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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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diesmal besser unter Kontrolle hatte als gerade. So unglaublich es ihr selbst erschien - sie spürte, dass Horace log. Außerdem war sie mittlerweile sicher, Abbé gestern Abend erkannt zu haben.
    »Und wäre er hier«, fuhr Horace fort, nachdem er etliche Schritte schweigend neben ihr einhergegangen war und vergeblich auf eine Antwort gewartet hatte, »so hätte er Besseres zu tun, als das Wiedersehen mit Euch zu feiern, Bruder Robin.«
    Die sonderbare Art, in der er das Wort Bruder betonte, war kein Zufall, das war Robin klar. Er wollte ihr damit etwas ganz Bestimmtes sagen, aber sie wusste nicht, was. Sie reagierte auch darauf nicht, und zu ihrer Erleichterung schien sich Horace damit zufrieden zu geben, denn er verfolgte das Thema nicht weiter. Eine ganze Weile gingen sie schweigend nebeneinander her, und Robin fiel abermals auf, wie streng Horace darauf zu achten schien, den Abstand von guten dreißig oder vierzig Schritten, die sie zu Odo und Ridefort einhielten, nicht kleiner werden zu lassen. Sie musste an das Streitgespräch in dem Zelt denken, dessen Ohrenzeuge sie geworden war, und an den Ausdruck unverhohlener Wut auf den Gesichtern der beiden hochrangigen Tempelritter, als sie herausgekommen waren. Schließlich hielt sie es nicht mehr länger aus und kleidete ihre Neugier in eine Frage.
    Fast zu ihrer Überraschung beantwortete Horace sie. »Unser Großmeister und der Marschall sind verärgert«, räumte er unverblümt ein.
    »Aber sie kamen von einer Audienz des Königs«, sagte Robin verwundert. »Ich dachte bisher, unser Orden genießt sein ganz besonderes Vertrauen und sein besonderes Wohlwollen.«
    Horace bemühte sich, ein zerknirschtes Gesicht zu machen, aber wieder hatte Robin das sichere Gefühl, die Andeutung eines Lächelns über seine Lippen huschen zu sehen, als er antwortete.
    »Ja, das dachten Odo und Marschall Ridefort bis zum heutigen Abend wohl auch.«
    »Was ist geschehen?«, fragte Robin.
    »Mir scheint, König Balduin wird allmählich erwachsen«, erwiderte Horace. Nicht, dass Robin mit dieser Antwort irgendetwas anfangen konnte.
    »Haben wir uns … durch irgendetwas seinen Unmut zugezogen?«, fragte sie zögernd.
    Diesmal war das Lächeln, das Horaces Kopfschütteln begleitete, mehr als nur angedeutet. »Nein. Es ist wohl eher so, dass er nicht mehr auf alles hört, was ihm jemand mit einem beeindruckenden Titel und einer langen Liste vermeintlicher oder auch wirklicher Heldentaten rät. Ich habe Odo gewarnt, aber er hat meine Worte in den Wind geschlagen. Er hält Balduin für krank - er ist es - und schwach - er ist es nicht - und scheint nicht begreifen zu wollen, dass er in wachsendem Maße die Tugenden eines wirklich großen Herrschers entwickelt. Großmut, Klugheit und Willensstärke.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Zum Beispiel, dass König Balduin den Großmeister und den Marschall unseres Ordens brüskiert hat, indem er uns und unsere Brüder morgen nicht im Herzen der Schlacht haben will.«
    Nun war Robin ehrlich überrascht. Auch wenn sie noch niemals eine richtige Schlacht erlebt hatte, so wusste sie doch, dass die Templer traditionell die Speerspitze eines Angriffes bildeten, und das nicht nur, weil ihr Glaube es von ihnen verlangte oder sie überheblich genug waren, sich als unbesiegbar zu fühlen. In gewissem Maße waren sie es sogar. Selbst die tapfersten und stärksten muslimischen Reiter konnten dem Anprall einer Hundertschaft schwer gepanzerter Tempelritter auf ihren gewaltigen Schlachtrössern nicht widerstehen.
    »Unsere Aufgabe morgen ist es lediglich, die Flanken des Heeres zu sichern«, fuhr Horace fort. »Eine sehr wichtige Aufgabe, wenn du mich fragst. Mehr als eine Schlacht ist schon entschieden worden, weil ein kluger Feldherr dafür gesorgt hat, dass Flanken und Rücken des Heeres gedeckt sind.«
    »Aber Odo sieht das anders«, vermutete Robin.
    »Ja«, seufzte Horace. »Um es mit deinen Worten auszudrücken: Er und Ridefort schäumen vor Wut. Sie fühlen sich zu reinen Zuschauern degradiert.« Er lachte ganz leise. »Ich fürchte, sie werden in dieser Nacht nicht besonders gut schlafen.«
    »Aber Ihr schon«, vermutete Robin. In ihrer Stimme war ein leicht vorwurfsvoller Ton, der sie selbst überraschte und auch erschreckte, denn erst er machte ihr klar, dass ein Teil von ihr den Zorn und die Enttäuschung der beiden Tempelritter nicht nur verstand, sondern auch teilte. Auf eine völlig absurde, widersinnige Art fühlte sie sich um ihre erste große

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