Die Rückkehr des Bösen
uns nicht sicher sein. Wenn nicht bald neue Informationen aus Lords oder Oar eintreffen, können wir diesen Ermittlungsweg vergessen. Es ist an der Zeit, über Alternativen nachzudenken.«
Ich kritzelte eine Notiz und bat Wisper, sie an die Lady weiterzureichen.
Die Lady las sie aufmerksam und sah mich dann aus schmalen, nachdenklichen Augen an. »Erin VaterLos«, las sie laut. »Ein landloser Priester des Gottes Vancer aus einer Stadt namens Schleudern im Königreich Vye. Das kommt von unserem Amateurhistoriker. Was du gefunden hast, ist weniger interessant als die Tatsache, daß du es gefunden hast, Croaker. Diese Neuigkeit ist fünfhundert Jahre alt. Und war schon damals wertlos. Wer auch immer Erin VaterLos gewesen war, bevor er Vye verließ, er hat jedenfalls sämtliche Spuren gründlich ausgelöscht. Als er schließlich interessant genug wurde, daß man sich für seine Vorgeschichte interessierte, hatte er nicht nur Schleudern vernichtet, sondern auch sämtliche Personen, die zu seinen Lebzeiten dort gewohnt hatten. In den Jahren danach ging er sogar noch weiter und verwüstete ganz Vye. Deshalb war die Vorstellung, daß diese Papiere seinen wahren Namen enthalten sollten, auch so überraschend.«
Ich fühlte mich etwa halb so groß wie vorher und kam mir ziemlich dämlich vor. Ich hätte wissen müssen, daß sie schon zuvor versucht hatten, dem Dominator die Maske abzureißen. Ich hatte einen kleinen Vorteil für nichts und wieder nichts aufgegeben. Soviel zum Thema Zusammenarbeit.
Einer der neuen Unterworfenen - ich kann sie nicht auseinanderhalten, denn sie kleiden sich alle gleich - traf kurz darauf ein. Er oder sie überreichte der Lady eine kleine Kiste. Als sie sie öffnete, lächelte die Lady. »Es gibt keine Dokumente, die die Zeit überdauert hätten. Aber es gab das hier.« Sie schüttete ein paar sonderbare Armbänder auf den Tisch. »Morgen holen wir uns Bomanz.«
Alle anderen wußten Bescheid. Also mußte ich fragen. »Was ist das?«
»Die Amulette, die zur Zeit der Weißen Rose für die Ewige Garde angefertigt wurden. Damit sie ungefährdet das Gräberland betreten konnten.« Der folgende Aufruhr ging über mein Verständnis. »Seine Frau muß sie mitgenommen haben. Wie sie sie allerdings in die Finger bekommen hat, bleibt ein Rätsel. Schluß jetzt. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.« Sie scheuchte uns hinaus wie eine Bäuerin ihre Hühnerschar. Ich ging wieder in mein Zimmer. Hinter mir schwebte der Hinker herein. Er sagte kaum ein Wort, sondern vergrub sich wieder in den Dokumenten. Verdutzt spähte ich ihm über die Schulter. Er hatte Listen aller von uns ausgegrabenen Namen vor sich, die in ihren ursprünglichen Alphabeten aufgelistet waren. Er schien sowohl mit Ersatzchiffrierungen als auch mit
numerologischen Deutungen herumzubasteln. Einigermaßen verwirrt, zog ich mich in mein Bett zurück, drehte ihm den Rücken zu und tat, als schliefe ich. Ich wußte, solange er hier war, würde
ich keinen Schlaf finden.
DREIUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
Die Bergung
In der Nacht setzte der Schneefall wieder ein. Echter Schnee, fünfzehn Zentimeter pro Stunde, ohne Pause. Der Lärm der Gardisten, die ihn von den Eingängen und den Teppichen wegzufegen versuchten, weckte mich auf. Trotz des Hinkers war ich eingeschlafen. Ein Augenblick des Entsetzens. Ich fuhr hoch. Er saß immer noch bei seiner Arbeit. Trotz des Wetters herrschte Geschäftigkeit. Während ich schlief, waren Unterworfene eingetroffen. Die Gardisten gruben und fegten nicht nur, sondern bereiteten sich auch auf etwas anderes vor.
Einauge nahm mit mir ein karges Frühstück ein. Ich sagte: »Also macht sie weiter. Trotz des Wetters.«
»Besser wird’s nicht mehr, Croaker. Der Bursche dort draußen weiß, was sich hier tut.« Er machte ein finsteres Gesicht.
»Was ist los?«
»Ich kann doch zählen, Croaker. Was erwartest du denn von jemandem, der noch eine Woche zu leben hat?«
Mein Magen verkrampfte sich. Ja. Bisher hatte ich solche Gedanken vermeiden können, aber… »Wir haben schon öfter in der Klemme gesessen. Die Zährenstiege. Juniper. Beryll. Wir haben es immer wieder geschafft.«
»Das sage ich mir ja auch dauernd.«
»Was macht Darling?«
»Macht sich Sorgen. Was glaubst du denn? Sie ist nichts als ein Käfer zwischen Hammer und Amboß.«
»Die Lady hat sie schon vergessen.«
Er schnaubte verächtlich. »Laß dir von deinen besonderen Freiheiten doch nicht das Hirn vernebeln, Croaker.«
»Ein guter Rat«, räumte ich
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