im Schatten eines Felsvorsprungs fielen sie auf die Knie und blieben schweratmend liegen. Nach längerer Zeit in der Dunkelheit stach die gleißende Sonne von einem azurblauen Himmel in ihre Augen, aber sie wärmte auch auf angenehme Weise die nasse Kleidung.
»Ah, tut das gut«, murmelte Khaled mit halbgeschlossenen Lidern und hob genießerisch seine Nase in die feuchte Meeresluft, die von der tosenden Brandung herangetragen wurde. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch mal erleben würde.«
Anselm stemmte sich rücklings auf die Ellbogen und spähte in die Ferne. Von weitem sah man die aufgebauschten Segel der Schiffe, die den Hafen von Askalon ansteuerten, um die seit Monaten von Christen belagerte Festungsbesatzung mit Weizen, Obst, Frischfleisch und Süßwasser zu versorgen. Als Lohn erhielten sie erbeutete Sklaven, wie Khaled ihm erklärt hatte. Von Frauen hatte er vorsorglich nicht gesprochen, aber Anselm konnte sich denken, dass es nicht total abwegig war, wenn auch Hannah und ihre Freundinnen im Handumdrehen zur Handelsware wurden, falls es Interessenten für sie gab, woran kaum ein Zweifel bestehen konnte.
Allein deshalb musste er es schaffen, schnellstmöglich Gero und seine Brüder zu finden. Die fünf Templer waren die Einzigen, die sie retten konnten. Von der Festung erklang dreimal der langgezogene Ruf eines Horns, der ihn aus seinen Gedanken riss.
Khaled rollte sich herum und setzte sich auf. »Das ging ja schneller als gedacht«, stieß er grimmig hervor. Auf Anselms fragenden Blick hin erklärte er: »Das ist der Ruf für entkommene Häftlinge. Er verpflichtet die vor der Festung patrouillierenden Truppen zur Wachsamkeit.«
|480| »Bedeutet das, wir sind zwar nicht ertrunken, aber trotzdem erledigt?« Anselm strich sich die nassen Strähnen aus dem Gesicht und zog die Brauen zusammen.
»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte Khaled ihn. »In der Umgebung wimmelt es von Franken, deshalb ist es unwahrscheinlich, dass man uns lange verfolgen wird. Ganz in der Nähe gibt es einen alten Handelsweg, den nur noch wenige nutzen. Aber um dorthin zu gelangen, müssen wir ein wenig klettern, und am besten wäre es, wenn wir uns hier irgendwo verstecken und die Dämmerung abwarten.«
»Die Sache hat doch mit Sicherheit noch einen weiteren Haken?« Anselm warf dem Assassinen einen misstrauischen Blick zu.
»Schon mal was von Treibsand gehört? Auf dem Weg nach Blanche Garde gibt es ein Wadi, dessen Wasserzufuhr von unterirdischen Quellen gespeist wird. Ich habe mal erlebt, wie einer meiner Männer samt Pferd darin verschwunden ist. Wobei es nicht so ist, dass man ertrinkt. Kopf und Rumpf bleiben zumeist an der Oberfläche. Aber sich alleine daraus zu befreien ist beinahe unmöglich.«
Anselm seufzte, und sein Blick wanderte zu Matthäus, dessen blonde Locken bereits zu trocknen begannen. Der Junge vertraute ihm, und Anselm durfte es nicht zulassen, dass ihm auch nur ein Härchen gekrümmt wurde.
»Wir müssen es lediglich schaffen, den ersten Belagerungsring der Christen zu erreichen. Spätestens dort trauen sich keine Fatimiden mehr hin«, erklärte Khaled.
Anselm blinzelte in die Sonne. »Mir und Matthäus werden sie abkaufen, dass wir Franken sind. Aber was ist mit dir? Werden sie dich nicht für einen Feind halten? Zumal du mir erzählt hast, dass die königlichen Truppen vor Jahren deine Leute geköpft haben.«
»Ganz recht, Franke«, stieß der Assassine hervor. »Ich sollte auf beiden Seiten vorsichtig sein. Aber bei mir gibt es eine ganze Menge Gründe, dorthin zurückzukehren, wo man mich so schändlich behandelt hat. Deshalb werden sich unsere Wege auch trennen, sobald ich euch in Sicherheit weiß. Was danach geschehen wird, ist sowieso nicht für deine unschuldigen Augen bestimmt.«
Anselm sah den Assassinen alarmiert an. »Willst du jemanden umbringen?«
»Ich will meine Ehre zurück, Franke«, knurrte Khaled gefährlich |481| leise. »Und jene, die sie mir genommen haben, werde ich nicht ungeschoren davonkommen lassen.«
Khaled führte sie im Schutz der Felsen zu einem schmalen Aufstieg, der in eine schwindelerregende Höhe führte. »Wenn wir die Ebene von Bir esh Shekier erreichen wollen, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als uns an den Nestern der Möwen entlangzuhangeln«, erklärte er Anselm, der einen kritischen Blick hinab in die zerklüftete Tiefe warf. Was
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