Die Rückkehr der Templerin
sie begonnen hatte, sich mit dem Gedanken abzufinden, dass sie wohl tatsächlich ihren Glauben verloren hatte, musste sie immer öfter an Gott und seinen Sohn denken. Aber wahrscheinlich war sie einfach nur verwirrt und hatte Angst, und sie hatte auch allen Grund dazu.
Sie hatte nicht wirklich die Besinnung verloren, aber der Zustand, in dem man sie hier heraufgebracht hatte, war von einer Ohnmacht nicht mehr allzu weit entfernt gewesen; und auf eine Art vielleicht sogar noch schlimmer, denn sie hatte zwar alles gesehen und gehört, was rings um sie herum und vor allem mit ihr geschah, war aber vollkommen wehrlos gewesen. Männer waren zusammengelaufen, hatten an ihrer Schulter gerüttelt und ihren Namen gerufen, und vage glaubte sie auch, sich an Bruder Abbés Gesicht zu erinnern, aber alles war verschwommen, unscharf und so bedrohlich wie die Bilder aus einem Albtraum, die sich in die Wirklichkeit hinübergeschlichen hatten und sich nun mit ihr zu vermengen begannen. Irgendwann war sie von zwei Männern ergriffen und die drei Treppen hier heraufgezerrt worden. Seither war sie allein.
Robin wusste nicht, wie viel Zeit seither vergangen war, aber es konnte allerhöchstens eine halbe Stunde gewesen sein, wahrscheinlich weniger. Sie fühlte sich mittlerweile wieder deutlich besser; die Schmerzen in ihrem Leib waren vollends verebbt, und auch Fieber und Schwindelgefühl waren fast verschwunden. Selbst ihre Schulter tat nicht mehr weh, auch wenn sie den Arm inzwischen kaum noch bewegen konnte. Voller Angst fragte sie sich, was als Nächstes geschehen würde. Auch wenn ihr Geheimnis bisher anscheinend noch immer nicht aufgedeckt worden war, zweifelte sie doch keine Sekunde daran, dass zumindest Marschall Ridefort sie erkannt hatte, und wenn schon nicht für irgendetwas anderes, so würde sie sich doch zumindest für den bloßen Umstand rechtfertigen müssen, hier zu sein, wo sie doch angeblich schwer verletzt auf Safet im Sterben lag.
Draußen auf dem Gang wurden Stimmen laut. Robin konnte durch das dicke Holz hindurch nicht hören, was gesprochen wurde, aber es hörte sich ganz eindeutig nach einem Streit an. Nach einem Augenblick wurde die Tür geöffnet, und Bruder Abbé kam herein. Sein Gesicht war rot vor Zorn, und er atmete so schwer, als wäre er die drei Treppen hier herauf auf seinen kurzen Beinen gerannt.
Robin setzte dazu an, etwas zu sagen, doch Abbé brachte sie mit einer verstohlenen Geste und einem fast beschwörenden Blick zum Verstummen und wandte sich in rüdem Ton an jemanden draußen auf dem Gang: »Schließt die Tür, habe ich gesagt, und untersteht euch zu lauschen, oder ich lasse euch auspeitschen! Ich gebe euch Bescheid, wenn wir bereit sind.«
Robin konnte noch immer nicht erkennen, wer sich draußen auf dem Gang aufhielt, doch die Tür wurde geschlossen, und sie hörte ein Geräusch, das es ihr vollends unmöglich machte, sich nicht als Gefangene zu fühlen: das Poltern eines schweren Riegels, der vorgelegt wurde.
»Bruder Abbé«, begann sie, »ich bin ja so froh, Euch zu …«
Abbé brachte sie mit einem abermaligen und noch erschrockeneren Gestikulieren zum Verstummen. Anscheinend war er nicht vollkommen überzeugt davon, dass die Männer draußen seinen Befehl auch befolgten. »Gütiger Gott, was hast du nur wieder angestellt, du Unglückskind? Was tust du hier? Willst du uns alle auf den Scheiterhaufen bringen?«
»Es tut mir ja Leid, Bruder«, sagte Robin zerknirscht. »Ich wollte wirklich nicht …«
»Wieso bist du nicht in deinem Zimmer in Salims Haus? Ich werde diesen unfähigen Wächter auspeitschen lassen - falls wir das hier überleben, heißt das.«
Robin riss die Augen auf. »Was meint Ihr damit?«
»Wie oft habe ich den Tag schon bedauert, an dem sich unsere Wege gekreuzt haben«, fuhr Abbé mürrisch fort. »Vielleicht wollte der Herr mich auf diese Weise für das bestrafen, was in jener Nacht geschehen ist, doch allmählich muss ich doch genug Buße getan haben!« Er schüttelte den Kopf, als könne er tatsächlich nicht verstehen, was geschehen war. »Wie stehe ich jetzt da? Noch vor einer halben Stunde habe ich Marschall Ridefort berichtet, ich hätte Nachricht von Bruder Horace aus Safet, dass es nicht gut um Bruder Robin steht, und nur einen Augenblick später fällst du ihm ohnmächtig vor die Füße! Was soll ich ihm nun sagen?«
»Euch wird schon etwas einfallen«, antwortete Robin spröde. So erleichtert sie im ersten Moment gewesen war, Abbé zu sehen, so
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