Die Rückkehr der Templerin
begann. Das Eingeständnis, dass Saila durchaus Recht hatte, machte es auch nicht unbedingt besser. »Dann wäre es vielleicht nett, wenn du Salim holst«, fuhr sie fort. »Ich nehme an, wenigstens er wird sich freuen, mich zu sehen.«
Saila gab ihrer Tochter einen entsprechenden Wink, aber das Mädchen zögerte. Offensichtlich wollte es mit Robin sprechen und war nun enttäuscht, fortgeschickt zu werden.
»Hast du die Herrin nicht gehört?«, fuhr Saila sie an. »Geh und sag dem Herrn Bescheid!«
»Das ist nicht mehr notwendig«, sagte eine wohl bekannte Stimme von der Tür her. Robin drehte überrascht den Kopf und hätte beinahe vor Freude laut aufgeschrien, und Bruder Abbé kam näher und fuhr mit einem gutmütig-spöttischen Lächeln in Sailas Richtung fort: »Deine Tochter war laut genug, um im ganzen Haus gehört zu werden. Und ich fürchte, nicht nur da.«
»Abbé!«, entfuhr es Robin. Sie wollte aufspringen, erinnerte sich aber gerade noch rechtzeitig genug daran, was das letzte Mal geschehen war, und beließ es dabei, sich vorsichtig ein wenig höher aufzusetzen. Dennoch machte Abbé eine schon vorauseilend besänftigende Geste und verstrubbelte Nemeth im Vorbeigehen aus derselben Bewegung heraus das Haar, während er weiter auf Robin zukam. »Und ich hatte schon Angst, du würdest mich nicht mehr erkennen, nach all der Zeit, die vergangen ist, und allem, was du erlebt hast, meine Tochter.«
Robin riss erschrocken die Augen auf, doch Abbé kam ihrem Protest zuvor. »Keine Angst«, sagte er rasch. »Du bist hier in Sicherheit. Diese Wände haben zwar Ohren, aber keine Münder, um all die Geheimnisse auszuplaudern, die sie schon gehört haben.« Er lachte leise und sah sich bezeichnend um. »Leider, oder gottlob - das kommt wohl ganz darauf an, wen du fragst, vermute ich.«
»Wo … sind wir hier?«, fragte Robin zögernd. Tief verborgen hinter Abbés Lächeln war ein Ausdruck, der sie irritierte. Der Templer verheimlichte ihr etwas.
»In Sicherheit«, antwortete Abbé, was im Grunde keine Antwort war, fuhr aber auch fast unmittelbar fort: »In diesem Haus bist du nichts als eine verwundete Frau, die von ihrer Sklavin und ein paar Freunden hergebracht wurde, um gesund gepflegt zu werden. Es wurde kein verletzter Tempelritter hergebracht.«
»Und … Bruder Robin?«, fragte Robin. »Ist er … tot?«
»In der Schlacht gefallen, meinst du?« Abbé schüttelte den Kopf. »In der Tat habe ich einen Moment ernsthaft über diese Möglichkeit nachgedacht. Ein eleganter Ausweg, um dieser unerquicklichen Situation zu entkommen. Leider ist uns diese Möglichkeit im Moment verwehrt.«
»Wieso?«, fragte Robin. Ihre eigene Reaktion überraschte sie. Abbé hatte vollkommen Recht: In der Schlacht waren Hunderte von Männern gefallen, wenn nicht Tausende. Einer mehr oder weniger machte keinen Unterschied. Niemand würde sich etwas dabei denken, wenn auch Bruder Robin nicht von den Ufern des Litaniflusses zurückkehrte.
»Weil Bruder Robin von Tronthoff - gepriesen sei der Herr …«, Abbé unterbrach sich, um das Kreuzzeichen zu schlagen, aber das fast jungenhafte Grinsen, das sich dabei auf seinem Gesicht ausbreitete, negierte die fromme Bewegung sofort wieder, »… weil also Bruder Robin einer höchst wichtigen Persönlichkeit das Leben gerettet hat.«
»Balduin«, sagte Robin. Ihre Erinnerungen waren ohne eine Spur von Überraschung wieder da. »Ich weiß.«
»Dem König«, verbesserte sie Abbé. Er klang ein bisschen düpiert.
»Nicht, solange er vor mir im Schlamm lag«, antwortete Robin kopfschüttelnd.
Abbé blinzelte verwirrt, ging dann aber nicht weiter auf das Thema ein, sondern setzte seine unterbrochene Rede fort: »Gott in seiner unermesslichen Weisheit hat es also gefallen, einem gewissen Bruder nicht nur dem König das Leben retten zu lassen, sondern das auch dergestalt zu tun, dass er sein eigenes Leben dabei aufs Spiel gesetzt hat und schwer verwundet wurde.«
»Also ist Bruder Robin jetzt so etwas wie ein Held?«, fragte Robin. Das hatte ihr gerade noch gefehlt!
»Theoretisch ja«, antwortete Abbé. »In der Praxis ist es aber so, dass besagter Bruder ihm nicht nur das Leben gerettet hat, sondern ihm auch noch so ganz nebenbei eine Verschwörung aufgedeckt hat.« Er wiegte den mittlerweile fast vollkommen kahl gewordenen Schädel. »Eine Verschwörung, die sich bis in die höchsten Kreise am Hofe Jerusalems erstreckt, wie ich hinzufügen möchte. König Balduin selbst hat den Befehl
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