Die Rückkehr der Templerin
Fleisch und Fisch, dem Schweiß von Mensch und Tier, einem ganzen Chor der unterschiedlichsten Geräusche und Laute und dem roten Licht der Feuer. Nachdem die Sonne untergegangen war, hätte es deutlich kälter werden müssen, doch Robin hatte ganz im Gegenteil das Gefühl, dass die Hitze noch zugenommen hatte. Zusammen mit dem flackernden roten Feuerschein, dem Lärm, dem Lachen und Rufen aus unzähligen, rauen Kehlen, dem Wiehern der Pferde und dem Klirren von Metall und Fetzen misstönender Musik, die manchmal an ihr Ohr drangen, hatte die Szene für sie plötzlich etwas infernalisches.
Wenn man bedachte, was diesen Männern am nächsten Tag bevorstand, dann waren diese Augenblicke vielleicht die letzten Momente des Friedens, die viele von ihnen erleben mochten, doch die allgemeine Stimmung schien Robin nun auch jeden Rest von Ängstlichkeit und stiller Andacht verloren zu haben. Sie wirkte ganz im Gegenteil beinahe schon aufgekratzt; und dennoch hatte sie plötzlich das unheimliche Gefühl, durch den Vorhof der Hölle zu schreiten. Und zumindest einen Moment lang kam es ihr tatsächlich so vor, als wäre diese Vision weit mehr als ein Trugbild, mit dem sie ihre eigenen Nerven narrten. Direkt vor ihr, vielleicht noch ein Dutzend Schritte oder weniger entfernt, erhob sich ein gewaltiges, rundes Zelt von blutroter Farbe. Ein gutes Dutzend vermummter, schwarz gekleideter Gestalten, die so reglos wie lebensgroße unheimliche Statuen dastanden, umgab dieses Zelt und schien allein durch seine Anwesenheit dafür zu sorgen, dass es niemand wagte, sich ihm weiter als bis auf ein Dutzend Schritte zu nähern, und selbst das allgemeine Lachen und Musizieren und Lärmen schien in der unmittelbaren Umgebung leiser zu klingen.
Auch Robin stockte ganz instinktiv im Schritt. Doch fast im selben Moment wurde ihr klar, dass an diesem Zelt rein gar nichts Mystisches oder gar Teuflisches war, ebenso wenig wie an dem Dutzend Ritter, die es bewachten. Sie hätte das Wappen über dem Eingang nicht einmal mehr sehen müssen, um zu wissen, dass es das Zelt König Balduins war, dessen rote Farbe nur von den zahllosen flackernden Feuern ringsum zu vermeintlichem Leben erweckt wurde, und die scheinbaren Dämonen, die es bewachten, niemand anderes als die Ritter des geheimnisumwitterten Lazarusordens - obwohl sie sich bei ihnen ganz und gar nicht sicher war, ob es sich tatsächlich noch um Menschen handelte. Jedenfalls nicht in dem Sinn, in dem sie das Wort bisher benutzt hatte.
Robin näherte sich mit klopfendem Herzen dem Zelt und blieb dann endgültig stehen. Es war nicht ausdrücklich verboten, dem König nahe zu kommen, aber sie wusste natürlich, dass niemand es wagte, sich ihm ohne seine ausgesprochene Einladung oder Erlaubnis zu nähern oder ihn gar anzusprechen. Es hätte auch keinen Grund für sie gegeben, so etwas zu tun; ganz im Gegenteil - schon am vergangenen Morgen hatte sie der Anblick des kränklichen, geschlagenen Königs erschreckt, und obwohl sie sein Gesicht noch nie gesehen hatte, jagte ihr schon der bloße Gedanke, einen Blick hinter seinen Schleier zu werfen, einen eisigen Schauer über den Rücken.
Sie wollte sich gerade umdrehen und möglichst unauffällig wieder davongehen, als der undeutliche Klang erhobener Stimmen aus dem Zelt zu ihr herausdrang. Sie konnte weder hören, was gesprochen wurde, noch erkannte sie eine dieser Stimmen, aber ihr Tonfall war scharf, zum Teil regelrecht wütend, sodass sich Robin in ihrem Entschluss nur bestärkt sah, möglichst ebenso schnell wieder von hier zu verschwinden, wie sie gekommen war. Vermutlich waren etliche der Lazarusritter ohnehin schon auf sie aufmerksam geworden, und sie konnte nur hoffen, dass die Männer ihr Gesicht in dem unsicheren Licht nicht zu deutlich erkannten oder sich vielleicht auch gar nicht die Mühe machten, es sich zu merken. Nach dem gestrigen Tag hatte sie wahrlich keine Lust, nach den Fragen des Großmeisters auch noch die des Königs beantworten zu müssen.
Gerade als sie sich umdrehte, wurde die Plane vor dem Eingang zum Zelt zurückgeschlagen, und Robin erschrak nun wirklich, als sie niemand anderen als Odo von Saint-Amand und den Ordensmarschall Gerhard von Ridefort herauskommen sah. Odos Gesicht war wie eine zu Stein erstarrte Maske des Zorns, und Ridefort gestikulierte aufgeregt mit beiden Händen, wobei er ununterbrochen weiter auf den Großmeister einredete. Es war nicht zu übersehen, dass beide außer sich vor Wut waren.
Aber sie
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