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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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tastete staunend über die gut fünf oder sechs Meter hohe Wand. »Er sieht so … gerade aus«, murmelte sie. »Fast wie eine Mauer.«
    »Manche behaupten auch, genau das wäre er«, sagte Nemeth triumphierend. Robin sah sie zweifelnd an, aber Nemeth nickte nur noch heftiger und fuhr fort: »Es gibt nicht wenige, die glauben, König Salomon hätte diesen ganzen Berg bauen lassen.
    Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht, aber es heißt, dass er voller Gänge und Stollen und geheimer Kammern wäre. Und es gibt sogar Türen, die hineinführen. Seht Ihr?« Sie deutete mit einer weit ausholenden Geste auf eine niedrige Tür aus wuchtigen, eisenbeschlagenen Bohlen, die nur wenige Schritte entfernt tatsächlich in die braune Sandsteinmauer hineinführte.
    Vielleicht war ihre Bewegung etwas zu schwungvoll, denn als sie den Arm wieder zurückzog, streifte ihre Hand einen Mann, der gerade vorübergehen wollte. Das Stück Honig flog davon, und der Mann - er war nicht viel größer als Robin, aber mindestens doppelt so breit und dreimal so schwer - blieb mitten im Schritt stehen und blickte mit gerunzelter Stirn auf den klebrigen Honigstreifen hinab, der auf seinem Mantel zurückgeblieben war. Nemeth schlug erschrocken die Hand vor den Mund, bückte sich aber dann hastig, um ihren Honig aufzuheben, und der Dicke versetzte dem Honig einen Fußtritt, der ihn endgültig davonschlittern ließ.
    »He!«, protestierte Nemeth. »Mein …«
    Sie kam nicht weiter. Der dicke Mann versetzte ihr eine Ohrfeige, die sie zwei Schritte rückwärts stolpern und dann auf das Hinterteil plumpsen ließ.
    »Du dummes Kind«, fauchte er. »Kannst du denn nicht aufpassen? Jetzt sieh dir nur an, was du mit meinem Mantel gemacht hast!«
    Nemeth presste die Hand gegen die Wange, wo sie der Schlag getroffen hatte, und starrte den Dicken aus aufgerissenen Augen an, die sich rasch mit Tränen füllten. Dem Mann schien das allerdings nicht zu genügen, denn er trat mit einem wütenden Grunzen auf Nemeth zu und hob den Arm, um sie noch einmal zu schlagen.
    »Das genügt«, sagte Robin.
    Sie hatte nicht einmal sehr laut gesprochen, aber ihre Stimme war von einer so schneidenden Kälte erfüllt, dass der Dicke den
    Arm tatsächlich wieder sinken ließ und sich zu ihr umdrehte. Im allerersten Moment wirkte er einfach nur verwirrt, dann blitzte Wut in seinen Augen auf. »Was hast du gesagt, Weib?«
    Er war nicht der Einzige, der auf Robins Stimme aufmerksam geworden war. Zwei oder drei Männer waren stehen geblieben und blickten stirnrunzelnd in ihre Richtung, und es schien leiser geworden zu sein. Nach und nach erstarben immer mehr Gespräche in ihrer unmittelbaren Umgebung.
    Robin gemahnte sich in Gedanken zur Vorsicht. Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war Aufsehen.
    »Ich sagte, es ist gut«, antwortete sie. »Das Mädchen war ungeschickt, und Ihr habt es dafür gezüchtigt. Ich finde, das reicht.«
    »So, findest du?«, fragte der Dicke lauernd. Er hatte jedes Interesse an Nemeth verloren, und Robin beschlich das ungute Gefühl, dass ihre Worte vielleicht doch nicht ganz so mit Bedacht gewählt gewesen waren, wie sie geglaubt hatte.
    »Was erdreistest du dich, mich zu maßregeln, Weibsstück?«, fuhr der Dicke fort. »Weißt du nicht, mit wem du sprichst?«
    Nein, dachte Robin, so wenig wie du. Laut, aber mit mühsam beherrschter Stimme, antwortete sie: »Ich wollte Euch nicht beleidigen, Herr. Bitte verzeiht. Es ist meine Schuld. Ich wusste, wie wild das Mädchen ist und hätte besser aufpassen müssen.«
    Im ersten Moment war sie fast sicher, dass diese Entschuldigung dem Dicken immer noch nicht reichen würde. Vielleicht war er einfach auf Streit aus. Dann aber machte die Wut in seinen Augen plötzlicher Verachtung Platz. Wahrscheinlich hatte er eingesehen, dass es wenig Ehre einbrachte, auf eine wehrlose Frau loszugehen. »Pass in Zukunft besser auf dein Balg auf, dummes Weib«, sagte er verächtlich.
    Robin atmete nicht nur innerlich auf, als er sich umdrehte, sondern beglückwünschte sich im Stillen auch zu ihrer eigenen Beherrschung. Wäre die Situation auch nur ein bisschen anders gewesen …
    Sie war anders.
    Der Dicke hatte zwar von ihr abgelassen, doch als er an Nemeth vorbeiging, versetzte er ihr einen Tritt, der sie vor Schmerz aufschreien und sich krümmen ließ, und Robin war mit einem einzigen Schritt bei ihm und riss ihn an der Schulter zurück. Der Dicke schüttelte ihren Arm mit einem wütenden Knurren ab, fuhr herum und holte

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