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Die Rückkehr Des Bösen

Die Rückkehr Des Bösen

Titel: Die Rückkehr Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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kostenlose Lebenshilfe als selbstverständliche Zusatzleistung zu. Die Mädchen schienen sich gar kein Bild davon zu machen, welchen emotionalen Aderlass es bedeutete, wenn man sich in das chaotische Privatleben anderer Leute hineinziehen ließ.
    So hatte Gwen sich beispielsweise von einer von Denas Vorgängerinnen breitschlagen lassen, als Vermittlerin zwischen ihr und ihrem Ehemann zu fungieren, und zwar inmitten der Schlammschlacht um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind.
    Plötzlich sollte sie die geistige und emotionale Reife des Kindes beurteilen, damit es bei der anschließenden Verhandlung aussagen konnte. Eine andere Angestellte hatte so lange gebettelt, bis Gwen für deren Bruder ein Gnadengesuch beim Bewährungsausschuss des Bundesstaates stellte. Eine Dritte hatte Gwen angefleht, sie möge doch ihre greise Mutter dazu bringen, ihr Haus und ihre Unabhängigkeit für die Vorteile aufzugeben, die ein Pflegeheim bot. Genau dieser Fall war es dann auch gewesen, der Gwenn schließlich zu ihrem Entschluss veranlasst hatte, nachdem sie nämlich erfahren hatte, dass ihre Assistentin und deren Lebensgefährte anschließend in das Haus der Mutter gezogen waren. Dabei hätte es vereinbarungsgemäß eigentlich verkauft werden sollen, um die Kosten für die Unterbringung und Pflege der Mutter zu decken. Sich ausnutzen zu lassen war eins, aber für dumm verkauft zu werden, das ging ihr denn doch zu weit.
    Zuweilen fragte sich Gwen, ob man wohl eher Gefahr lief, in das Privatleben seiner Mitmenschen hineingezogen zu werden, wenn man keine eigene Familie hatte. Ganz bewusst hatte sie sich damals dafür entschieden, nicht nach New York zurückzukehren und dort eine Praxis zu eröffnen. Sie wäre sonst dazu verdammt gewesen, in die Fußstapfen ihres Vaters treten zu müssen und in seinem Schatten zu leben. Sie wäre immer John Pattersons Tochter geblieben. Selbst heute noch wurde sie bei Weihnachtsfeiern oder ähnlichen Anlässen als „Johns kleines Mädchen“ vorgestellt. Verdammt, mit siebenundvierzig war man doch weiß Gott kein Kind mehr!
    Sie besuchte ihre Eltern etwa ein halbes Dutzend Mal im Jahr, und nur äußerst selten ließ sie eins der Familienfeste aus. Erst vergangenes Jahr, als R. J. Tully sie gefragt hatte, ob sie den Heiligen Abend mit ihm und seiner Tochter verbringen wolle, war ihr aufgegangen, dass sie Weihnachten noch nie nach ihren eigenen Vorstellungen gefeiert hatte.
    Tully fehlte ihr, und dass sie sich das eingestehenmusste, passte ihr ganz und gar nicht. Über ein Jahrzehnt hatte sie gemeistert, ohne jemanden zu vermissen. Sie überlegte, ob sie ihn anrufen solle. Einfach nur, um „Hallo“ zu sagen. Bevor er und Emma in den Urlaub gefahren waren, hatte er Gwen seine Handynummer gegeben sowie die Telefonnummer ihres Hotels und auch noch die des Anschlusses eines Bekannten, dem sie einen Besuch abstatten wollten. Er hatte zwar gemeint, sie müsse ihn natürlich nicht anrufen, aber Gwen hatte ihm aus dem Gesicht ablesen können, dass er sich einen Anruf von ihr durchaus erhoffte. Und gerade deshalb rief sie natürlich nicht an. Was völlig albern war, weil das eigentlich die Spielchen von Teenagern waren, die sich nicht anmerken lassen wollten, wie viel sie möglicherweise für einander empfanden. Dabei waren sie zwei reife und äußerst eigenständige Persönlichkeiten, die sich ihr Leben allerdings so bequem und beschaulich eingerichtet hatten, dass sie nun davor zurückschreckten, etwas von dieser vermeintlichen Freiheit preiszugeben. Vielleicht spielte aber auch eine Rolle, dass sie um j eden Preis vermeiden wollte, am Ende wieder mit gebrochenem Herzen dazustehen. Sie war an einem Punkt ihres Lebens angelangt, an dem sie mit ihrem Alleinsein glücklich und zufrieden war. Und doch, das musste sie einfach zugeben, wenn sie sich gegenüber ehrlich bleiben wollte, war es ganz einfach so, dass R. J. Tully es ihr ziemlich angetan hatte. Und ... er fehlte ihr!
    Sie hörte, wie die Tür zu ihrer Praxis geöffnet wurde. Harvey erhob sich und sah sie an, als warte er auf eine Anweisung. Zwar hatte sie heute keine Sitzungen, doch hatte Dena offensichtlich einige Lieferungen bestellt. Sie hatte bereits eine Kiste ihres geliebten Feinschmeckerkaffees in Empfang genommen, drei Pakete mit Büromaterial und die Krankenakte eines neuen Klienten, den ihr ein Dr. Kalb per Boten geschickt hatte.
    „Päckchen für Dr. Patterson?“ Ohne aufzublicken, tippte der Zusteller den Code in den elektronischen

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