Die Rueckkehr des Daemons
Geburtshaus in Oslo blitzten auf.
Der ausgemergelte Schwarze in der Zimmerecke war viel zu zugedröhnt, um den Krach des splitternden Holzes bemerkt zu haben. Zittrig führte er seinen verrußten Löffel über die Flamme eines Kerzenstummels. Mit der freien Hand wischte er sich den Schweiß von der Stirn, den Blick starr auf seine Medizin gerichtet. Das erhitzte Heroin warf Blasen.
»Chuck!«, winselte das Mädchen verzweifelt, in Embryostellung gekrümmt.
Der Junkie lachte. »Nicht so gierig, Baby!«, nuschelte er zurück. Dann sah er den rothaarigen Narbenmann mit der Glasflasche und dem blutigen Finger.
» Jo-Seth, ba’ek em ach, sechan’ek em heti «, schnurrte Birger Jacobsen.
Der Löffel fiel zu Boden, das letzte bisschen Leben in den gelben Augen des Mannes erstarb. Gelähmt sackte er vornüber in den Dreck.
Birger Jacobsen verschloss notdürftig die kaputte Tür. Dann stieg er über die beiden Drogenwracks zum Fenster und brach die Latten heraus. Ohne frische Luft würde er es in dieser Hölle keine fünf Minuten aushalten können. Und wahrscheinlich musste er lange warten. Er zog einen Sessel an die Wand, suchte eine bequeme Stellung und schloss die Augen.
66. Kapitel
NYC , Liberty Island, 11. Oktober 2007,
10 Uhr 30
Sid musste sich eingestehen, dass die Sache schwieriger war, als er sie sich vorgestellt hatte. Trotz des frostig kalten, regnerischen Wetters hatten sich Tausende von Touristen auf den Weg zur Insel gemacht. Schon vor der Fährüberfahrt hatten sie strenge Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen müssen, ebenso vor dem Eingang zum Liberty-Museum. Nun drängten sich all diese Menschen in einer dichten Schlange durch die schmucklosen Säle. Es ging nur schrittweise vorwärts, diszipliniert behielt jeder seinen Platz bei. Die kleine Gruppe von etwa zehn Rentnern aus Oklahoma vor ihnen hatte einen allwissenden Redner in ihrer Mitte, jenen Typ Mensch, der sich sein ganzes Leben lang auf den Augenblick vorbereitet zu haben schien, wo er andere mit seiner Bildung beeindrucken konnte. Mit geröteten Wangen spulte er seine Informationen herunter. Notgedrungen hörten ihm Sid und Rascal zu, während sich die Masse träge weiterwälzte.
»1986, hundert Jahre nach ihrer Errichtung, mussten umfangreiche Renovierungsmaßnahmen an der Statue vorgenommen werden!«
Die Frau neben ihm biss gelangweilt in ein Thunfisch-Sandwich.
»Der Eisenrahmen im rechten Arm und in der Schulter war durch Witterungseinflüsse und Ablagerungen stark beschädigt. SOLEIF , die Statue of Liberty-Ellis Island Foundation, ließ ihn durch kohlenstoffarmen, rostfreien Stahl komplett ersetzen. Die galvanisch bedingte Korrosion zwischen der kupfernen Hülle und dem Eisenskelett wird seitdem durch ein silikonunterstütztes Teflonklebeband verhindert.«
Sid reckte seinen Hals, noch war ihr Ziel nicht einmal in Sichtweite. Ungeduldig versuchte er sich an den Rentnern vorbeizudrängeln, doch der Oberlehrer blitzte ihn durch seine Brille böse an. Frustriert vergrub Sid seine Hände in den Taschen. »Wenn es in dem Tempo weitergeht, stehen wir nächsten Monat noch hier!«
Rascal zog ihn an sich. »Dann haben wir wenigstens genug Zeit zum Nachdenken. Oder hast du schon eine Idee, wie wir an die Fackel rankommen sollen?«
Sid schwieg. Tatsächlich hatte er sich darüber noch gar keine Gedanken gemacht. In seiner Fantasie war er einfach auf das Ding geklettert und hatte die Buchseiten gefunden. Jetzt dämmerte ihm, dass sicher nicht jeder Besucher einfach auf dem Ausstellungsstück herumklettern durfte.
Schweigend schlurften sie weiter über den grauen Granitboden, gedrückt und geschoben vom Strom der neugierigen Besucher. Endlich erreichten sie die lange Treppe zur Haupthalle. Der Redner konnte die Fackel offenbar schon sehen.
»Das Original der Fackel hat während der hundert Jahre, in denen sie das Symbol der Hoffnung für Millionen von Einwanderern geworden ist, eine ganze Reihe von Änderungen erfahren. 1986 wurde sie durch eine mit Gold beschichtete Reproduktion ersetzt.«
Sid schluckte. Die Fackel, das Symbol der Hoffnung, auch für ihn. Oben an der Treppe angekommen, wusste er sofort, dass es unmöglich sein würde, sie zu untersuchen. Die Kupferfackel, die durch Oxidation wie mit türkis-grünlich schimmerndem Schimmel überzogen wirkte, war in der Mitte des Saals auf einem starken Eisengestell aufgebockt. Ein poliertes, ringförmiges Geländer um den Sockel herum verhinderte, dass die staunenden Betrachter
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