Die Rückkehr des Bösen
umherstreifenden Erinnerungen an den Krieg hinauf. Ich sagte: »Ich bin ein Soldat, der alt wird, und müde und verwirrt ist. Ich habe schon gekämpft, bevor du geboren wurdest. Und ich habe noch nicht gesehen, daß dabei irgendetwas gewonnen worden wäre.« Er setzte ein dünnes, fast verstohlenes Lächeln auf. Es beunruhigte mich. Mich beunruhigte alles, was er tat. Selbst sein verdammter Hund beunruhigte mich, und der tat nun wirklich nichts anderes als schlafen. Wie hatte er bei dieser Faulheit die Strecke von Oar bis hierher geschafft? Das wäre doch viel zu anstrengend gewesen. Ich könnte schwören, daß dieser Hund es noch nicht einmal beim Gang zum Freßnapf eilig hat. »Sei standhaft, Croaker«, sagte Tracker. »Sie wird unterliegen.« Seine Worte erklangen mit absoluter Überzeugung. »Sie hat nicht die nötige Stärke, um die Welt zu zähmen.« Da war es wieder, dieses Furchteinflößende. Ganz gleich, ob die Behauptung stimmte oder nicht, die Art und Weise, wie er sie aussprach, war erschreckend. »Wir werden sie alle in die Knie zwingen.« Er zeigte auf die Unterworfenen. »Sie sind nicht vom gleichen Schlag wie die alten ihrer Art.« Köter Krötenkiller nieste Tracker auf den Stiefel. Er sah nach unten. Ich dachte, daß er die Töle treten würde. Aber stattdessen bückte er sich und kraulte den Hund hinterm Ohr. »Köter Krötenkiller. Was für ein Name soll das eigentlich sein?« »Ach, das ist so eine Art Scherz aus alten Zeiten. Als wir beide noch viel jünger waren. Er hat ihm gefallen. Und jetzt besteht er darauf.« Tracker schien nur halb anwesend zu sein. Sein Blick war leer und starrte in die Weite, obwohl er die Unterworfenen im Auge behielt. Unheimlich.
Wenigstens gab er zu, einst jung gewesen zu sein. Darin fand sich ein Hinweis auf
menschliche Verwundbarkeit. Bei Typen wie Tracker und Raven ist es die scheinbare Unverwundbarkeit, die mich schlucken läßt.
DREIZEHNTES KAPITEL
Die Schreckenssteppe
»Hey! Croaker!« Der Leutnant war aufgetaucht. »Was gibt’s?«
»Laß dich von Tracker ablösen.« Meine Wache hätte nur noch Minuten gedauert. »Darling will dich sehen.«
Ich warf Tracker einen kurzen Blick zu. Er zuckte die Achseln. »Geh ruhig.« Er richtete seine Aufmerksamkeit gen Westen. Ich schwöre, es war so, als ob er die Wachsamkeit in sich freisetzte. Als ob er in diesem Augenblick zum perfekten Wächter wurde. Sogar Köter Krötenkiller machte ein Auge auf und hielt Ausschau. Ich fuhr dem Hund mit den Fingern über die Kopfschwarte, was ich für eine freundschaftliche Geste hielt. Er knurrte. »Dann eben nicht«, sagte ich und folgte dem Leutnant.
Er machte einen verstörten Eindruck. Im allgemeinen bewahrt er die Ruhe. »Worum geht’s denn?«
»Sie hat eine ihrer Wahnsinnsideen.«
»O Mann. Was für eine?«
»Rust.«
»Ach ja! Großartig! Damit wir alles möglichst rasch erledigen! Ich dachte das wäre nur Gerede. Ich nehme mal an, du hast ihr davon abgeraten?« Man sollte meinen, daß ein Mensch sich an Gestank gewöhnt, wenn er jahrelang darin gelebt hat. Aber als wir in das Loch hinunterstiegen, schlug meine Nase Falten und zog sich zusammen. Man kann einen Haufen Leute einfach nicht in einem unbelüfteten Loch zusammenpferchen. Frische Luft gibt es da nur wenig. »Das habe ich versucht. Sie hat gesagt: Beladet ihr den Wagen. Überlaß mir die Sorgen um das blinde Maultier.«
»Die meiste Zeit hat sie ja recht.«
»Militärisch gesehen ist sie ein verflixtes Genie. Aber das heißt doch nicht, daß sie jeden hirnverbrannten Plan durchziehen kann, der ihr gerade in den Sinn kommt. Einige Träume sind Albträume. Verdammt, Croaker. Der Hinker ist dort draußen.« Und mit diesem Argument legten wir auch los, als wir den Besprechungsraum erreichten. Schweiger und ich übernahmen die Vorreiterrolle, weil wir Darlings Lieblinge sind. Unter meinen Brüdern habe ich selten solche Eintracht gesehen. Sogar Goblin und Einauge waren sich einig, und die beiden werden sich bis aufs Blut darüber zanken, ob es Tag oder Nacht ist,
wenn die Sonne gerade ihren Zenit erreicht hat.
Darling lief wie ein gefangenes Tier auf und ab. Sie hegte Zweifel. Sie nagten an ihr. »In Rust sind zwei Unterworfene«, gab ich zu bedenken. »Das sagte jedenfalls Corder. Und einer davon ist unser ältester und gemeinster Feind.« »Wenn wir ihre Macht brechen, wird das ihren gesamten Feldzugsplan zerschlagen«, erwiderte sie.
»Ihre Macht brechen? Mädchen, wir reden hier vom Hinker. Ich hab schon einmal
Weitere Kostenlose Bücher