Die Rückkehr des Bösen
Bündel und brachte etwas zum Vorschein, das wie geröstetes Kaninchen aussah. Aber auf der Steppe gibt es keine Kaninchen. »Selbst wenn sie Prügel bezogen haben, das Abenteuer bei Kleppersheim hat zumindestens die Versorgungslage verbessert.« Ich langte zu.
Aus dem Augenwinkel sah ich Schweiger. Er rührte sich nicht. Du Mistkerl, dachte ich. Hoffentlich läuft dir das Wasser im Munde zusammen. Drei Kaninchenportionen später hielt ich lange genug inne, um zu fragen: »Ist zwar recht interessant, das mit dem Alten, aber hat es irgendeine Bedeutung?« Vater Baum schlug Krach. Ich fragte mich, warum. »Hast du Angst vor ihm?« Sie antwortete nicht. Ich warf ein paar Knochen das Bachufer hinunter und stand auf. »Bin gleich wieder da.« Ich stapfte zu Vater Baum hinüber. »Alter, hast du irgendwelche Samen? Irgendwelche Sprossen? Irgendwas, das wir mit ins Gräberland nehmen und unserem eigenen Schurken aufs Dach pflanzen können?«
Daß ich im Vorbeigehen immer wieder mit dem Baum gesprochen hatte, war ein Spiel gewesen. Mich erfaßte fast religiöse Ehrfurcht vor seinem Alter, aber ich glaubte eigentlich nicht, daß er das war, was die Nomaden oder die Lady von ihm behaupteten. Er war nur ein knorriger alter Baum mit komischen Blättern und einer miesen Laune. Laune?
Als ich ihn berührte, weil ich nach oben sehen wollte, um zwischen den bizarren Blättern nach Nüssen oder Samen zu suchen, biß er mich. Nun ja, nicht mit irgendwelchen Zähnen. Aber es flogen Funken. Meine Fingerspitzen schmerzten. Als ich sie wieder aus dem Mund nahm, sahen sie verbrannt aus. »Verdammt«, brummte ich und trat einige Schritte zurück. »Nimm’s doch nicht persönlich, Baum. Ich hab nur gedacht, daß du uns vielleicht aushelfen willst.«
Mir wurde undeutlich bewußt, daß jetzt ein Menhir in der Nähe von Schweigers Lauerstelle stand. Weitere tauchten um den kahlen Flecken herum auf. Etwas traf mich mit der Gewalt von Windwalballast, der aus dreißig Meter Höhe abgeworfen wird. Ich ging zu Boden. Wellen der Macht, der Geister schlugen auf mich ein. Ich wimmerte auf und versuchte zur Lady zu kriechen. Sie streckte ihre Hand nach mir aus, aber sie blieb jenseits der Grenzlinie…
Aus dieser Gewalt schälte sich etwas beinahe Verständliches heraus. Aber es war wie die
Einsicht in fünfzig Bewußtseine gleichzeitig, die über die Welt verstreut waren. Nein. Über die ganze Steppe. Und mehr als fünfzig. Sie fügten, verwoben sich mehr und mehr ineinander… Ich berührte das Bewußtsein der Menhire. All das erstarb. Der Hammer der Macht drosch nicht mehr auf den Amboß meines Ichs ein. Ich kroch auf den Rand des nackten Bodens zu, obgleich ich wußte, daß die Begrenzung keine wirkliche Sicherheit bedeutete. Ich erreichte die Decke, holte wieder Atem und drehte mich schließlich zum Baum um. Seine Blätter raschelten verbittert. »Was ist passiert?«
»Im Wesentlichen hat er mir gesagt, daß er tut, was er kann, und nicht um unseretwillen, sondern für seine Geschöpfe. Daß ich zur Hölle fahren soll, ihn in Ruhe lassen soll, aufhören soll, ihm auf die Nerven zu fallen, oder ich bekomme Ärger bis zum Abwinken.« Ich hatte einen Blick über ihre Schulter geworfen, um festzustellen, wie Schweiger meine Begegnung aufgenommen hatte.
»Ich habe dich gewarnt…« Sie sah sich ebenfalls um. »Ich glaube, wir stecken möglicherweise in Schwierigkeiten. Vielleicht hat man dich erkannt.«
Fast alle Insassen des Lochs waren herausgekommen. Sie reihten sich quer über den Pfad auf. Die Menhire waren zahlreicher geworden. Wanderbäume stellten sich in einem Kreis um uns herum auf.
Und wir waren unbewaffnet, denn Darling war da. Wir befanden uns wieder im Nullfeld. Sie trug ihr weißes Leinenkleid. Sie schritt an Elmo und dem Leutnant vorbei und kam auf mich zu. Schweiger gesellte sich zu ihr. Hinter ihr kamen Einauge, Goblin,Tracker und Köter Krötenkiller heran. Die vier waren noch vom Staub der Reise bedeckt. Sie waren schon seit Tagen auf der Steppe gewesen. Und man hatte mir nichts gesagt… Es war ein Gefühl, als wenn sich unter dem Galgen plötzlich die Falltür unter einem öffnet. Fünfzehn Sekunden lang stand ich mit offenem Mund da. Dann fragte ich mit leiser quiekender Stimme: »Und was machen wir jetzt?« Daß sie meine Hand ergriff, ließ mich zusammenzucken. »Ich habe alles gesetzt und verloren. Ich weiß es nicht. Es sind deine Leute. Versuch sie zu täuschen. Oh!« Ihre Augen verengten sich. Ihr Blick wurde starr und
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