Die Rueckkehr des Daemons
Bemerkung ein. »Okay. Mit viel Fantasie ist es eine Pyramide, oder? Vier Seiten und eine Spitze. Und da der Kult angeblich in Ägypten seinen Anfang nahm…« Rascal klatschte in die Hände. »Die Pyramiden von Giza, natürlich! Und wer hat sie erbaut? Die Könige Cheops, sein Sohn Chephren und sein Enkel Mykerinos. Da haben wir unseren Großvater! Es gibt keinen Zweifel: Die Pyramide von Cheops muss ein Rätsel bergen!«
Sid rollte mit den Augen. Die Musik war zu Ende, der Saphir der Nadel kratzte in der Endlosschleife der Rille über das Vinyl. Er würde nie herausfinden, was sie mit ihm vorhatten. Er drehte sich im Kreis.
»Warum guckst du denn so belämmert? Freu dich doch! Du fliegst nach Kairo!«
Sid fühlte sich wie vom Blitz getroffen.
»Spinnst du? Ich soll nach Afrika, nur weil ein Fremder etwas von einem komischen Opa schreibt? Mein ganzes Leben habe ich in dieser Stadt zugebracht, und jetzt verlasse ich auf einen bloßen Verdacht hin sogar das Land. Ganz alleine?«
Rascal schien ihm gar nicht richtig zuzuhören. Sie hatte damit begonnen, ihre Kleider in einen Armee-Seesack zu stopfen. Auch das Notebook verschwand darin.
»Nicht alleine. Ich komme natürlich mit, schließlich will ich Entwicklungshelferin werden, schon vergessen? Da macht es sich sicher gut, wenn ich schon einmal in Afrika war. Und du schlägst zwei Fliegen mit einer Klappe: erstens mehr über den Kult zu erfahren und zweitens deine Verfolger abzuschütteln. – Meinst du, die passt dir?«
Geistesabwesend starrte Sid auf eine in Kniehöhe abgeschnittene Jeans. »Wir kommen doch gar nicht hier raus«, murmelte er in sich hinein. »Mein Reisepass liegt bei meinen Eltern im Tresor.«
»Dann machen wir eben noch einen kleinen Umweg zu dir nach Hause. Ich hab dir doch von dem Typ erzählt, der mir den Schlüssel zum Washington Arch zurechtgefeilt hat. Der kriegt alles auf. Aber vor heute Nacht ist der nicht zu erreichen.« Sie war mit Packen fertig. Den vollen Sack lehnte sie neben die Tür. »Vielleicht sollten wir uns noch den Bauch mit Soul-Food vollschlagen. Wer weiß, wie das Essen in Kairo ist?«
Sid brachte vor Beklemmung nur ein Nicken zustande. In Gedanken sah er sich schon auf einem Kamel durch die Wüste reiten, von Hunger und Durst gequält. Unten auf der Straße wollte er gerade von seinen Befürchtungen erzählen, als ihn Rascal in den Hauseingang zurückriss.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lehnte Monsieur Faux an einem Hydranten und steckte sich eine Zigarette in das bernsteinerne Mundstück. Mit einem mysteriösen Lächeln zupfte er sich etwas von seinem schwarzen Cape. Sid erkannte es erst an der geschmeidigen Bewegung, mit der es zu Boden segelte. Es war eine braun-weiß gefleckte Feder.
69. Kapitel
Ich erinnere mich mit Schmerzen.
Das fremde Volk verhöhnte mich. Sie schickten mir eine Feder des Falken und so wurde auch meine eigene Sippe schwach. Manch einer sprach leise von Horus. Und Menschenalter um Menschenalter wurde es wärmer, denn Horus hatte die Sonne zurückgebracht, so flüsterten sie. Das Eis schmolz und die Pflanzen starben vielerorts. Die Erde verdorrte und wurde zu Sand und die Menschen hatten nichts zu essen, denn das Land war öde. Da beteten sie zu Horus und er rief Thot zu Hilfe, den klugen Ibis. Thot flog an das Land vor dem Meer und schuf die Arme des jotr’o und er befahl dem Fluss, dass er dreimal im Jahr anzuschwellen und fruchtbaren Schlamm zu bringen habe. So geschah es und alles wuchs und gedieh und sie wurden satt. Sie dachten, Horus habe all das für sie getan und sie fürchteten ihn als mächtigen Gott.
Die fremden Männer, die auf den großen Bäumen über das Weltenmeer gekommen waren, waren nicht mehr fremd. Sie heirateten meine Schwestern und ihre Töchter meine Söhne, bis die Farben der Haut sich vermischt hatten und gleich waren. Sie verachteten Seth und verspotteten ihn und machten ihn klein.
Horusverehrer nannten sie sich und der Mann, der ihnen sagte, was sie tun sollten, hieß Setepenhorus.
Andere sagten, Seth hat dies für uns getan, denn wir haben ihm ein Ebenbild gebaut. Wieder andere verehrten Thot und Bastet, die Katze, und Sobek, das Krokodil. Und alle waren sich uneinig und stritten.
Noch fünf mal fünf mal fünf Jahre sah ich dem Streiten zu und sammelte Kraft, dann ging ich zu Setepenhorus und forderte ihn zum Kampf und viele starben.
70. Kapitel
NYC , North-Bronx, 11. Oktober 2007, 22 Uhr
Drei Mal mussten sie umsteigen, eine halbe Ewigkeit
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