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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass er es gut mit ihr meinte. Aber vielleicht war gerade das das Problem. Bruder Abbé hatte vor langer Zeit einmal zu ihr gesagt, dass es kaum etwas Schlimmeres gäbe als Menschen, die es gut mit einem meinen, aber sie begann erst jetzt allmählich zu begreifen, was er wirklich damit hatte ausdrücken wollen.
    Sie schüttelte den Gedanken ab und sah sich rasch und fast verstohlen nach beiden Seiten um. Ihr kleiner Disput mit Rother war nicht unbemerkt geblieben. Hier und da war ein Gespräch unterbrochen worden, ein Gesicht in ihre Richtung gedreht oder eine Stirn gerunzelt worden, und sie bemerkte sehr wohl die schadenfrohen Blicke, auch wenn die meisten Männer rasch die Köpfe senkten, sobald sie in ihre Richtung sah. So viel zu ihrem Vorsatz, nicht aufzufallen. Sie war sicher, dass Horace auch von diesem Zwischenfall Kenntnis erlangen würde.
    Mit einem resignierenden Seufzer schob sie auch diesen Gedanken von sich und setzte ihren Weg fort. Ziellos wanderte sie weiter durch das Lager. Sie hatte ihr Zelt nicht nur verlassen, um sich umzusehen oder sich lediglich die Zeit zu vertreiben. Genau genommen hielt sie nach Bruder Abbé Ausschau. Den ganzen Tag über hatte sie insgeheim unter den Tempelrittern nach ihm gesucht, ohne ihn allerdings zu entdecken, und mehr als einmal waren ihr Zweifel gekommen, ob sie ihn am vergangenen Abend wirklich gesehen hatte oder vielleicht nur einer Täuschung aufgesessen war, die ihren Ursprung einfach in dem Wunsch gehabt hatte, ihn zu treffen.
    Zugleich war sie sicher, sich n ic h t getäuscht zu haben. Sie hatte das Gesicht unter der Kapuze nur für den Bruchteil eines Atemzuges aufblitzen sehen, und nicht einmal deutlich, aber wer Bruder Abbé einmal zu Gesicht bekommen hatte, der vergaß ihn nicht. Und diese sonderbare Nachricht … sie ka n nte diese Handschrift, auch wenn ihr ihre Bedeutung noch immer nicht gänzlich klar war. Eine freundliche Warnung von Abbé oder Horace? Eine Drohung von Feinden innerhalb des Templerordens? Auch das war möglich, aber wenn - von wem?
    Sie dachte an die merkwürdigen Anspielungen des Großmeisters, dass sie auf Masyaf, der Festung des Alten vom Berge, Ehrengast bei einer Hochzeit gewesen war, was stimmte. Und sie konnte nur hoffen, dass Odo nicht wusste, dass es sich dabei um ihre eigene Hochzeit gehandelt hatte …
    Und sie dachte erneut an Salim, und dieser Gedanke wurde von einem dünnen, tief gehenden Schmerz begleitet, der sich wie ein glühender Dolch in ihr Herz bohrte. Wie sehr sie ihn vermisste!
    In den letzten Tagen war es ihr immer wieder gelungen, ihn für eine kurze Zeit aus ihren Gedanken zu verbannen. Oh, sie hatte an ihn gedacht - immer wieder hatte es seit jenem schicksalhaften Moment in dem kleinen Dorf am Ufer des Mittelmeeres Momente gegeben, in denen sie an ihn gedacht, sein Gesicht vor sich gesehen oder sich nach dem sanften Klang seiner Stimme zurückgesehnt hatte. Dennoch war es ihr gelungen, es bei einer bloßen Erinnerung zu belassen; Bilder und Geräusche, voller Schmerz und Wehmut, aber dennoch bloße Erinnerungen. Sie hatte den Schmerz und das Gefühl, etwas unbeschreiblich Wertvolles verloren zu haben, bis zu diesem Abend nicht wirklich an ihr Herz herangelassen. Nun aber wurde ihr klar, dass diese vermeintliche Härte sich selbst gegenüber nichts anderes als ein Schutz gewesen war. Und dass diese letzte Mauer, die sie um ihr Herz errichtet hatte, zunehmend zu bröckeln begann. Die Männer, auf die Rother und sie in der Wüste getroffen waren, als sie sich auf dem Ritt nach Safet befanden, hatten gesagt, Salim erwartete sie in seinem Zelt ganz in der Nähe der Kreuzfahrerburg. Doch sie hatte nirgends ein Assassinenzelt entdecken können, und sie hatte es nicht gewagt, danach zu fragen. Morgen, dachte sie matt. Spätestens morgen, wenn sich die unterschiedlichen Heere trafen und miteinander vereinigten, würde sie Salim wiedersehen. Und dann …
    Nein. Robin gestattete sich nicht, diesen Gedanken weiterzudenken. Sie wusste einfach nicht, was geschehen würde. Sie wusste, was sie tun w o llte, aber sie war ganz und gar nicht sicher, was sie wirklich tun würde.
    Ohne dass sie es selbst gemerkt hätte, hatten sie ihre Schritte immer weiter ins Zentrum des Heerlagers geführt. Die Nacht war längst hereingebrochen, doch es brannten so viele Lagerfeuer, Kochstellen und Fackeln, dass es fast ebenso hell wie am Tage war. Die Luft war erfüllt vom beißenden Rauch des brennenden Holzes, dem Geruch nach gebratenem

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