Die Rückkehr der Templerin
durchschneiden.
Vielleicht wäre das ohnehin die einfachste Lösung, dachte sie bitter. Zumindest wäre es weniger schmerzhaft als der Tod auf dem Scheiterhaufen, der ihr vermutlich bevorstand, wenn sie hier unten aufgegriffen wurde.
Der Gedanke erschreckte sie. Seit sie ihre Heimat verlassen hatte, war sie oft in Gefahr gewesen und mehr als einmal in Situationen, die eindeutig aussichtsloser erschienen waren als diese hier - und niemals hatte sie auch nur daran gedacht, ihr Leben wegzuwerfen. Vielleicht war es nichts anderes als einfacher Trotz, der ihr die Kraft gab, sich noch einmal aufzurappeln und geduckt und die Deckung der halbhohen Mauern ausnutzend in Richtung Ausgang zu schleichen.
Danach musste sie sich gedulden.
Es waren vermutlich nur wenige Minuten, doch sie schienen für Robin kein Ende zu nehmen. So erschöpft und abgerissen die Reiter auch waren, verwandten sie doch große Sorgfalt darauf, ihre Pferde abzuschirren und in die sonderbaren Ställe zu führen. Endlich aber gingen die Ritter; und zu Robins Erleichterung nicht in einer geschlossenen Gruppe, sondern einzeln und nacheinander, und anscheinend, ohne sich gegenseitig sonderliche Beachtung zu schenken. Vielleicht hatten sie dasselbe unsinnige Schweigegelübde abgelegt, das auch Dariusz seinen Männern abverlangt hatte, viel wahrscheinlicher jedoch erschien es Robin, dass sie einfach zu erschöpft zum Reden waren.
Sie wartete, bis der letzte Mann an ihrem Versteck vorübergegangen war, dann nahm sie all ihren Mut zusammen, stand auf und schloss sich ihnen an. Auf den ersten Schritten hielt sie vor lauter Anspannung den Atem an, doch nichts von dem, womit sie fest rechnete, geschah. Genau genommen passierte gar nichts. Sie folgte dem letzten Mann in Weiß und Rot in wenigen Schritten Abstand. Er ging nicht sehr schnell, und es fiel Robin auch nicht besonders schwer, seinen schleppenden Gang und seine erschöpfte Haltung mit den hängenden Schultern und dem müde gesenkten Kopf nachzuahmen.
Nachdem sie gerade vorsichtig aufatmen wollte, hörte sie Schritte hinter sich, ebenso schleppend und langsam wie ihre eigenen, aber schwerer. Robins Herz begann wie verrückt zu hämmern, aber sie widerstand der Versuchung, sich umzudrehen, sondern ging einfach weiter. Ganz egal was auch geschah, sie konnte jetzt nicht mehr zurück.
Der hohe Torbogen, durch den sie gingen, führte nicht nach draußen, wie sie gehofft hatte, sondern in einen zweiten und womöglich noch größeren Felsendom, in dem deutlich mehr Pferde untergebracht waren; sicherlich hundert, wenn nicht mehr. Hier sah sie auch die Stallburschen und Pferdeknechte, von denen Rother gesprochen hatte. Niemand nahm auch nur Notiz von ihren Begleitern und ihr, und warum auch? Ritter, die müde zurückkehrten, nachdem sie ihre Pferde in den Stall gebracht hatten, mussten hier ein ganz normaler Anblick sein. Robin begann wieder ein wenig mehr Mut zu fassen.
Obwohl sie das Gefühl hatte, mit jedem Schritt Kraft zu verlieren, konzentrierte sie sich doch die ganze Zeit über auf die Schritte des Mannes hinter ihr. Einoder zweimal hatte sie das Gefühl, dass er näher kam, und beschleunigte unauffällig auch ihre eigenen Schritte. Auch wenn sie selbst nicht wirklich begriff, wieso, durchquerte sie auch diesen zweiten unterirdischen Saal unbehelligt und erreichte schließlich den Ausgang, einen guten fünf Meter hohen und mindestens doppelt so breiten Torbogen, von dem sie beim besten Willen nicht sagen konnte, ob er aus dem Fels herausgemeißelt oder gemauert worden war. Beides erschien ihr gleich unglaublich. Aber sie konnte auch nicht wirklich verstehen, wie es ihren Ordensbrüdern gelungen war, ein solch unglaubliches Wunder all die Jahre vor der Welt verborgen zu halten. Oder gar, warum. Lag es daran, dass dieses Wunder das Werk von Menschen war, die lange gelebt hatten, bevor Gott seinen eigenen Sohn auf die Erde geschickt hatte? Wie auch immer, seit der erste christliche Ritter seinen Fuß ins Innere des Tempelberges gesetzt hatte, rankten sich unzählige Gerüchte um diesen heiligsten aller Orte der Christenheit. Manche behaupteten sogar, der heilige Gral selbst wäre irgendwo in den Tiefen des Tempelberges verborgen.
Robin war - trotz allem - so sehr in Gedanken versunken, dass sie die einzelne Gestalt, die den Templern auf der anderen Seite des breiten Ganges entgegenkam, beinahe zu spät bemerkte. Es war ein Tempelritter wie sie und alle anderen hier, nicht einmal besonders groß,
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